
Nach zähen Verhandlungen haben sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Bundesländer auf die Eckpunkte zur Krankenhausreform geeignet. Wesentliche Änderungen sind für die Finanzierung der Krankenhäuser geplant, außerdem soll nach der Sommerpause eine Transparenz-Initiative angestoßen werden, um Patienten/-innen besser über die Versorgungsqualität in den Einrichtungen zu informieren. Eine vorgeschaltete Finanzspritze für die Kliniken lehnte Lauterbach jedoch ab. Hier gibt es die wichtigsten Punkte der Reform im Überblick.
Die Eckpunkte im Überblick
Die nun vereinbarten Eckpunkte dienen als Grundlage für einen Gesetzesentwurf, der über den Sommer hinweg erarbeitet und anschließend ins parlamentarische Verfahren eingebracht wird. Nach Verabschiedung des Gesetzes soll die Wirkung der Reform fortlaufend evaluiert werden. Folgend die Eckpunkte im Einzelnen.
Vergütungssystem: Vorhaltebudgets statt DRG-Fallpauschalen
Das bislang geltende Vergütungssystem nach DRG-Fallpauschalen (Diagnosis-Related-Groups-Fallpauschalen) wurde vor 20 Jahren unter Mitwirkung Lauterbachs eingeführt. Die Fallpauschalen sollten den Kliniken einen Anreiz bieten, wirtschaftlicher zu arbeiten. In der Praxis funktionierte das aber nicht: Die Kosten blieben hoch und Kliniken rutschen in die Insolvenz. Die Krankenhausreform sieht nun vor, die DRG-Fallpauschalen durch sogenannte Vorhaltepauschalen abzulösen. Die Kliniken erhalten Geld für das Angebot bestimmter Leistungen, selbst, wenn diese Leistungen nicht laufend erbracht werden. Das neue Finanzierungssystem soll den ökonomischen Druck verringern, zum Bürokratierabbau beitragen und mehr Sicherheit und Qualität in der medizinischen Versorgung gewährleisten.
Genauer definierte Leistungsgruppen mit eindeutigen Qualitätsvorgaben
Als Basis für die Finanzierung durch die Krankenkassen sollen an den Kliniken genauer definierte Leistungsgruppen geschaffen werden, etwa „Kardiologie“ statt allgemein „Innere Medizin“ Grundlage bilden die bereits in Nordrhein-Westfalen eingeführten Leistungsgruppen plus fünf zusätzliche Leistungsgruppen: Notfallmedizin, spezielle Traumatologie, Infektiologie, spezielle Kinder- und Jugendmedizin sowie spezielle Kinder- und Jugendchirurgie. Für alle Leistungsgruppen sollen bundeseinheitlich geltende Qualitätskriterien ausgearbeitet werden, unter anderem für Ausstattung, Personal und Behandlungserfahrung. So soll etwa eine Klinik nur dann Leistungen im Bereich Kardiologie anbieten dürfen, wenn sie über ausreichend Fachpersonal und Intensivbetten verfügt. Bis zur Definition der Qualitätskriterien gilt eine Übergangsphase, während der die Vorhalteanteile 60 Prozent der DRG-Vergütung betragen.
Mehr Transparenz für Patienten/-innen
Der Bund plant, nach der Sommerpause ein „Transparenzgesetz“ vorzulegen. Darin soll festgelegt werden, dass Patienten/-innen Daten zur Behandlungsqualität aller Leistungsgruppen in allen Kliniken transparent einsehen können. Als Startdatum für die Transparenz-Offensive wurde der 1. Januar 2024 festgelegt.
Keine kurzfristige Finanzspritze für Kliniken
Die Länder forderten zusätzlich eine sofortige Finanzspritze zum Inflationsausgleich. Lauterbach lehnte diese Forderung aber zunächst ab. Weitere finanzielle Hilfen würden geprüft, er könne den Kliniken mit Blick auf die Haushaltslage aber keine Hoffnungen machen, so der Gesundheitsminister. Bis die Reform wirke, würden so noch einige Häuser in die Insolvenz gehen müssen.
Das befürchtet auch Gerald Gaß, Vorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Er warnt, dass Deutschland kurz vor einem Krankenhaussterben stehe. Er begrüßt zwar, dass sich Bund und Länder auf Eckpunkte zur Krankenhausreform einigen konnten, kritisiert aber den mangelnden Inflationsausgleich. Im Eckpunktepapier blieben zudem viele Punkte zu undefiniert und müssten noch genauer geprüft werden.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) schließt sich diesen Kritikpunkten an und bemängelt vor allem die fehlende Verpflichtung der Länder, die Investitionskosten zu finanzieren. Der Verband mahnt, dass die Reform nicht zu Lasten der Beitragszahlenden gehen dürfte.
Weitere Kritik aus Verbänden und Gewerkschaften
Weitere Kritik am Reformvorhaben kommt aus der Ärztegewerkschaft Marburger Bund. Der Vorsitzenden Susanne Johna zufolge reicht eine einfache Umverteilung der vorhandenen Mittel nicht aus, um die Pläne zu finanzieren. Bereits für die Zusammenlegung von Abteilungen, wie sie durch die neu eingeführten Leistungsgruppen und Qualitätskriterien notwendig wird, erfordere hohe Investitionen, zum Beispiel für Umbauten und neues Personal. Wie diese Transformation finanziert werden soll, sei noch weitgehend ungeklärt.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht die Einigung zwischen Bund und Ländern grundsätzlich positiv. Vorstandsmitglied Anja Piel hält es allerdings für wichtig, bei der Strukturreform auch die Belange der Beschäftigten zu berücksichtigen, um keine Fachkräfte zu verlieren. Nur mit ausreichend Fachpersonal könne eine qualitätsgerechte Versorgung der Patienten/-innen gelingen. Der Verband der Ersatzkassen (vdek) findet ebenfalls lobende Worte für die Eckpunkte der Krankenhausreform, bedauert aber, dass die Maßgabe einer erlösneutralen Reform nicht eingehalten wurde. Die nun beschlossenen Vorhaben würden zu deutlichen Mehrkosten für die Krankenkassen führen.