
Brexit: Die Richtung der britischen Politik und des Gesundheitsministers Jeremy Hunt wurde bereits im Jahr 2016 klar gesetzt: Kein Import von Ärzten mehr und somit eine Stärkung des britischen National Health Services. Hierfür werden einerseits 1.500 weitere Studienplätze für Briten aufgebaut, gleichzeitig könnte dies weitreichende Konsequenzen für rund ein Viertel der Ärzte in Großbritannien haben. Denn genau so viele kommen aktuell aus dem Ausland.
Was ist der National Health Service?
Der National Health Service, kurz NHS, ist das staatliche Gesundheitssystem in Großbritannien und Nordirland. Er besteht aus eigenständigen Organisationen für die Regionen England, Nordirland, Schottland und Wales.
Der NHS ist weltweit der fünftgrößte Arbeitgeber und hat dementsprechend großen Einfluss auf Politik und Wirtschaft. Er beschäftigt einen aus 20 britischen Arbeitnehmern. Nach Guardian Research zählen rund 1.6 Millionen Menschen zu den Beschäftigten unter dem NHS. Mehr Menschen beschäftigten nur noch McDonald´s, Walmart, die chinesische People´s Liberation Army und das US Department of Defense.
Auch wenn in den Medien immer wieder Schwachstellen dieses Gesundheitssystem thematisiert werden, findet man den NHS aufgrund der Effektivität und einhergehenden Sicherheit immer wieder an der Spitze von diversen Rankings aufgeführt.
Wie viele Ärzte aus Deutschland arbeiten in Großbritannien?
Die Bundesärztekammer spricht von rund 2.000 Ärzten aus Deutschland, die aktuell in Großbritannien beschäftigt sind. Aus der EU sind es insgesamt sogar etwa 23.000 Ärzte.
Der Zulauf stagniert jedoch, so berichtet es die Ärztezeitung im Gespräch mit Wolfgang Wannoff vom Vorstand der Deutsch-Englischen Ärztevereinigung. Für die Abflachung des Interesses wären unter anderem verschärfte Zugangsbedingungen wie Sprachtests und Nachweis von Kenntnissen über den National Health Service verantwortlich.
Wie attraktiv ist es als Arzt in Großbritannien zu arbeiten?
Bisher war die Arbeit als Arzt beispielsweise in England mit deutscher Approbation ein rein bürokratisch aufwendiger Prozess – jedoch im Hinblick der Anerkennungen der Qualifikation und Ausbildung keine große Hürde.
Innerhalb der Europäischen Union ist die gegenseitige Anerkennung der ärztlichen Grundausbildung sowie der Facharztausbildung durch Anhang V der Richtlinie 2005/36/EG geregelt. Wer sich als Arzt also ein Zielland innerhalb der EU ausgesucht hat, muss vor Weggang prüfen, ob die bisher absolvierte Weiterbildung den Mindestanforderungen des Ziellands entspricht und dies war im Großteil der Fälle in Großbritannien bisher auch so.
Die Attraktivität der Arzt-Position in Großbritannien hängt jedoch stark vom Arbeitgeber ab, denn man verdient pauschal gesehen nicht mehr als in Deutschland. Generell kann man sogar eher von einem geringeren Einkommen ausgehen. In einem Artikel über Arztgehälter im Ausland werden verschiedene Positionen in unterschiedlichen Ländern verglichen. Wo man in Deutschland als Berufseinsteiger ein Durchschnittsgehalt von 46.600 Euro bis 57.800 Euro jährlich erwarten kann, warten in Großbritannien gerade einmal 29.000 Euro bis 46.700 Euro.
Wie wird es weitergehen für Großbritannien?
Das britische Gesundheitssystem NHS wird große Hürden bezwingen müssen, da ein nicht unwesentlicher Teil der Ärzte und allgemein im Gesundheitssystem tätigen Menschen aus der EU oder dem Ausland kommen – aktuell 130.000 Menschen. Nach dem Brexit-Referendum haben bereits über 17.000 ausländische Mitarbeiter der 130.000 NHS Mitarbeiter gekündigt und die Zahl wächst weiter an. Dies wird einen großen Einfluss auf die Gesundheitsversorgung haben.
Die deutschen Ärzte hoffen nun auf die aktuellen Vorschläge von gegenseitigen Berufsanerkennungen der Gesundheitssysteme der Länder. Hinzu kommen gegebenenfalls zu treffende individuelle Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die jedoch aktuell noch ein großes juristisches Fragezeichen darstellen.
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