Mehr als drei Viertel der Ärzte/-innen in Deutschland beklagen den hohen Bürokratieaufwand in ihrem Beruf. Das geht aus dem „ÄÄÄ Trendradar 2022“ hervor, einer repräsentativen Umfrage unter Mediziner/innen im Auftrag des Apotheken- und Ärzte-Abrechnungszentrums Dr. Güldener GmbH. Unzufrieden sind viele Befragte auch mit der hohen Arbeitsbelastung. Die Mehrheit würde sich dennoch wieder für den Arztberuf entscheiden.
77 Prozent der Ärzte/-innen empfinden Verwaltungsaufwand als zu hoch
Für den ÄÄÄ Trendradar wurden die teilnehmenden Ärzte/-innen unter anderem gefragt, welche Aspekte ihrer Arbeit sie als unbefriedigend empfinden. Rund 77 Prozent nennen den hohen bürokratischen Aufwand, mit dem sie sich im Arbeitsalltag beschäftigen müssen. Unter den niedergelassenen Medizinern/-innen empfinden sogar 82 Prozent den Bürokratieaufwand als zu hoch.
40,5 Prozent der Befragten sind mit der Vergütung unzufrieden. Fast 67 Prozent empfinden die Vergütung als „zu niedrig“, rund 31 Prozent schätzen sie als „angemessen ein“, nur ein kleiner Anteil von 2,3 Prozent hält sie für „zu hoch“.
Politische Anerkennung vermisst rund ein Drittel (33 Prozent) der Befragten, die gesellschaftliche Anerkennung des Arztberufs schätzt aber nur jede/r Zehnte (10 Prozent) als zu gering ein.
Rund die Hälfte der Mediziner/innen klagt über zu hohe Arbeitsbelastung
Fast die Hälfte der Befragten (48,5 Prozent) klagt zudem über eine zu hohe Arbeitsbelastung. Das bestätigt Ergebnisse, die eine im September 2022 veröffentlichte Umfrage des Hartmannbundes unter 850 Assistenzärzten/-innen herausgestellt hat: Die Mehrheit der jungen Mediziner/innen fühlt sich demnach im Krankenhausalltag physisch und psychisch überfordert, etwa 90 Prozent der Assistenzärzte/-innen arbeiten mehr, als es ihrem Stellenanteil entspricht. In rund einem Viertel der Krankenhäuser werden diese Überstunden nicht erfasst. Hinzu kommt, dass mehr als 40 Prozent der Befragten sich ihrer Aussage zufolge nicht auf die Dienstplanung verlassen können. 66 Prozent der Nachwuchsmediziner/innen geben an, dauerhaft am Limit zu arbeiten. In Folge weichen viele von ihnen in eine Teilzeitbeschäftigung aus.
Unter den Teilnehmer/innen Trendbarometers zeigt sich fast jede/r Fünfte (18 Prozent) so unzufrieden, dass er oder sie den Arztberuf nicht noch einmal ergreifen würde. Unter den niedergelassenen Mediziner/innen liegt dieser Anteil sogar bei 27 Prozent. Dabei wird die Arbeit mit eigener Niederlassung als deutlich attraktiver bewertet (49 Prozent) als die Arbeit im Angestelltenverhältnis (27 Prozent).
Die Mehrheit der Befragten (76 Prozent) zeigt sich trotzt allen Unmuts dennoch mit dem Arztberuf zufrieden und bereut die Berufswahl nicht.
Gespaltene Meinungen beim Thema Digitalisierung
Die Digitalisierung der Arztpraxen, Krankenhäuser und Apotheken soll dem hohen Bürokratieaufwand entgegenwirken. Die Meinungen der Ärzte/-innen zu diesem Thema gehen jedoch auseinander. Danach befragt, ab wann sich die Investition in eine digitale Praxisinfrastruktur lohnt, sagten 36 Prozent „sofort“. 23 Prozent meinen dagegen, dass sich diese Investition nie lohne. Neun Prozent gehen davon aus, dass die Investition in bis zu zwei Jahren lohnenswert sei, sieben Prozent geben einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren an, zehn Prozent rechnen mit einem Zeitraum von bis zu zehn Jahren und zwei Prozent halten die Investition in einem Zeitraum von mehr als zehn Jahren für lohnenswert.
Tatsächlich ist die Digitalisierung der Arztpraxen, Krankenhäuser und Apotheken in den vergangenen Jahren stetig vorangeschritten. Der im November 2022 erschienene „E-Health Monitor 2022“ des Beratungsunternehmens McKinsey zeigt, dass 96 Prozent der Arztpraxen und 99 Prozent der Apotheken grundsätzlich an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen sind. Jede zweite Praxis beklage aber noch mindestens einmal pro Woche auftretende technische Fehler.
Stabile Verbindungen zur TI bestehen laut „TI-Atlas“ der gematik im Dezember 2022 in 73 Prozent der Arztpraxen. Weiterhin ist in diesen Praxen der elektronische Heilberufeausweis für die Benutzung aktiviert und mindestens eine TI-Anwendung installiert. Im Vergleich zum Mai 2022 ist dieser Wert noch einmal um 32 Prozentpunkte gestiegen. Unter den Krankenhäusern seien 47 Prozent „voll TI-Ready“, wie es in dem Report heißt, 34 mehr als noch im Mai. Diese Steigerung steht unter anderem im Zusammenhang mit der nun verpflichtend eingeführten elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Deutlich häufiger genutzt würde auch das E-Rezept. Bei Anwendungen wie der elektronischen Patientenakte (ePA) zeigen sich laut E-Health Monitor 2022 dagegen die Patienten/-innen noch zögerlich. Nur ein Prozent der gesetzlich Versicherten würde bisher auf das Angebot zurückgreifen.