
Die Narkose wird vor schmerzhaften medizinischen Eingriffen durchgeführt. 40 % der Menschen haben Angst vor einer Vollnarkose und den einhergehenden Zustand ohne Bewusstsein. Aber welche Formen der Anästhesie gibt es denn überhaupt noch neben der Vollnarkose? Wo wird eine Anästhesie in der Regel eingesetzt?
Alles zu den Formen einer Anästhesie und die jeweiligen Definitionen gibt es in den folgenden Absätzen.
Was ist Narkose?
Eine Narkose ist ein Zustand der Empfindungslosigkeit, der künstlich herbeigerufen wird, um operative Eingriffe oder diagnostische Maßnahmen durchführen zu können. Das Schmerzempfinden wird dabei ausgesetzt. Dies kann bei Bewusstsein des Patienten geschehen oder durch das kontrollierte Aussetzen des Bewusstseins.
Bei allen Durchführungen einer Anästhesie, die das Bewusstsein aussetzen, ist die verantwortliche Person ein Narkosearzt – ein sogenannter Facharzt für Anästhesiologie. Während ein Patient ohne Bewusstsein ist, müssen stets die Narkosetiefe und die Vitalfunktionen wie die Beatmung und Herz-Kreislauf-Funktion überwacht werden. In den folgenden Absätzen definieren und erläutern wir verschiedene Begriffe in der Anästhesie.
Lokalanästhesie
Eine Lokalanästhesie ist eine örtliche Betäubung, die mit einer Spritze in die behandelnde Stelle injiziert wird und dient der Schmerzunterdrückung, indem die Signalweiterleitung der Nervenenden unterbrochen wird. Auch das Temperatur- und Tastempfinden und teilweise die Muskeltätigkeit nimmt in den durch die Lokalanästhesie zu behandelnden Stellen ab. Während dieser Behandlung ist man bei vollem Bewusstsein.
Regionalanästhesie (Teilnarkose)
Die Regionalanästhesie wird auch als Teilnarkose bezeichnet und blockiert, wie die Lokalanästhesie, das Schmerzempfinden und in manchen Fällen auch die Bewegungsmöglichkeiten in den zu behandelnden Körperregionen. Während der Behandlung ist der Patient ebenfalls wach und bei vollem Bewusstsein. Allerdings darf eine Regionalanästhesie nur von einem Anästhesisten durchgeführt werden – eine Lokalanästhesie benötigt diese Betreuung hingegen nicht.
Es gibt verschiedene Varianten der Teilnarkose, beispielsweise die Spinalanästhesie. Diese Form der Anästhesie betrifft die Regionen um das Rückenmark. Das Ziel dieser Anästhesie ist die Hemmung von Nerven, die vom Rückenmark ausgehen. Ausführliche Informationen finden Sie in unserem Artikel Spinalanästhesie.
Kurznarkose/Sedierung
Eine Sedierung dient der Beruhigung und Schmerzlinderung. Der Übergang einer Sedierung zur Allgemeinanästhesie, wie der Vollnarkose, ist fließend und versetzt den Patienten letztendlich in den Zustand der Bewusstlosigkeit, um das Schmerzempfinden gänzlich auszuschalten. Der Unterschied zu einer konventionellen Narkose ist hier die Dauer, denn eine Kurznarkose dauert meist nur bis zu 15 Minuten. Außerdem wird eine geringere Dosis an Anästhetika verwendet.
Vollnarkose (Allgemeinanästhesie)
Im Gegensatz zu den Lokal- oder Regionalanästhesien steht die Allgemeinanästhesie, bei welcher der Patient in Narkose oder eine Vollnarkose versetzt wird. Hierbei ist man für eine festgelegte Zeit nicht mehr bei Bewusstsein und hat daher kein Schmerzempfinden. Dies geschieht durch eine intravenöse Medikamentenzuführung oder Inhalation. Die Medikamente bestehen in der Regel aus Schlafmitteln, Mittel gegen Schmerzen, Mittel zur Muskelerschlaffung und zur Beeinflussung des vegetativen Nervensystems.
Bei Erwachsenen kommt hauptsächlich die intravenöse Form der Medikamentenzuführung zu tragen. In Ausnahmefällen und bei Kindern arbeiten die Narkoseärzte mit Gesichtsmasken, durch die ein Inhalationsanästhetikum gemischt mit Atemluft eingeatmet werden. Bei längeren Eingriffen wird zusätzlich ein Schlauch – ein sogenannter Trachealtubus – in die Luftröhre oder den Rachen eingeführt, damit die Atmung gewährleistet wird.
Die Allgemeinanästhesie oder Vollnarkose ist nicht ungefährlich und muss daher durchgehend von einem Anästhesisten bzw. Narkosearzt im Hinblick auf Beatmung und Herz-Kreislauf-Funktionen überwacht und reguliert werden. Hierfür durchlaufen die Fachärzte eine jahrelange Facharztausbildung in der Anästhesiologie.
Narkoseaufklärung
Bevor eine Narkose durchgeführt wird, wird der Patient vom betreuenden Anästhesisten über die Narkose ausführlich aufgeklärt. Hier werden bestehende Vorerkrankungen besprochen und regelmäßig eingenommene Medikamente abgefragt. Mit diesen Informationen kann der Arzt die Risiken der Narkose einschätzen und eine passende Medikation auswählen. Hat der Patient große Angst vor einer Narkose oder ist unruhig, ist es nicht unüblich, ein Beruhigungsmittel zu geben, damit dieser sich entspannen kann.
Narkoseeinleitung
Zunächst atmet der Patient für mehrere Minuten reinen Sauerstoff ein, bevor die Narkoseeinleitung beginnt. Im Blut entsteht so eine Sauerstoffreserve, die für das Einlegen des Beatmungsschlauches, auch Intubation genannt, wichtig ist. Gleichzeitig wird dem Patienten eine Nadel in eine Vene gelegt, über welche Medikamente gespritzt werden können. Nachdem ein starkes Schmerzmittel verabreicht wurde, wird dem Patienten ein hochdosiertes Schlafmittel verabreicht. Durch dieses verliert dieser nach wenigen Sekunden das Bewusstsein und hört auf selbstständig zu atmen.
Die Beatmung wird dann mit einer dichtsitzenden Gesichtsmaske und einem Beatmungsbeutel fortgeführt und sobald dies problemlos funktioniert, wird ein muskelentspannendes Medikament gespritzt. Wenn das Medikament wirkt, führt man über die Luftröhre einen Beatmungsschlauch ein und beatmet den Patienten von nun an mittels einer Maschine.
Handelt es sich um eine längere Operation, wird der Patient mit einem Heizgebläse gewärmt, damit der Körper nicht zu schnell auskühlt. Mit einem Überwachungsmonitor werden konstant Blutdruck, Puls, Herztätigkeit und Atemfrequenz angezeigt.
Bei der Narkoseeinleitung gibt es eine Sonderform, die sogenannte Rapid Sequence Induction, kurz RSI. Bei dieser Methode wird das Narkose-Medikament schnell verabreicht und die zwischenzeitliche Maskenbeatmung findet nicht statt. Vor allem bei nicht nüchternen Patienten, Schwangeren und Patienten mit Magen-Darm-Erkrankungen wird diese Methodik durchgeführt, damit das Zurückfließen von Mageninhalten in die Luftröhre verhindert wird.
Fortführung und Ausleitung der Narkose
Mit Narkosegasverdampfern oder automatisierten Spritzenpumpen werden dem Patienten bis die Operation oder Untersuchung vollbracht ist, Medikamente zugefügt, die den tiefen Schlaf und die Schmerzfreiheit aufrechterhalten. Sobald die Narkose beendet werden soll, wird dieser Zufluss gestoppt und man muss warten, bis der Patient wieder aufwacht. Dann wird der Beatmungsschlauch aus der Luftröhre gezogen und angesammelter Speichel aus dem Rachen abgesaugt. Der Patient kann dann wieder von alleine atmen.
Danach kommt der Patient in einen Aufwachraum und wird dort überwacht. Bei Bedarf werden von einem Arzt weitere Schmerzmittel verabreicht und die Vitalfunktionen des Patienten beurteilt.
Narkose – Einsatzgebiete
Die Anästhesie wird in vielen unterschiedlichen Bereichen benötigt. Dazu gehören Krankenhäuser, Schmerzambulanzen, Rettungsdienste, Arztpraxen, in der Pharmaindustrie und bei Zahnärzten.
Der geläufigste Kontakt mit der Anästhesie ist in der Regel beim Zahnarzt. Jeder, der schon einmal eine Füllung erhalten hat und der Zahnarzt einen Bohrer angesetzt hat, hat zumindest schon einmal eine Lokalanästhesie erhalten um die Nerven um einen Zahn herum zu betäuben und die Behandlung ertragbar zu gestalten.
Patienten, die auf einer Intensivstation liegen, haben oftmals lebensbedrohliche Leiden und deren Vital- und Organfunktionen sind grundlegend gestört. Die Anästhesie ist dabei ein wichtiger Bestandteil der medizinischen Behandlung und hilft dabei den Patienten am Leben zu erhalten.
In den nächsten Abschnitten werden Ihnen die drei größten Einsatzgebiete der Narkosebehandlung kurz vorgestellt.
Operationen
Am häufigsten werden Narkosen bei Operationen eingesetzt, da sie ohne sonst gar nicht möglich werden. Durch das reduzierte Bewusstsein ist der Stress, den ein Patient durchlebt um einiges geringer und unterstützt die Erholung nach einer Operation. Ist ein Patient unter Narkose hat das auch gewisse Vorteile für den Operateur, da der Patient sich nicht bewegt und so Operationen an Organen, am Gehirn oder an Blutgefäßen möglich sind.
Untersuchungen
Eine Narkose wird auch bei einigen Untersuchungen verwendet, wobei es sich hier meist um Kurznarkosen in Verbindung mit einem Schlafmittel handelt. Mögliche Untersuchungen sind beispielsweise die Bronchienspiegelung, da diese starke Schmerzen und einen Hustenreiz bei dem Patienten auslöst. Auch Säuglinge werden mithilfe einer Kurznarkose bei einer Kernspintomografie untersucht, damit diese ruhig bleiben und die aufgenommenen Bilder nicht verwackelt sind.
Notfallmedizin
Eine Narkose kann auch in der Notfallmedizin hilfreich sein, vor allem dann, wenn der Patient nicht mehr selbstständig atmen kann. Dies ist häufig nach einem Herzstillstand, schweren Unfällen oder nach einer allergischen Reaktion der Fall. Mit einer Narkose wird die Beatmung gesichert und die Schmerzen gelindert, die auch im bewusstlosen Zustand empfunden werden können.
Narkose – Risiken
Eine Narkose kann Nebenwirkungen mit sich bringen. Nichtsdestotrotz sind Narkosen heute sehr sorgfältig überwacht und sehr sicher. Bleibende Schäden sind fast auszuschließen, wenn sich die Patienten an die nötigen Vorbereitungen halten. Schwerwiegende Schäden können sein:
- Gefahren einer Lungenentzündung durch Übertritt von Magensaft oder Mageninhalt in die Lunge
- Verletzungen von Zähnen oder Kehlkopf
- Herz-Kreislauf-Probleme
- Atmungsprobleme
- Gefühlsstörungen
- Unverträglichkeitsreaktionen
- Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
Auch nach der Anästhesie können häufig Befindlichkeitsstörungen und Übelkeit, Erbrechen oder Schluckbeschwerden folgen. In den folgenden Abschnitten werden einige der Risiken und Nebenwirkungen genauer vorgestellt.
Probleme bei der Beatmung
Während der Einleitung der Narkose stellt es sich manchmal heraus, dass der Patient nicht mit einem Beatmungsschlauch beatmet werden kann. Im schlimmsten Fall muss der Arzt einen Luftröhrenschnitt, eine Tracheotomie, durchführen.
Außerdem kann es zu einem Zurückfließen des Mageninhalts in die Luftröhre und in die Lunge kommen. Durch den sauren Magensaft kann dann eine schwere Lungenentzündung ausgelöst werden.
Des Weiteren kann es zu Zahnschäden und Stimmlippenschäden bei der Einführung des Beatmungsschlauches kommen. Zahnprothesen werden beispielsweise vor einer Operation entnommen.
Maligne Hyperthermie
Eine maligne Hyperthermie ist eine plötzlich während der Narkose auftretende Muskelerkrankung. Die gesamte Muskulatur spannt sich dauerhaft an und der Körper erwärmt sich lebensbedrohlich.
Gründe für diese Erkrankung sind genetische Faktoren und auch Narkosegase, wie Muskelrelaxanz Succinylcholin.
Eine rein intravenöse Narkose gilt nicht als ein Auslöser für eine maligne Hyperthermie.
Wachzustände während der Narkose
Es kommt vor, dass der Patient während der Narkose plötzlich aufwacht oder sich nach der Operation an Details während der Untersuchung erinnern kann. Dies nennt man intraoperative Wachheit. Zu diesem Phänomen kommt es, wenn das Schlafmittel zu niedrig dosiert ist. Körperliche Schmerzen sind selten, jedoch ist das Erlebte oft psychisch belastend.
Narkose-Nachwirkungen
Die Narkose selbst kann auch Nebenwirkungen hervorrufen, dazu gehören:
- Übelkeit, Erbrechen
- Zittern
- Verwirrtheit
Übelkeit und eventuelles Erbrechen sind häufige Nebenwirkungen. Dies wird durch die Medikamente, Narkosegase und Dauer der Operation ausgelöst. Die Übelkeit kann man mit bestimmten Medikamenten, die man vor der Narkose einnimmt, vermeiden.
Lagerungsschäden
Da der Patient sich nicht bewegen kann und dessen Muskulatur komplett erschlafft ist, kann es durch die Position und Lagerung auf dem OP-Tisch zu Nervenbeschädigungen kommen. Am meisten trifft das die Arme und Unterschenkel. Zur Folge kann es zu einem leichten Kribbelempfinden, Wärmeempfindungsstörungen oder im schlimmsten Fall zu vollständigen Lähmungen kommen. Mit einer gepolsterten Lagerung versucht man diese Druckstellen zu vermeiden.
1. Kretz F.-J., Schäffer, J.: Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Schmerztherapie, Springer Medizin Verlag, 5. Auflage, 2008
2. T. Ziegenfuß : Checkliste Notfallmedizin, Thieme (Verlag), 3. Auflage, 2005
3. Anästhesie allgemein, www.anaesthesisten-im-netz.de (Abrufdatum: 18.05.2020)
4. Narkose, www.anaesthesieintensivmedizin.charite.de (Abrufdatum: 18.05.2020)