Die Digitalisierung im Gesundheitswesen hat enormes Potenzial, denn sie bietet die ...

Wie schätzen die Deutschen ihren Gesundheitszustand ein? Wie häufig gehen sie zum Arzt? Wo sehen sie die größten Herausforderungen für das deutsche Gesundheitssystem? Diesen und weiteren Fragen geht die Versichertenbefragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) nach. Im März 2020 hat die Forschungsgruppe Wahlen Telefonfeld GmbH im Auftrag der KBV insgesamt 2.036 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger befragt. Die Versichertenbefragung fiel damit genau mit der beginnenden Hochphase der Corona-Pandemie zusammen. Die Ergebnisse spiegeln dies zum Teil bereits wider.
Gesundheitszustand: 32 Prozent der Versicherten geht es “ausgezeichnet”
Die KBV ist die Dachorganisation der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen in Deutschland. Ihre regelmäßig durchgeführte Versichertenbefragung ist repräsentativ für die erwachsene, Deutsch sprechende Bevölkerung und berücksichtigt sowohl die Erfahrungen der gesetzlich Versicherten als auch der privat Versicherten.
Unter anderem wollte die KBV wissen, wie die deutschen Krankenversicherten ihren Gesundheitszustand einschätzen. 38 Prozent der Befragten geht es nach eigenen Angaben “ausgezeichnet”. 22 Prozent beschreiben ihren Gesundheitszustand als “sehr gut”, 46 Prozent als “gut”. Als “weniger gut” bezeichnen elf Prozent ihren Gesundheitszustand, fünf Prozent als “schlecht”.
Die Mehrheit der Befragten erfreut sich also grundsätzlich guter Gesundheit. Dennoch sind 44 aller Umfrageteilnehmer von einer chronischen Erkrankung betroffen, 40 Prozent der Männer und 48 Prozent der Frauen.
Wie häufig gehen die Deutschen zum Arzt?
Die Teilnehmer wurden auch danach gefragt, ob sie in den vergangenen zwölf Monaten einen Hausarzt oder Facharzt aufgesucht haben. 81 Prozent der Befragten beantworten diese Frage mit “ja”. Dieser Wert liegt unter dem Durchschnittsniveau aller Versichertenbefragungen seit 2006.
37 Prozent der Befragten gingen ausschließlich zum Hausarzt. 16 Prozent konsultierten einen Facharzt, 47 Prozent besuchten sowohl einen Hausarzt als auch einen Facharzt. Besuche beim Zahnarzt oder Krankenhausaufenthalte wurden dabei nicht berücksichtigt.
Ob jemand eine ärztliche Behandlung in Anspruch nimmt, hängt unter anderem vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand ab. So suchten 87 Prozent aller Frauen, aber nur 75 Prozent der Männer eine Praxis auf. Unter den Männern zwischen 18 und 34 Jahren ist der Anteil derjenigen, die einen Arzt konsultiert haben, am geringsten (66 Prozent). Am höchsten ist er bei Frauen zwischen 60 und 79 Jahren (88 Prozent).
Arztkontakt bei Arztbesuchen
Wer zum Arzt geht, lässt sich dort nicht unbedingt behandeln. Einige Patienten holen nur ein Rezept ab oder kommen zur Blutabnahme vorbei. Die Versichertenbefragung berücksichtigt daher auch, ob die Befragten bei ihren Praxisbesuchen tatsächlich Arztkontakt hatten.
Das war bei 80 Prozent der Befragten der Fall. 16 Prozent hatten nur mit dem Praxispersonal Kontakt. Im Vergleich zu vorangegangenen Jahren wird hier ein deutlicher Rückgang der Arztkontakte sichtbar. Im Jahr 2006 hatten noch 88 Prozent der Befragten Kontakt zum Arzt, 2019 waren es 85 Prozent. Dieser Rückgang könnte bereits im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen. Um Ansteckungsgefahr zu vermeiden, haben sich sowohl Ärzte als auch Patienten darum bemüht, direkten Kontakt zu vermeiden.
Gründe für Arztbesuche
Aus diesen Gründen suchen die Deutschen einen Arzt auf:
Grund | Angabe |
aktuelles Problem (akute Schmerzen oder Grippe) | 47 % |
chronische Krankheit | 22 % |
Vorsorgeuntersuchung oder Impfung | 23 % |
sonstige Gründe | 8 % |
Im Vorjahr suchten noch 51 Prozent der Befragten ihren Arzt aufgrund von akuten Beschwerden auf. Der Rückgang könnte ebenfalls mit der Corona-Pandemie im Zusammenhang stehen. Eventuell verzichten Patienten aus Sorge vor einer Ansteckung darauf, bei leichten akuten Problemen zum Arzt zu gehen.
Wie lange müssen Patienten auf einen Termin warten?
Wer einen Termin in einer Praxis wünscht, bekommt diesen nicht immer sofort. Wie lange mussten Patienten in den vergangenen zwölf Monaten auf einen Termin warten?
Grund | Angabe |
keine Wartezeit bzw. ohne Termin | 49 % |
3 Tage Wartezeit | 16 % |
Mehr als drei Tage in der Zukunft | 31 % |
Für einen Termin beim Facharzt fallen dabei längere Wartezeiten an als für einen Termin beim Hausarzt.
Wartezeiten in der Praxis
Ob mit oder ohne Termin: In der Praxis ist man nicht immer sofort an der Reihe. So lange mussten Patienten in der Praxis warten:
Mehrheit der Befragten hat ein gutes Vertrauensverhältnis zu ihrem Arzt
Die Mehrheit aller Versicherten beschreibt das Vertrauensverhältnis zu ihrem Arzt als “gut” (38 Prozent) oder sogar “sehr gut” (53 Prozent). Fünf Prozent der Befragten haben ein “weniger gutes” Verhältnis zu ihrem Arzt, ein Prozent bezeichnen das Vertrauensverhältnis als “überhaupt nicht gut”. Unter den Befragten mit nach eigenen Angaben weniger gutem Gesundheitszustand ist der Anteil mit einem getrübten Vertrauensverhältnis zu ihrem Arzt am größten (10 Prozent).
Herausforderungen für das Gesundheitssystem
Demografischer Wandel, Pflegekräftemangel, Digitalisierung – wo sehen die Befragten die größten zukünftigen Herausforderungen für das Gesundheitssystem und die Gesundheitsversorgung?
Herausforderung | Angabe |
Ärztemangel | 14 % |
Mangel an Pflegekräften/Personal im Gesundheitswesen | 12 % |
Coronavirus-Pandemie | 12 % |
Überalterung der Gesellschaft | 7 % |
mangelnde Infrastruktur | 5 % |
Kosten | 4 % |
Wartezeiten/ Verfügbarkeit von Terminen | 3 % |
Technik/ Digitalisierung | 3 % |
Kampf gegen Krebs und Herzerkrankungen | 2 % |
Medikamente/ Medikation | 2 % |
Sonstiges | 10 % |
26 Prozent der Befragten machten keine Angaben.
18 Prozent der Versicherten nutzen Gesundheits-Apps
Gesundheits-Apps für das Smartphone sollen ihre Nutzer bei der Vorsorge unterstützen und mit Informationen zu gesundheitlichen Themen versorgen. Bei den Versicherten gewinnen diese Apps immer mehr an Beliebtheit. Mittlerweile benutzen bereits 18 Prozent der Befragten entsprechende Programme. 66 Prozent haben keine Apps zum Thema Gesundheit installiert, 16 Prozent der Befragten besitzen kein Smartphone.
Unter den Befragten, die Gesundheits-Apps installiert haben, nutzen 31 Prozent Programme mit informierendem Charakter. Zwölf Prozent verwenden Apps zur Überwachung und Kontrolle von Krankheiten, zehn Prozent nutzen Apps zur Arztsuche.
Eine Mehrheit der Versicherten wünscht sich dabei einheitliche Qualitätsstandards und Zertifizierungen für Gesundheits-Apps. Solche Standards sind auch zwei Dritteln der Befragten wichtig, die derzeit noch keine Gesundheitsprogramme auf dem Handy nutzen.
Was denken Patienten über die Digitalisierung im Gesundheitswesen?
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen schreitet voran. Wie denken die Patienten darüber? 51 Prozent glauben, dass die Digitalisierung für sie eher Vorteile bringt. 14 Prozent sehen überwiegend Nachteile, 25 Prozent schätzen, dass die Digitalisierung auf sie als Patienten keinen großen Einfluss haben wird. Rund zehn Prozent der Befragten, vor allem ältere Versicherte, wollen die Folgen der Digitalisierung nicht abschätzen.
Die KBV fragte auch danach, welchen Einfluss die Digitalisierung auf das Verhältnis zwischen Arzt und Patienten haben wird. Nur 14 Prozent der Befragten glauben, dass sich die Arzt-Patienten-Beziehung bessern wird. 39 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung. Weitere 39 Prozent gehen davon aus, dass die Digitalisierung keine direkten Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Arzt und Patient nehmen wird.
KI im Gesundheitswesen stehen viele Versicherte skeptisch gegenüber
Während die Digitalisierung im Gesundheitswesen auf Zuspruch stößt, steht der Großteil der Befragten dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im Gesundheitsbereich eher skeptisch gegenüber. KI soll das Pflegepersonal bei der Arbeit unterstützen. Ein Beispiel sind Pflegeroboter, die sich in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen etwa um die Aufnahme von Patienten und die Medikamentenverteilung kümmern oder Demenzkranken Gesellschaft spenden.
Nur 24 Prozent der Befragten finden den Einsatz von KI im Gesundheitswesen “eher gut”. 69 Prozent halten ihn für “eher schlecht”. Sieben Prozent machten keine Angaben.
1. Versichertenbefragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung 2020, www.kbv.de (Abrufdatum: 14.08.2020)