Eine Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), durchgeführt im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), zeigt die immensen Belastungen durch Bürokratie in deutschen Krankenhäusern und Psychiatrien. Ärzte und Pflegekräfte verbringen durchschnittlich drei Stunden täglich mit Dokumentationsarbeiten, die häufig wenig zur direkten Patientenversorgung beitragen. Dies entspricht einem Drittel der Arbeitszeit und hat erheblichen Einfluss auf die Versorgung. Laut der DKG könnten durch eine Reduktion von nur einer Stunde pro Tag rechnerisch rund 21.600 ärztliche und 47.000 pflegerische Fachkräfte für die Patientenversorgung freigestellt werden.
Frust und Motivationstief durch Dokumentationspflichten
Die Bürokratie beeinträchtigt die Motivation der Beschäftigten: In der Umfrage kritisieren fast 100 Prozent der befragten Mitarbeitenden in Allgemeinkrankenhäusern den Dokumentationsaufwand. Andrea Bergsträßer von der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz erklärt, dass viele Pflegekräfte aufgrund der „unnötigen Bürokratie“ sogar über einen Berufsausstieg nachdenken. Auch Denny Götze, Bereichsleiter für Anästhesie und Intensivmedizin am Waldkrankenhaus Berlin-Spandau, beklagt den hohen Frust durch aufwendige Kontrollen und Nachweise, die die Beschäftigten zunehmend demotivieren.
DKG-Vorstand Dr. Gerald Gaß nennt diese Zahlen „erschütternd“ und fordert eine Entbürokratisierung des Gesundheitssystems, um die Fachkräftesituation zu entlasten. „Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels dürfen wir uns diese Verschwendung hochqualifizierter Arbeitszeit nicht leisten“, betont er. Der hohe bürokratische Aufwand senkt die Attraktivität der Gesundheitsberufe und schreckt potenzielle Fachkräfte ab, die in anderen Bereichen weniger Dokumentationspflichten erfüllen müssen.
Dr. Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin, fordert ebenfalls eine Reduzierung der bürokratischen Hürden, um den Fokus auf die Patientenversorgung zu legen. „Unsere Arbeit dient den Patientinnen und Patienten, nicht der Verwaltung“, stellt er klar. Doch die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach eingeführte minutengenaue Zuordnung ärztlicher Leistungen vergrößere die bürokratische Last weiter.
55 Vorschläge zur Entlastung des Klinikpersonals
Die DKG hat daher 55 konkrete Vorschläge zur Reduktion der Bürokratie erarbeitet. Neben einer grundlegenden Reduktion von Nachweispflichten fordern die Verantwortlichen eine realistische Bürokratiefolgenabschätzung und die Trennung von Normgebung und Umsetzung. Auch die Digitalisierung soll entlastend wirken, um Dokumentationsaufgaben effizienter zu gestalten. Dr. Gaß sieht diese Maßnahmen als dringend notwendig, da die „immer komplexeren Dokumentationspflichten“ die Personalprobleme im Gesundheitswesen noch verschärfen könnten.
Experten sind sich einig, dass eine Vereinfachung der administrativen Prozesse eine wesentliche Rolle bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels spielen muss. Weniger Bürokratie könnte nicht nur die Arbeitsbedingungen verbessern, sondern auch die Verweildauer der Beschäftigten im Gesundheitssektor nachhaltig verlängern und neue Bewerber anziehen.