
Neben der intellektuellen Denkfähigkeit und Fachkompetenz benötigt man im Klinikalltag ein hohes Maß an emotionaler Intelligenz. Der emotionalen Intelligenz, das heißt der bewusste Umgang mit Emotionen, wird eine große Bedeutung zugeschrieben. Diese sei unerlässlich in der Begegnung mit Patienten/-innen. Mehr dazu im folgenden Beitrag.
Zeitdruck und Stress im Krankenhaus als Empathie-Killer
In Studien konnte der heilungsbeschleunigende Effekt der Empathie belegt werden, doch viele Krankenhäuser sind immer stärker dem ökonomischen Druck ausgesetzt: Das Personal wird eingespart und der Zeitdruck und der Stress nehmen zu mit der Folge, dass die Zeit für ein offenes Ohr im Hinblick auf das Leiden der Patienten/-innen fehlt. Aber: Einfühlsame Gespräche benötigen Zeit.
„Die Bedeutung der Empathie und das Bewusstsein dafür nehmen stetig zu. Beispielsweise haben sich die monatlichen Suchanfragen nach ‘Empathie’ bei Google in den letzten zwei Jahren von 30.000 auf über 60.000 mehr als verdoppelt“, sagt der Empathietrainer Carlo Düllings.
Auch Professor Andreas Götte, Chefarzt der Kardiologie am St. Vincenz Krankenhaus Paderborn, kann diese Einschätzung aus eigener Erfahrung mit folgenden Worten bejahen: „Das medizinische System war vor 20, 30 Jahren deutlich autoritärer. Was der Professor sagte, wurde getan und nicht hinterfragt. Heute wird viel mehr diskutiert, und um hierbei eine richtige Kommunikationsebene zu schaffen, braucht man Empathie.“
Insbesondere im Patientenverhältnis ist Empathie zum Aufbau einer Vertrauensbasis entscheidend. Ausführliche Gespräche dienen dazu, auf die Ängste und Nöte der Patienten/-innen einzugehen. Der Begriff emotionale Intelligenz ist von den Psychologen John Meier und Peter Salovey im Jahr 1980 eingeführt und durch Daniel Golemann bekannt gemacht worden. Emotionale Intelligenz ist mit dem Begriff der sozialen Kompetenz gleichzusetzen. Als Arzt/Ärztin benötigt man diese emotionale Intelligenz im Umgang mit den Patienten/-innen.
Emotionen zulassen und Emotionen in Gesprächen zeigen
Folgende fünf Grundelemente sind für eine erfolgreiche Einflussnahme im Umgang mit Patienten/-innen und im Klinikalltag zu berücksichtigen:
- Aktives Zuhören
- Verständnis signalisieren: Als Ausdruck der Akzeptanz der Gefühle des Gegenübers
- emotionale Berührungen geben: Nehmen Sie positive Eigenschaften des Gegenübers wahr und gehen Sie darauf ein
- Emotionale Berührung annehmen: Komplimente offen entgegennehmen
- Feedback erhalten als Gefühl von Verständnis und Akzeptanz
„Man kann einen Teil von Empathie trainieren, aber ein Teil davon sollte aus dem/-r Arzt/Ärztin selbst kommen. Er/Sie muss versuchen, es im Alltäglichen vorzuleben und offen dafür sein, einen entsprechenden Umgang zu pflegen“, sagt die Worte Professor Andreas Götte, Chefarzt der Kardiologie am St. Vincenz Krankenhaus Paderborn.
Bemängelt wird, dass Empathie im Humanmedizinstudium nicht als gesondertes Fach unterrichtet wird. Wünschenswert wäre, dass empathische Kommunikation gelehrt werden würde.
Folgend Tipps, wie Empathie in Gespräche mit Patienten/-innen gezeigt werden kann:
- offene Körperhaltung zeigen
- Blickkontakt halten
- eine störungsfreie Atmosphäre ohne Zeitdruck schaffen
- sofern möglich, den/die Gesprächspartner/-in nicht unterbrechen
- Fragen Sie nach, kontrollieren Sie den Dialog
- mit offenen Fragen arbeiten
- Anteilnahme ausdrücken, ohne dabei belehrend zu wirken
- Wiederholen Sie das, was der Gegenüber gesagt hat
Je anspruchsvoller sich eine Situation im Klinikalltag zeigt, desto mehr Empathie und Unterstützung wird im medizinischen Fachbereich gefordert.