
Triggerwarnung
Dieser Artikel behandelt das Thema Suizid und psychische Belastungen im medizinischen Beruf. Falls Du oder jemand in Deinem Umfeld Hilfe benötigen, wende Dich bitte an eine professionelle Beratungsstelle. Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern lauten 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222.
Suizid unter Ärzten ist ein oft unterschätztes aber dennoch gravierendes Problem. Der aktuelle Medscape Physician Suicide Report 2025 zeigt, dass mindestens jeder sechste Arzt bereits suizidale Gedanken hatte oder schon einen Suizidversuch unternommen hat. Für die Datenerhebung wurden 5.741 vollzeitbeschäftigte US-amerikanische Ärzte befragt. In Deutschland sieht die Lage kaum anders aus. Besonders alarmierend hebt der Bericht hervor, dass nach einem kurzzeitigen Rückgang in den Jahren nach der COVID-19-Pandemie die Zahlen wieder steigen. Dies verdeutlicht die anhaltend hohe psychische Belastung für Beschäftigte im Gesundheitswesen.
Inhaltsverzeichnis
Gründe für die erhöhte Suizidgefahr bei Ärzten
Ein Großteil der befragten Ärzte sieht den Druck des Berufs als eine wesentliche Ursache für suizidale Gedanken. Ähnliche Erkenntnisse finden sich auch in deutschen Studien. Assistenzärzte sind besonders betroffen: Bis zu 31 Prozent der Assistenzärzte im ersten Berufsjahr zeigen depressive Symptome. Das sind mehr als doppelt so viele Fälle, wie in der gleichaltrigen Allgemeinbevölkerung. Weitere Studienergebnisse:
- hoher Arbeitsdruck, unzählige Überstunden lange Arbeitszeiten und emotionale Anforderungen führen zu Erschöpfung und Burnout
- viele Mediziner vermeiden es, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, da sie berufliche Nachteile oder gesellschaftliche Stigmatisierung befürchten
- Verfügbarkeit von Medikamenten sowie hoher Stress begünstigen Suchtverhalten, was das Suizidrisiko erhöht
- besonders hohes Risiko bei Notfallmedizinern, Psychiatern und Anästhesisten
- Ärzte übernehmen hohe Verantwortung und erfahren dabei kaum Unterstützung von Außen
- Übergriffige Forderungen, mangelnde Abgrenzung und die Erwartung ständiger Verfügbarkeit seitens vieler Patienten, treiben viele Ärzte an den Rand ihrer Belastbarkeit
Suizidgefahr bei Ärzten – Lage in Deutschland
Studien zeigen, dass die Suizidrate bei Ärzten bis zu 5,7-mal höher ist als in der allgemeinen Bevölkerung. Besonders betroffen sind Anästhesisten und Psychiater.
Die Zahlen verdeutlichen die Notwendigkeit eines strukturellen Umdenkens in der Medizin. Zwar sind die Suizidraten im Gesundheitssektor in den letzten Jahrzehnten leicht zurückgegangen, doch bleiben insbesondere Ärztinnen weiterhin stark gefährdet. Laut aktuellen Erhebungen ist das Suizidrisiko für Ärztinnen überdeutlich höher als in der allgemeinen weiblichen Bevölkerung.
Handlungsbedarf und Prävention
Der Medscape-Bericht verdeutlicht erneut, wie schwerwiegend das Thema Suizidalität im ärztlichen Beruf imponiert. Internationale Studien und Metaanalysen schlagen bereits seit Jahren Alarm. Dennoch geschieht im Bereich der Prävention weiterhin zu wenig.
Einige deutsche Universitäten haben begonnen ihre Medizinstudierenden auf die künftigen psychischen Herausforderungen des Arztberufes vorzubereiten. Im Rahmen von Seminaren und Vorlesungen können junge Mediziner somit einen Eindruck gewinnen, was nach dem Studium auf sie zukommen kann und wie es ihnen gelingen kann, sich selbst zu schützen.
Außerdem kommt ganz langsam Bewegung in den Bereich der Sekundärprophylaxe, bei der es darum geht, approbierte Ärzte psychologisch während der Berufsausübung zu unterstützen.
Notwendige Maßnahmen:
- Krankenhäuser und Praxen müssen gezielt Programme zur Stressbewältigung und Resilienzstärkung anbieten
- Psychische Probleme dürfen nicht länger ein Tabuthema sein
- vertrauliche und für Mediziner leicht zugängliche Beratungsstellen müssen gefördert werden
- Arbeitszeitrecht muss konsequenter umgesetzt werden
- strukturelle Reformen sind notwendig, um Arbeitsbelastung zu senken und eine gesunde Work-Life-Balance zu ermöglichen
Suizidgefahr bei Ärzten – Fazit
Der neue Medscape-Report macht erneut deutlich, dass der Suizid unter Ärzten weiterhin ein ernstzunehmendes Problem darstellt. Die Lage in Deutschland ist nicht anders. Besonders gefährdet sind Anästhesisten und Medizinerinnen. Psychische Belastungen, hohe Arbeitsintensität und fehlende Unterstützungssysteme sind zentrale Faktoren.
Politik und Arbeitgeber sind besonders in der Pflicht. Es braucht mehr als bloße Lippenbekenntnisse – es mangelt an konkreten Präventionsmaßnahmen und Änderungen. Die medizinische Arbeitskultur muss gesamtgesellschaftlich neu gedacht werden, um das Gesundheitssystem in seiner derzeitigen Existenz nicht weiter zu belasten.










