Als Arztzeit bezeichnet die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) die Zeit, die ...

Eine bundesweite Online-Befragung zukünftiger Ärzte fand im Jahr 2018 im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) statt. Das veröffentlichte Berufsmonitoring legt die Perspektiven für das Medizinstudium und für den späteren Arztberuf dar. Ein zentraler Punkt dessen ist die Analyse, wo genau die Studenten der Humanmedizin arbeiten möchten – liegt der Wunsch in der Niederlassung? Oder ist doch die Tätigkeit in einer Klinik reizvoller? Und welche Orte kommen für zukünftige Ärzte in Frage?
Wunsch nach Niederlassung der zukünftigen Ärzte gering
Das Berufsmonitoring zeigt auf, dass im Vergleich zum Jahr 2010 die Bereitschaft sich niederzulassen nicht weiter gestiegen ist. Nichtsdestotrotz stuften die Medizinstudierenden die Möglichkeit einer Niederlassung als Hausarzt attraktiver ein.
Wie viele Medizinstudenten würden sich niederlassen?
Die Resultate aus dem Jahr 2010 gegenüber dem Jahr 2018 weisen demnach Diskrepanzen auf. So gaben lediglich 4,1 % im Jahr 2010 an, in einer Einzelpraxis tätig werden zu wollen. Im Jahr 2018 waren es nur 0,6 % mehr. Interessanterweise können sich allerdings mehr Medizinstudierende im Jahr 2018 vorstellen, in einer Gemeinschaftspraxis oder ähnliches zu arbeiten. Im Jahr 2010 konnten sich dies knapp 40 % vorstellen, acht Jahre später etwas mehr als die Hälfte der Befragten.
Doch es sind ebenfalls Unterschiede zwischen Frauen und Männern zu betrachten – mehr als doppelt so viel männliche Teilnehmer könnten sich vorstellen, in einer Einzelpraxis tätig zu sein (7,5 %) im Gegensatz zu den Frauen (3 %).
Ferner würden weibliche Studierende vermehrt in einer Gemeinschaftspraxis arbeiten (55,4 %). Im Kontrast dazu könnten sich das 42 % der männlichen Medizinstudenten vorstellen. Zudem sehen die Hälfte der Männer beide Optionen als realistisch, bei den Frauen nur ca. 42 %.
Was schränkt das Interesse an einer Niederlassung ein?
Selbstverständlich muss man hierbei berücksichtigen, dass ein Wunsch, sich niederzulassen, nicht unbedingt in einer späteren Niederlassung resultiert. Die Zahlen zeigen auf, dass die Arbeit in einer Einzelpraxis relativ unbeliebt ist.
Ein wesentlicher Grund hierfür liegt in der Implikation eines finanziellen Risikos, welches man eher vermeiden möchte. Darüber hinaus besteht eine weitere Niederlassungsbremse in der Sorge, zu viele Bürokratieaufgaben oder medizinfremde Tätigkeiten erledigen zu müssen.
Deswegen ist es auch nicht verwunderlich, dass sich 96 % der Befragten ein Unterstützungsangebot bei bürokratischen Anforderungen vor der Eröffnung oder Übernahme einer Praxis wünschen. Diese zwei Bedenken stellen die zwei Spitzenpositionen dar, weswegen eine Niederlassung nicht in Frage käme.
Wunsch nach der Tätigkeit in einem Krankenhaus
Die Befunde im Jahr 2018 nach dem Wunsch einer Tätigkeit im Krankenhaus sind relativ unverändert zum Jahr 2010. Denn noch immer könnten sich drei Viertel der angehenden Mediziner vorstellen, in einem Krankenhaus tätig zu sein. Im Gegensatz zu 2010 sind das nur 3 % weniger.
Spezifische Auffassungen von der Arbeit im Krankenhaus sollten ebenfalls vorhanden sein, da mitunter bereits Erfahrungen bei der Kliniktätigkeit bestehen (im Rahmen eines Praktischen Jahres zum Beispiel).
Nichtsdestotrotz gibt es zahlreiche Gründe, die Befragte gegen eine Anstellung im Krankenhaus anführen. 78,2 % der Teilnehmer sehen die Klinik als einen Ort hoher Arbeitsverdichtung und -belastung. Dazu gehören beispielsweise unbezahlte Überstunden, die Ökonomie und Wochenenddienste, welche zukünftige Ärzte abschreckt. Im Jahr 2010 belief sich die Angabe noch auf 63,1 %.
Auf dem 2. Platz der Gründe, die gegen eine Anstellung in der Klinik sprechen, befindet sich die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit 63,3 %. Auf dem 3. Platz wurde mit 61,2 % wenig Zeit bei der Behandlung von Patienten angeführt, gefolgt von wenig Freizeit. Diese Ergebnisse sind dahingehend alarmierend, da seit 2010 die Bedenken im Hinblick auf Arbeitsbelastung, Bürokratie und Führungskultur nicht gesunken sind, sondern stagnieren oder sogar noch weiter verbreitet.
Welche Arbeitsorte kommen für zukünftige Ärzte in Frage?
In welchen Regionen angehende Mediziner arbeiten möchten, ist in Bezug auf die ungleiche Ärzteverteilung in Deutschland besonders relevant. Noch immer sind Mediziner in ländlichen Regionen erforderlich. Erwähnenswert ist, dass trotzdem die meisten Medizinstudenten in Deutschland weiterhin leben und arbeiten möchten.
Süddeutschland | Westdeutschland | Ostdeutschland | Stadtstaaten | |
---|---|---|---|---|
Heimatregion | 82,9 % | 80,5 % | 72 % | 88,1 % |
Heimatbundesland | 91,2 % | 86,6 % | 73,4 % | 87,1 % |
Anderes Bundesland | 56,1 % | 63,6 % | 65,7 % | 64 % |
Ausland | 44,5 % | 40,2 % | 38,7 % | 52,3 % |
Diskrepanzen sind zwischen Studierenden aus Süddeutschland, Westdeutschland, Ostdeutschland und Stadtstaaten definitiv zu sehen. Der Wunsch nach einer Tätigkeit in ihrer Heimatregion der in den Stadtstaaten lebenden Studierenden liegt bei 88 %.
In Westdeutschland wünscht sich die Mehrheit der Studierenden, in ihrem Heimatbundesland zu arbeiten (91,2 %). Bei Studierenden aus Ostdeutschland können sich im Gegensatz nur 72 % vorstellen, weiterhin in ihrer Heimatregion zu arbeiten.
Die ostdeutschen Studierenden möchten trotzdem eher in ihrem Heimatbundesland tätig sein, anstatt in andere Bundesländer oder ins Ausland zu gehen. Der Wert ist mit 38,7 % der niedrigste von aus anderen Gebieten stammenden Studierenden; am ehesten können sich Studierende aus Stadtstaaten vorstellen, im Ausland ihre ärztliche Tätigkeit auszuführen (52,3 %).
Der Grund hierfür könnte laut dem Berufsmonitor in der großstädtischen Sozialisation liegen und das Aufwachsen mit Vielfalt, Heterogenität und grenzenlos scheinenden Möglichkeiten, sodass die Flexibilität den Wunsch ins Ausland zu gehen möglicherweise fördert.