Der Berufseinstieg als Arzt markiert einen entscheidenden Abschnitt in der Karriere eines Mediziners. Neben der fachlichen Weiterbildung spielen auch der Arbeitsort, die Arbeitsbedingungen und der Arbeitsvertrag eine entscheidende Rolle. Dieser Artikel wirft einen detaillierten Blick auf den Berufseinstieg als Arzt, insbesondere im Hinblick auf Arbeitgeber und Vertragsmodalitäten.
Ärztliche Weiterbildung
Ärzte in Weiterbildung sind nicht dazu verpflichtet, einen befristeten Arbeitsvertrag bedingungslos zu akzeptieren. Eine zeitliche Befristung ist nur dann rechtens, wenn der Arzt ausschließlich für die Zwecke der Weiterbildung eingestellt wurde. Dies geht aus Informationen der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hervor, die sich auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (Az.: 1 Sa 5/15) beziehen.
Sollte der Arbeitgeber nicht in der Lage sein, nachzuweisen, dass die Anstellung des Arztes ausschließlich für Weiterbildungszwecke erfolgte, gilt der Arbeitsvertrag als unbefristet. Dieser Grundsatz wurde vor Gericht bestätigt: im konkreten Fall strebte eine Fachärztin für innere Medizin eine Weiterbildung im Bereich Gastroenterologie an. Sie schloss einen befristeten Arbeitsvertrag mit einem Krankenhausträger für den Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2014 ab. Nach Abschluss der Weiterbildung beabsichtigte die Ärztin, das Arbeitsverhältnis zu verlängern, was jedoch von der Klinik abgelehnt wurde.
In der zweiten Instanz entschied das Landesarbeitsgericht zugunsten der Ärztin und die Befristung des Arbeitsvertrags wurde als unzulässig erklärt. Begründung: Im Falle eines befristeten Arbeitsvertrags mit einem Arzt in Weiterbildung ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, eine Weiterbildungsplanung zu erstellen. Diese Planung muss zwar nicht zwangsläufig schriftlich mit der Befristung verbunden sein, aber sie muss objektiv vorliegen und im Prozess nachvollziehbar dargelegt werden.
Im Krankenhaus
Für kommunale Krankenhäuser gilt laut Marburger Bund:
- Arbeitszeit: 40 Wochenstunden. Die tägliche Arbeitszeit kann mit Bereitschaftsdienst auf bis zu 24 Stunden verlängert werden; davon sind maximal 8 Stunden Vollarbeit zulässig. An Wochenenden und Feiertagen Verlängerung auf bis zu 24 Stunden bei ausschließlich Bereitschaftsdienst.
- Die wöchentliche Arbeitszeit kann mit Bereitschaftsdienst auf bis zu durchschnittlich 56 Stunden verlängert werden. Voraussetzung ist eine individuelle Zustimmung.
- 2 freie Wochenenden im Monat
- im Kalenderhalbjahr durchschnittlich monatlich nur bis zu 4 Bereitschaftsdienste
- Dienstpläne müssen spätestens 1 Monat vorher aufgestellt sein
- verspäteter Dienstplan und Überschreitung der Bereitschaftsdienstgrenze führen zu Zuschlägen
- verbindliche Arbeitszeiterfassung
- Urlaub: 30 Arbeitstage, zzgl. 2 Tage Zusatzurlaub z.B. für Bereitschaftsdienste während der Nacht
Für Universitätskrankenhäuser gilt laut Marburger Bund:
- Arbeitszeit: 42 Wochenstunden. Die tägliche Arbeitszeit kann mit Bereitschaftsdienst auf bis zu 24 Stunden verlängert werden; davon sind maximal 8 Stunden Vollarbeit zulässig. An Wochenenden und Feiertagen Verlängerung auf bis zu 24 Stunden bei ausschließlich Bereitschaftsdienst.
- Die wöchentliche Arbeitszeit kann mit Bereitschaftsdienst der Stufe I auf bis zu durchschnittlich 58 Stunden, mit Bereitschaftsdienst der Stufe II auf bis zu durchschnittlich 54 Stunden verlängert werden. Voraussetzung ist eine individuelle Zustimmung.
- Grundsätzliche Begrenzung der Bereitschaftsdienste im Monat
- Dienstpläne müssen spätestens 6 Wochen zuvor aufgestellt sein, anderenfalls entstehen Zuschläge.
- verbindliche Arbeitszeiterfassung
- 2 freie Wochenenden im Monat
- Urlaub: 30 Arbeitstage
- Zusatzurlaub z.B. für Bereitschaftsdienste während der Nacht
Im ambulanten Bereich
Bei einer Anstellung im ambulanten Bereich zur Facharztweiterbildung sind spezifische arbeits- und vertragsarztrechtliche Aspekte zu berücksichtigen.
- Genehmigung: Für eine Tätigkeit im vertragsärztlichen Bereich ist die Zustimmung der Kassenärztlichen Vereinigung erforderlich. Dies gewährleistet, dass die erbrachten ärztlichen Leistungen als persönliche Leistungen des Praxisinhabers abrechenbar sind.
- Vertrag: Die Arbeitsbedingungen zwischen dem Arzt und dem Inhaber der Praxis müssen individuell vertraglich festgelegt werden. Der Marburger Bund empfiehlt, sich am Tarifvertrag TV-Ärzte/VKA für kommunale Krankenhäuser zu orientieren (Alle Tarifverträge finden sich hier in der Übersicht).
- Gehalt: Gemäß § 5 Abs. 7 der Vereinbarung zur Förderung der Weiterbildung gemäß § 75a SGB V ist der aktuelle Förderbetrag, der derzeit 4.800 Euro bzw. ab dem 1. Juli 2020 5.000 Euro beträgt, als Anteil der Vergütung in der Allgemeinmedizin und anderen grundversorgenden Fächern vom Arbeitgeber an den sich weiterbildenden Arzt auszuzahlen. Dieser Betrag wird regelmäßig an die aktuelle tarifliche Vergütung angepasst (Durchschnitt der Tabellenentgelte der Stufen 1 – 5 in der Entgeltgruppe I des TV-Ärzte/VKA). In den ersten zwei (bzw. drei) Jahren der Beschäftigung sollte dieser Betrag das Bruttoentgelt repräsentieren, solange er das jeweilige Tabellenentgelt übersteigt. Danach bildet er die Grundlage. Es ist zu beachten, dass die Koppelung an die tarifliche Vergütung in § 5 Abs. 1 des Anstellungsvertrages grundsätzlich nur als Mindeststandard dient.
Arbeitsrechtliches und Organisatorisches
Gemäß § 2 des Nachweisgesetzes sind im Arbeitsvertrag bestimmte Regelungen festzulegen. Für Ärzte sind insbesondere folgende Punkte von besonderer Relevanz:
- Arbeitsort: Fehlt eine klare Festlegung des konkreten Arbeitsorts im Vertrag, behält sich der Arbeitgeber das Recht vor, die Mitarbeiter auch an anderen Orten einzusetzen, ohne eine Änderungskündigung aussprechen zu müssen. Dies kann für Arbeitnehmer problematisch sein, insbesondere wenn beispielsweise die Kinderbetreuung mit dem vereinbarten Arbeitsort abgestimmt wurde und plötzlich an einem anderen Standort gearbeitet werden soll.
- Art der Tätigkeit: Obwohl der Arbeitsvertrag in der Regel die konkrete Tätigkeit beschreibt, können Versetzungsklauseln die Beschäftigung in einer anderen, zumutbaren Position ermöglichen. Die Zumutbarkeit wird dabei vor Gericht unterschiedlich interpretiert. Wenn der Arbeitnehmer dies vermeiden möchte, sollte darauf bestanden werden, die Versetzungsklausel zu streichen, wobei zu beachten ist, dass dies betriebsbedingte Kündigungen erleichtern kann.
- Befristung: Bei einem zeitlich begrenzten Arbeitsvertrag, insbesondere während einer Facharztweiterbildung, sollten Ärzte die Befristung kritisch prüfen. Nicht alle Befristungen sind zulässig. Der Vertrag sollte Angaben zur Fachrichtung der Weiterbildung, zur Vertragsdauer und zur Art der Tätigkeit klar regeln.
- Arbeitszeit: Arbeitgeber haben grundsätzlich das Recht, die Arbeitszeit zu bestimmen. Daher ist es ratsam, bereits im Arbeitsvertrag festzuhalten, wenn der Mitarbeiter nur an bestimmten Tagen oder zu bestimmten Zeiten arbeiten kann oder möchte, einschließlich der Vereinbarung von Bereitschaftsdiensten.
- Vergütung: Neben der Grundvergütung werden im Vertrag oft zusätzliche Gehaltsbestandteile festgelegt. Pauschale Abgeltungen von Überstunden sind dabei unwirksam und sollten vermieden werden. Klar definierte Regelungen sind auch für Überstunden und Zielvereinbarungen wichtig, da diese die Vergütung maßgeblich beeinflussen können.
- Tarifvertrag: Wer auf einen Tarifvertrag setzt, sollte vorsichtig sein, insbesondere bei nicht tarifgebundenen oder konfessionellen Arbeitgebern. Die Anlehnung an einen Tarifvertrag bedeutet nicht zwangsläufig eine Bindung an diesen Vertrag.
Formalitäten vor Dienstantritt
Die Grundlage für eine Karriere als Arzt legt das erfolgreiche Absolvieren des Medizinstudiums, einschließlich des Praktischen Jahres. Nach erfolgreichem Bestehen aller Prüfungen steht die Beantragung der Approbation an. Hierfür sind neben dem Prüfungszeugnis weitere Unterlagen erforderlich, darunter das polizeiliche Führungszeugnis. Direkt nach dem Studienabschluss und der Approbation beginnt dann die Vorbereitung der Assistenzarztzeit.
Hier sollte man sich folgende Frage stellen: Zukunft als Klinikarzt oder niedergelassener Arzt und in welcher Facharztrichtung? Ein Punkt, den viele vernachlässigen, ist die Berufshaftpflicht. Bevor man seine berufliche Laufbahn als Arzt beginnt, sollten man den Abschluss einer leistungsstarken Berufshaftpflichtversicherung für Ärzte planen. Diese Versicherung übernimmt berechtigte Schadensersatzforderungen im Falle von Behandlungsfehlern. Ohne diesen Versicherungsschutz könnten rechtliche Auseinandersetzungen zu einem finanziellen Desaster führen. Sowohl niedergelassene als auch angestellte Ärzte sind auf eine Berufshaftpflichtversicherung angewiesen.
Tarifverträge
Für Assistenzärzte können tarifgebundene Arbeitsverträge eine entscheidende Rolle spielen. Es gibt diverse Tarifverträge, die sich in ihrer Definition und den festgelegten Tarifen voneinander unterscheiden. Diese Verträge legen klare Richtlinien für Entgeltgruppen, Gehälter und Stellen fest. Dennoch ist es wichtig, einige Aspekte zu berücksichtigen:
Auch in tarifgebundenen Arbeitsverträgen ist besonders auf den Beschäftigungsort zu achten. Die Unterscheidung zwischen dem Klinikstandort und der Klinikgruppe ist hier von Bedeutung. Es ist entscheidend, dass der Arbeitsvertrag den konkreten Standort angibt, denn wenn nur die Klinikgruppe vermerkt ist, könnte man theoretisch an andere Standorte versetzt werden. Ein weiterer essenzieller Punkt betrifft den Umfang der Weiterbildung. Zu beachten ist, ob der Arbeitsvertrag einen klaren Weiterbildungsplan vorsieht und ob die Weiterbildungsermächtigung für den gesamten Weiterbildungszeitraum gegeben ist. Es könnte sein, dass eine Rotation geplant ist, was bedeutet, dass man für Weiterbildungen auch andere Klinikstandorte besuchen muss.
Weiterbildungsvereinbarung
Welche Pflichten und Rechte Ärzte in Weiterbildung haben, ist im Arbeitsvertrag festgehalten. Es ist nicht notwendig, sich tief in die rechtlichen Details des Arbeitsrechts zu vertiefen, aber es ist ratsam, potenzielle Schwachstellen zu kennen.
Eine entscheidende Komponente ist die zeitliche Dimension: Wenn der Arbeitgeber den Vertrag wenige Tage vor Dienstbeginn aushändigt, bleibt oft nicht genug Zeit für eine gründliche Analyse. Als Mitglied einer Ärztevereinigung wie dem Marburger Bund besteht jedoch die Möglichkeit, den Vertrag kostenlos von einem Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Ferner sollte aus dem Arbeitsvertrag deutlich hervorgehen, dass der Arzt in Weiterbildung in einer bestimmten Fachrichtung angestellt ist. Fehlt eine präzise Tätigkeitsbeschreibung, besteht die Gefahr, dass bei Personalmangel in abweichenden Fachbereichen eingesetzt wird.
Im öffentlichen Sektor basieren Arbeitsverträge fast immer auf Tarifverträgen, was auf der ersten Seite des Arbeitsvertrags erwähnt wird, wenn eine tarifliche Einordnung vorliegt. Dies stellt sicher, dass ein Berufsverband bei der Vertragsgestaltung beteiligt war und grobe Fehler vermieden wurden. Dennoch ist darauf zu achten, dass die Befristung im Vertrag korrekt angegeben ist und nicht den Zeitraum unterschreitet, für den der Arbeitgeber weiterbildungsbefugt ist. Eine ungültige Befristung könnte auftreten, wenn z.B. der Vertrag bis zum 31. Januar 2024 läuft, während die Weiterbildungsbefugnis des Arztes oder der Ärztin nur bis zum 31. Juli 2023 reicht.
Arbeitsvertrag
Die Bestandteile eines Arbeitsvertrags für Ärzte müssen folgendes umfassen:
- Angaben zu den Vertragspartnern, also Arbeitgeber und -nehmer
- Dauer und Fristen des Arbeitsvertrages, namentlich: Dauer, Arbeitszeit und Mehrarbeit, Befristung, Probezeit, Kündigungsfristen, Urlaubstage
- Umfang der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, namentlich: Aufgabengebiete, Verantwortung und Pflichten, mögliche Arbeitsorte
- es können Nebenpflichten eingebracht werden, wie z.B.: Verschwiegenheitspflichten, Wettbewerbsverbote, Rücksichtnahmepflichten, Treuepflichten etc.
- Vergütung seitens des Arbeitgebers, namentlich: Gehalt, Zulagen und Bonuszahlungen, Umfang und Möglichkeit zu Diensten, vermögenswirksame Leistungen, Verweis auf einen Tarifvertrag
Krankheit
Ärzte, die krank sind, müssen die gleichen Regeln wie andere Mitarbeiter im Gesundheitswesen befolgen, d.h. sie sind verpflichtet, sich arbeitsunfähig zu melden. Die genauen Vorgaben können jedoch je nach Arbeitsstelle oder Klinik leicht variieren.
Generell sollten sich Ärzte bei Krankheit umgehend bei ihrem Vorgesetzten oder dem dafür zuständigen Personal melden und eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vorlegen. Ärzte sollten dann die Personalabteilung oder den zuständigen Ansprechpartner in der Klinik telefonisch oder per E-Mail über ihre Krankheit informieren. In einigen Fällen kann die Klinik spezifische Prozeduren oder Richtlinien für kranke Mitarbeiter haben. Ärzte sollten sich daher mit den internen Regelungen und Abläufen vertraut machen. Wenn möglich, sollten Ärzte auch ihre Kollegen über ihre Krankheit informieren, um eine reibungslose Organisation des Dienstplans und der Patientenversorgung sicherzustellen.
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