
In den USA bekommt man es bereits: das teuerste Medikament Zolgensma kostet pro Spritze 2,1 Millionen Dollar. Dabei benötigt es nur diese eine, um die seltene Krankheit Spinale Muskelatrophie (SMA) zu heilen. Aus diesem Grund möchte der Hersteller Novartis nun 100 Dosen des Medikaments für todkranke Kleinkinder verlosen. Ist dieser “hohe” Gewinn ethisch vertretbar?
Spinale Muskelatrophie endet tödlich
Die teure Spritze soll der tödlich endenden Krankheit SMA entgegenwirken: bei der Spinalen Muskelatrophie handelt es sich um eine fortschreitende neuromuskuläre Erkrankung. Bei SMA erfolgt eine Schädigung der Nervenzellen, welche für die Steuerung der Muskelbewegungen verantwortlich sind.
Dies führt zu einem voranschreitenden Verlust der Zellen, wodurch die Betroffenen mit einer stärker werdenden Muskelschwäche, einem Muskelschwund sowie Lähmungserscheinungen zu kämpfen haben. Darüber hinaus beschädigt sie die Funktion anderer Organe wie das Herz und den Verdauungstrakt. Auch die Atemmuskulatur ist betroffen – dies endet tödlich.
Die Krankheit trifft etwa ein Kind von 10.000 Neugeborenen und ist die am meisten auftretende erbliche Krankheit mit Todesfolge im Säuglingsalter. Die Diagnose findet meist im frühen Kindesalter statt.
Forderung nach Härtefallprogramm
Doch gegen SMA gibt es bereits das zugelassene und wirksame Medikament namens Spinraza, welches zur Behandlung gegen SMA eingesetzt wird. Das Problem liegt jedoch darin, dass eine Spritze ins Rückenmark damit jeden 4. Monat notwendig ist. Außerdem treten bei dieser unangenehmen Therapiemethode häufig Nebenwirkungen wie Kopf- und Rückenschmerzen sowie Erbrechen auf.
Im Kontrast dazu soll eine Spritze des neuen Medikaments ausreichen, um die Krankheit zu heilen. Aus diesem Grund wird argumentiert, dass das neue Medikament für Kinder unter zwei Jahren besser als Spinraza sei. Deswegen fordern Eltern der erkrankten Kinder Zolgensma, weswegen das Gesundheitsministerium sowie die Krankenkassen Novartis aufforderten, in Deutschland ein Härtefallprogramm aufzulegen.
Novartis möchte 100 Dosen des Medikaments verlosen
Nun soll laut dem Hersteller des begehrten Medikaments das Programm weltweit beginnen. Bis zum Juni 2020 sollen erstmals 50 Dosen bereitgestellt werden, bis zum Jahresende 100 Dosen. Die Verlosung hat bereits begonnen und findet alle zwei Wochen erneut statt.
Inwieweit deutsche Kinder von dem eingeführten Härtefallprogramm profitieren, bleibt allerdings unklar. Obwohl es seitens Novartis hieß, dass Chancengleichheit bestehe, würde sich das Programm trotzdem an die Betroffenen richten, welche sonst keinen Zugang zu einer SMA-Behandlung haben.
Da es in Deutschland das zugelassene Medikament Spinraza bereits gibt, trifft das auf Deutschland nicht zu. Der Hersteller versuche dennoch, spezifisch für Deutschland eine Lösung zu finden und das Land einzubinden.
Kritik an Medikamentenverlosung
Die Krankenkassen üben jedoch Kritik an dem Vorgehen des Pharmakonzerns und bezeichnen die Medikamentenverlosung als “Glücksspiel”. Ärzte kritisieren hingegen allgemein die Aufregung, welche in den Medien hinsichtlich Zolgensma verbreitet sei, als undifferenziert und irreführend.
Sechs Universitätsmediziner tadelten demnach den Beschluss einzelner Krankenkassen, das teure Medikament zu bezahlen. Die Entscheidung für die Kostenübernahme würde demzufolge nicht auf wissenschaftlicher Erkenntnis basieren, sondern könne mit höherer Wahrscheinlichkeit auf den Druck in der Öffentlichkeit zurückzuführen sein.