Um die oft überfüllten Notaufnahmen in deutschen Krankenhäusern und Kliniken zu entlasten, plant die Bundesregierung die Einrichtung sogenannter Notfallzentren. Dort soll das Personal entscheiden, ob es sich bei den Beschwerden der Patienten tatsächlich um einen Fall für die Notaufnahme handelt oder ob auch ein Gang in die Notarztpraxis ausreicht. Das Kabinett hat die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgestellte Reform beschlossen, nun soll sie im Parlament beraten werden.
Integrierte Notfallzentren sollen Patienten vorsortieren
Nicht jede akute Beschwerde ist ein Fall für die Notaufnahme. Nach Einschätzung des Gesundheitsministeriums wäre jeder dritte Notfall-Patient besser in einer Notarztpraxis aufgehoben. Um Patienten besser vorzusortieren, möchte die Bundesregierung daher sogenannte Integrierte Notfallzentren (INZ) sowie dort, wo es die Kapazitäten zulassen, Integrierte Notfallzentren für Kinder und Jugendliche (KINZ) einrichten. Die Notfallzentren setzen sich aus der Notaufnahme eines Krankenhauses, einer zentralen Einschätzungsstelle und einer kassenärztlichen Notdienstpraxis zusammen. Patienten sollen sich den Reformplänen zufolge zunächst an die zentrale Einschätzungsstelle wenden. Das dortige Personal entscheidet dann, ob sie zur Notaufnahme oder in die Notarztpraxis weitergeleitet werden.
Die Notfallzentren sowie die angebundenen Notdienste sollen bei Bedarf auch Krankschreibungen ausstellen können. Weiterhin geplant ist eine Anbindung der Notfallzentren an eine Terminservicestelle, über die Patienten Termine für eine Weiterbehandlung angeboten bekommen. Auch die Abgabe von kurzfristig benötigten Medikamenten soll möglich sein, etwa über Kooperationsvereinbarungen mit örtlichen Apotheken.
Die Notfallzentren sollen so im Bundesgebiet verteilt werden, dass mindestens eines für Patienten gut erreichbar ist. Die Öffnungszeiten der angeschlossenen Notdienstpraxen werden gesetzlich vorgegeben. Abends sollen sie bis 21:00 Uhr zur Verfügung stehen, auch an Wochenenden und Feiertagen. Durch eine digitale Vernetzung der Notfallzentren sollen sich diese zudem schnell untereinander austauschen können.
Stärkere Vernetzung von ärztlichem Notdienst und Rettungsdienst
Ein weiterer Bestandteil der Notfallreform ist die stärkere Vernetzung des kassenärztlichen Notdienstes 116 117 mit den Leitstellen des Rettungsdienstes 112. Darüber hinaus sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) rund um die Uhr eine telemedizinische Versorgung zur Verfügung stellen und Hausbesuche für nicht mobile Patienten anbieten. Zu diesem Zweck dürfen die KVen auch nichärztliches Personal einsetzen oder mit dem Rettungsdienst zusammenarbeiten. Eine telemedizinische Anbindung der Dienste soll die ärztliche Kompetenz sicherstellen. Die Reform sieht außerdem vor, dass die KVen bundesweit einheitlich im Internet über die Sprechstundenzeiten von Ärzten informieren.
Was halten Ärzte und Krankenkassen von der Reform?
Das Gesetz zur Reform der Notaufnahmen und Rettungsdienste soll im Januar 2025 in Kraft treten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) lobt die Ansätze, zweifelt aufgrund fehlenden Personals aber an der Umsetzbarkeit. Auch der Hausärztinnen- und Hausarztverband warnt, dass die Reform wegen Personalknappheit scheitern könnte.
Lob für die Reform kommt derweil von den gesetzlichen Krankenkassen. Der GKV-Spitzenverband mahnt allerdings an, die KVen nicht vor unlösbare Probleme zu stellen. Der Verband der Ersatzkassen (vdek) begrüßt die geplante stärkere Vernetzung von Kassenärztlichen Vereinigungen und Rettungsdiensten. Ergänzend fordert der Verband den Ausbau der KVen zu sogenannten Gesundheitsleitstellen, die ihrerseits die Weiterleitung zu anderen Versorgungsangeboten übernehmen könnten.