Zu viel Bürokratie und der fortschreitende Fachkräftemangel: Das sind für Medizinerinnen und Mediziner die größten Herausforderungen für das deutsche Gesundheitssystem. Zu diesem Ergebnis kommt die apoBank bei einer Analyse ihrer im Jahr 2022 veröffentlichten Studie „Inside Heilberufe“. Fast die Hälfte der Fachärztinnen und Fachärzte sieht zudem die Finanzierung des Gesundheitswesens kritisch.
Bürokratie & Co.: Was zählen Mediziner/innen zu den größten Herausforderungen im Gesundheitswesen?
Vom 24. bis zum 27. Mai 2022 fand der 126. Deutsche Ärztetag in Bremen statt. Einer der Tagesordnungspunkte befasste sich mit der Frage, wie der ärztliche Versorgungsbedarf in einer Gesellschaft des langen Lebens sichergestellt werden kann. Dieses Thema nahm die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) zum Anlass, ihre Studie „Inside Heilberufe“ noch einmal hinsichtlich der Sicht von Mediziner/innen aufs Gesundheitssystem zu analysieren. Welche großen Herausforderungen sehen Ärzte/-innen auf das deutsche Gesundheitswesen zukommen? Wie zufrieden sind sie mit ihrem Beruf? Wie hat sich ihre Sicht auf die ärztliche Tätigkeit nach zwei Jahren Corona-Pandemie verändert?
Für die Studie hat das Institut DocCheck Insights im Auftrag der apoBank rund 500 Heilberufler befragt, darunter 100 Allgemeinmediziner/innen und rund 100 Fachärzte/-ärztinnen.
Bürokratie: Mediziner/innen wünschen sich weniger Verwaltungsarbeit
Eines der Ergebnisse der weitergehenden Analyse: Für mehr als die Hälfte der befragten Ärzte/-innen ist der Fachkräftemangel eines der größten Probleme im Gesundheitswesen. Fast genauso viele Mediziner/innen sehen beim Thema Bürokratie Handlungsbedarf gegeben. Ein großer Teil der Fachärzte/-ärztinnen hält zudem auch die Finanzierung des Gesundheitswesens für eine akute Herausforderung. 46 Prozent der Befragten nennen sie als Problem. Allgemeinmediziner/innen, unter denen sich viele niedergelassene Ärzte/-innen befinden, sorgen sich dagegen um die Sicherstellung der ländlichen Versorgung. 28 Prozent sehen in diesem Bereich Herausforderungen auf das Gesundheitswesen zukommen.
Bei der Frage, wie sich die ärztliche Berufsausübung attraktiver gestalten lässt, zeigt sich ebenfalls der Wunsch nach weniger Bürokratie: Fast 90 Prozent der Befragten geben an, sie würden sich gerne weniger mit Dokumentations- und Verwaltungsarbeit beschäftigen. Bei den Allgemeinmediziner/innen folgt auf dem zweiten Platz der Wunsch nach mehr Zeit für die Behandlung von Patienten/-innen (74 Prozent). Ein Drittel ihrer fachärztlichen Kolleginnen und Kollegen wünscht sich, weniger Patienten/-innen behandeln zu müssen.
Stark zugenommen hat den Studienautoren zufolge der Bedarf nach einem Austausch mit Kollegen/-innen sowie nach Fort- und Weiterbildung. Die apoBank führt dies auf die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen bei persönlichen Kontakten zurück.
Knapp ein Viertel der Mediziner/innen bereitet sich auf den Ruhestand vor
Der Fachkräftemangel könnte in den kommenden Jahren noch zu einem größeren Problem werden: Knapp ein Viertel der berufstätigen Ärzte/-innen bereitet sich momentan auf den Ruhestand vor. Für 14 Prozent der Allgemeinmediziner/innen und 15 Prozent der Fachärzte/-ärztinnen geht dies mit einer Aufgabe der eigenen Praxis einher.
Unverändert hoch ist dagegen die Bereitschaft der jüngeren Mediziner/innen, sich mit einer eigenen Praxis niederzulassen. Trotz der Corona-Pandemie hat die Niederlassungsbereitschaft sogar um jeweils einen Prozentpunkt zugenommen. So möchten sich 13 Prozent der befragten Allgemeinmediziner/innen und 19 Prozent der Fachärzte/-ärztinnen im Verlauf der nächsten drei Jahre niederlassen.
Zufriedenheit mit dem Arztberuf sinkt leicht
Bei ihrer Analyse sind die Autoren auch der Frage nachgegangen, wie zufrieden Ärzte/-innen in Deutschland mit ihrem Beruf sind. Im Vergleich zur ersten Befragung im Jahr 2016 hat die Zufriedenheit mit der beruflichen Situation leicht abgenommen. Im Verlauf der letzten drei Jahre, also innerhalb der Corona-Pandemie, hat die Zufriedenheit jedoch nur geringfügig nachgelassen. Unter den Allgemeinmediziner/innen ist sie in diesem Zeitraum um einen Prozentpunkt zurückgegangen, bei den Fachärzte/-ärztinnen um drei Prozent. Aktuell sind rund 55 Prozent der Allgemeinmediziner/innen sind mit ihrer beruflichen Situation zufrieden, 13 Prozent unzufrieden. Unter den Fachärzte/-ärztinnen geben 54 Prozent an, mit ihrem Beruf zufrieden zu sein, 15 Prozent sind unzufrieden. Die übrigen Befragten haben eine neutrale Bewertung gewählt.
Trotz des leichten Rückgangs bei den Zufriedenheitswerten hält die Mehrheit der Mediziner/innen den Arztberuf weiterhin für empfehlenswert. Bei den Allgemeinmediziner/innen ist die Empfehlungsbereitschaft sogar von 59 Prozent im Jahr 2019 auf aktuell 64 Prozent gestiegen, bei den Fachärzte/-ärztinnen von 49 auf 58 Prozent.