Wissenschaftliches Arbeiten in der Medizin: Nicht nur als wissenschaftlich tätige Ärztin/tätiger Arzt besteht eine Notwendigkeit mit der Auseinandersetzung medizinischer Literatur, sondern auch Studierende der Humanmedizin werden früher oder später in ihrem Studium damit konfrontiert. Wie schreibt man ein wissenschaftliches Paper? Anbei eine systematische Schreibanleitung als Hilfestellung im folgenden Beitrag zum Nachlesen.
Inhalt
- Was ist ein wissenschaftliches Paper?
- Wissenschaftliches Arbeiten im Medizinstudium: Workshops und Lehrveranstaltungen
- Schreibanleitung
- Stärkere Verankerung der Wissenschaftlichkeit im Medizinstudium
Was ist ein wissenschaftliches Paper?
Mit einem wissenschaftlichen Artikel, im Jargon häufig nur als „Paper“ bezeichnet, publizieren WissenschaftlerInnen Forschungsergebnisse an ein Fachpublikum, möglichst in renommierten Zeitschriften. Für Medizinerinnen und Mediziner, die eine wissenschaftliche Karriere in der Forschung einschlagen möchten, ist die Länge der Publikationsliste besonders entscheidend. Mit wissenschaftlichen Veröffentlichungen wird die fachliche Kompetenz präsentiert und je öfter man mit der Publikation zitiert wird, desto höher der sogenannte „personal impact factor“; der Ausweis für ein gutes Forschungsprofil.
Ob das Wissenschaftliche Publizieren eine Pflicht ist oder lediglich eine Kür, ist wohl abhängig vom Werdegang. Denn nicht alle Nachwuchsmedizinerinnen und -mediziner haben ernsthafte Absichten wissenschaftlich zu arbeiten. Dies liegt möglicherweise auch daran, dass an vielen medizinischen Fakultäten die Rahmenbedingungen für eine fundierte wissenschaftliche Ausbildung noch nicht ausreichend geschaffen bzw. etabliert sind.
Wissenschaftliches Arbeiten im Medizinstudium: Workshops und Lehrveranstaltungen
Im Medizinstudium werden – insbesondere zur Vorbereitung auf eine hochwertige Promotion – Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens vermittelt und das strukturierte Vorgehen zum Schreiben eines wissenschaftlichen Papers behandelt. In Abhängigkeit von der jeweiligen Universität können die Angebote hierfür variieren: An manchen Hochschulen steht den Studierenden, die sich strukturiert auf ihre Promotion vorbereiten wollen und/oder allgemein mehr über wissenschaftliches Arbeiten lernen wollen, eine Teilnahme an einer derartigen Veranstaltung offen und kann freiwillig als Wahlfach gewählt werden.
An anderen Hochschulen wiederum ist die Teilnahme verpflichtend und als Lehrveranstaltung fest im Medizinstudium integriert. Anschließend erfolgt eine Leistungsüberprüfung in Form einer Klausur oder der Abgabe eines selbst verfassten Papers.
Folgende inhaltliche Themen werden unter anderem in Workshops und Lehrveranstaltungen behandelt:
- Literaturformen: Formen wissenschaftlicher Literatur
- Recherche: Wie man ein Paper findet, Vermittlung von Kenntnissen für die Durchführung von Literaturrecherchen
- Tipps für das Lesen wissenschaftlicher Texte: Einführung in das selektive Lesen sowie das Verstehen und Bewerten wissenschaftlicher Publikationen
- Tipps zum Schreiben wissenschaftlicher Texte: der richtige Schreibstil, Besonderheiten mathematischer Texte, Gliederung und Aufbau eines wissenschaftlichen Artikels
Schreibanleitung
Nun folgen einige Tipps zum Schreiben wissenschaftlicher Texte, die jedoch lediglich eine Hilfestellung bieten. Es gibt nicht die Schreibanleitung, als Garant dafür, dass ein Paper tatsächlich herausragend wird, aber eine Schreibanleitung kann dazu beitragen, zukünftig leichter den roten Faden beizubehalten und dem Paper Struktur zu verleihen.
Zielsetzungen eines Papers
Zunächst ist es wichtig, ein grobes Konzept für das Verfassen des Papers zu erstellen. Folgende Fragestellung sollte man berücksichtigen: „Was erwartet die Leserin/der Leser von dem Text?“
Nach Möglichkeit sollte der Text:
- verständlich sein
- keine irrelevanten Details enthalten
- Inhalte korrekt darstellen
- angenehm strukturiert sein
- zentrale Aussagen präzise formulieren
- die Leserschaft für den Inhalt begeistern
Um ein Gefühl für den richtigen Schreibstil gewinnen zu können, wird empfohlen, andere erfolgreiche und vielzitierte Arbeiten aus demselben Fachbereich zu lesen – daraus kann eine grobe Struktur für den Schreibstil des eigenen Papers geschaffen werden.
Aus dem Paper sollte hervorgehen:
- auf welchen bisherigen Erkenntnissen das Forschungsprojekt beruht
- warum dieses Projekt von besonderem Interesse sein könnte
- welche Probleme oder Fragestellung sich daraus ergeben
- welche Hypothese(n) sich aus der Studie herleiten
- welches Material und welche Untersuchungsmethode/n angewandt und umgesetzt wurden, um ein definiertes Problem zu lösen/erarbeiten
- welche Ergebnisse sich aus der Arbeit ergeben
- eine Diskussion der Ergebnisse und ein Vergleich mit den Ergebnissen anderer Studien aus demselben Bereich
- ein Fazit mit Schlussfolgerung und Denkanstößen für weitere wissenschaftliche Arbeiten auf diesem Gebiet
Datenbankrecherche
Wo findet man wissenschaftliche Artikel?
Die Nutzung von Zeitschriftendatenbanken und Metadatenbanken dient dazu, aktuelle wissenschaftliche Studien zu lesen, die aus demselben Fachbereich des eigenen Papers kommen. Diese Studien können dann auch in das eigene Paper als thematischer Hintergrund oder Vergleich eingearbeitet werden.
Folgende Datenbanken sind unter anderem zu nennen:
Literaturverwaltungsprogramme
Literaturverwaltungsprogramme dienen dazu, die für die wissenschaftliche Arbeit genutzten Literaturquellen, systematisch zu ordnen, um die Zitate besser einzufügen. So erspart man sich die Mühe des Zitierens von Hand. Mit einem Zitierprogramm genügt lediglich ein Klick.
Zu den bekanntesten Zitierprogrammen gehören:
- Entnote
- Citavi
- Zotero
Richtiges Zitieren
Auch Zitierregeln müssen eingehalten werden. Wie im Literaturverzeichnis richtig zitiert wird und wie genau in einem Text auf Zitate verwiesen werden soll, ist sowohl für das Verfassen eines wissenschaftlichen Artikels als auch für die Dissertationsarbeit entscheidend. Dieses Poster, zusammengestellt durch Lehmanns Media in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Michael Trimmel (Universität Wien) bietet Hilfestellung.
Aufbau eines wissenschaftlichen Artikels
Es lohnt sich, ein grobes Konzept für den ersten Entwurf zu erstellen. Anbei zum besseren Überblick die strukturierte Gliederung eines Papers:
- Titel
- Authors: Autor und Koautoren, Kontaktadressen
- Abstract: Kurzdarstellung des Inhalts, die die Hauptthesen und Ergebnisse in sehr kurzer, prägnanter Form wiedergibt und die wesentlichen Kernaussagen des Papers zusammenfasst
- Introduction: Verständliche Einführung in das Thema (dieser Abschnitt zählt als wichtiger Abschnitt, da sich hier entscheidet, ob man das Paper liest)
- Material and Methods
- Results
- Discussion: Interpretation der Ergebnisse, weitere Fragen, Vergleich zu anderen Arbeiten
- Conclusion: Fazit
- Acknowledgements: Dankworte an Personen, die indirekt an der Erstellung mitgewirkt haben
- References: Liste der zitierten Publikationen
Kernstück eines Papers: Die Diskussion der Ergebnisse
Die Diskussion bildet das eigentliche Kernstück einer wissenschaftlichen Arbeit. Nachdem man Einleitung, Material und Methoden sowie den Ergebnisteil lediglich als eine Art Beschreibung betrachten kann, erfolgt mit der Diskussion die Bewertung der Daten. Hier werden die Ergebnisse interpretiert, woraus sich sowohl Schlussfolgerungen als auch weitere Fragen ergeben können. Im Idealfall folgt eine Gegenüberstellung mit anderen Literaturergebnissen – sofern vorhanden – bzw. der Vergleich zu anderen Studien.
Auf folgende Fragen können im Diskussionsteil Antworten gegeben werden:
- Sind Übereinstimmungen zu erwarten?
- Wie sind Abweichungen zu erklären?
- Was bedeuten die neuen Erkenntnisse?
Es werden Begründungen geliefert und Kontroversen aufgedeckt. Wichtig ist es, abfällige Rundumschläge zu vermeiden. Die Diskussion dient dazu, die am Ende des Einleitungsteils aufgeworfenen Fragen in Bezug auf die Ergebnisse, zu erörtern. Am Ende des Diskussionsteils sollte man ein Fazit verfassen (siehe Aufbau eines wissenschaftlichen Artikels).
Stärkere Verankerung der Wissenschaftlichkeit im Medizinstudium
Im Hinblick auf die wissenschaftliche Ausbildung im Medizinstudium stellt der Hartmannbund, der Verband Ärzte Deutschlands, die Forderung einer stärkeren Verankerung der Wissenschaftlichkeit, mit der Begründung, dass nur so allen Medizinstudierenden gleichermaßen die Möglichkeit gegeben wird, eine grundlegende wissenschaftliche Kompetenz zu entwickeln, damit alle auf dem gleichen Wissensstand sind.