
Die Geburtenrate bewegt sich in Deutschland seit Jahren auf einem niedrigen Niveau. Gleichzeitig steigt das Durchschnittsalter der Erstgebärenden. Das zeigen die Auswertungen des Statistischen Bundesamts Wiesbaden. Im Jahr 2019 waren Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes im Durchschnitt 30,1 Jahre alt. Welche Ursachen liegen hinter diesem Trend zur späten Geburt? Und wie steht Deutschland im EU-Vergleich da?
Geburtenrate liegt bei 1,54 Kindern pro Frau
Laut Statistischem Bundesamt kamen in Deutschland im vergangenen Jahr rund 778.100 Babys zur Welt. Das sind etwa 9.400 weniger als im Vorjahr, ein Rückgang um 1,2 Prozent. Die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau lag bei 1,54 Kindern. Im Jahr 2018 waren es noch 1,57 Kinder. Allerdings war die Geburtenrate auch schon einmal deutlich niedriger: Im Jahr 1994 lag sie bei nur 1,24 Kindern pro Frau. Die Statistiker sprechen daher nicht von einem Abwärtstrend bei den Geburtenzahlen, sondern von einer Seitwärtsbewegung.
Erstes Kind im Durchschnitt mit 30,1 Jahren
Eine eindeutige Entwicklung gibt es dagegen beim durchschnittlichen Alter der Erstgebärenden. Das steigt seit Jahren kontinuierlich an. Im Jahr 2019 waren Mütter bei der Geburt ihres ersten Kindes im Schnitt 30,1 Jahre alt. Zehn Jahre zuvor betrug das Durchschnittsalter bei der ersten Geburt noch 28,8 Jahre. Blickt man weiter zurück, wird die Entwicklung noch deutlicher. In den 1970er Jahren waren Frauen in Westdeutschland bei ihrer ersten Geburt im Schnitt 25 Jahre alt, in der DDR 22 Jahre.
Wer damals mit über 35 Jahren sein erstes Kind bekam, galt als absolute Ausnahme. Das hat sich mittlerweile geändert. Dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) zufolge nimmt vor allem die Zahl der Erstgebärenden im Alter zwischen 35 und 40 Jahren immer weiter zu. Einige Frauen bekommen ihr erstes Kind sogar mit über 40 Jahren.
Unterschiede zwischen den Bundesländern
Bei der Geburtenrate gibt es nur geringe Unterschiede zwischen den Bundesländern. Diese ging im vergangenen Jahr in 14 von 16 Bundesländern zurück. Lediglich in Bayern und Bremen blieb sie auf dem Vorjahresniveau von 1,55 bzw. 1,60 Kindern pro Frau.
Anders sieht es beim Alter der Erstgebärenden aus. Sachsen-Anhalt liegt deutlich unter dem Durchschnitt. Hier bringen Frauen ihr erstes Kind im Schnitt mit 28,9 Jahren zur Welt. Am ältesten sind Erstgebärende in Hamburg, mit 31,2 Jahren. Ähnlich sieht es in anderen Großstädten aus, etwa in Stuttgart und Frankfurt, und in großen Universitätsstädten. Das BiB führt dies auf den hohen Anteil an Akademikerinnen zurück, die in diesen Städten leben. Akademikerinnen bringen ihr erstes Kind oft besonders spät zur Welt. Das Durchschnittsalter der Erstgebärenden liegt in dieser Bevölkerungsgruppe bei 32 Jahren. Mehr als die Hälfte der Akademikerinnen ist zudem mit 35 Jahren noch kinderlos.
Deutschland im EU-Vergleich
Wie steht die Geburtenrate in Deutschland im EU-weiten Vergleich da? Dem Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) zufolge lag Deutschland 2018 mit einer Geburtenrate von 1,57 Kindern im Mittelfeld auf Platz 13.
Die höchste Geburtenrate verzeichnet Frankreich mit 1,88 Kindern je Frau. Auf Platz 2 folgt Schweden mit 1,76 Kindern. Die niedrigste Geburtenrate vermeldet Malta, mit 1,23 Kindern je Frau.
Was das Alter zum Zeitpunkt der ersten Geburt betrifft, liegt Deutschland im EU-Vergleich auf Platz 9. Am ältesten sind erstgebärende Frauen in Italien, die ihr erstes Kind im Durchschnitt mit 31,2 Jahren zur Welt bringen. Am jüngsten sind Erstgebärende in Bulgarien, mit 26,2 Jahren.
Gründe für den Trend zur späten Geburt
Welche Gründe gibt es für den Trend zur späten Geburt? Viele Paare möchten zunächst finanzielle Sicherheit schaffen, bevor sie Nachwuchs planen. Der Berufseintritt hat sich in den vergangenen Jahren nach hinten verschoben. Das gilt insbesondere für Akademiker. Bis junge Menschen im Berufsleben Fuß gefasst und ein finanzielles Polster aufgebaut haben, sind sie oft schon über 30 Jahre alt.
Hinzu kommt, dass sich für junge Mütter die Rückkehr ins Berufsleben schwierig gestaltet. Eine frühe Elternschaft wird auf dem Arbeitsmarkt häufig bestraft. Auch fehlende oder zu teure Kinderbetreuungsplätze machen jungen Müttern den Wiedereinstieg in den Beruf oft schwer.
1. Geburtenziffer 2019 auf 1,54 Kinder je Frau gesunken, www.destatis.de (Abrufdatum: 18.08.2020)
2. Durchschnittsalter der Mutter bei der Geburt und bei der Geburt des ersten Kindes, www.ec.europa.eu (Abrufdatum: 18.08.2020)