Die Herzkatheteruntersuchung ist eine minimal-invasive Untersuchung des Herzens und kommt sowohl diagnostisch als auch therapeutisch bei verschiedenen Erkrankungen des Herzens zum Einsatz. Mittels eines Katheters, der über venöse oder arterielle Adern der Leiste, der Ellenbeuge oder über das Handgelenk eingeführt wird können Rückschlüsse auf verschiedenen Erkrankungen des Herzens gezogen werden.
Was ist eine Herzkatheteruntersuchung?
Die Herzkatheteruntersuchung, auch Koronarangiographie bezeichnet, ist ein minimal-invasiver Eingriff und kommt sowohl als Diagnoseverfahren als auch als therapeutischer Ansatz zum Einsatz.
Bei der Herzkatheteruntersuchung handelt es sich um eine spezielle Röntgenuntersuchung, bei der eine Applikation eines Röntgenkontrastmittels – mithilfe von vorgeformten und formstabilen Kathetern, welche nach Punktion eines arteriellen oder venösen Gefäßes durch Schleusen eingeführt werden – in das Koronargefäßsystem erfolgt und so eine Darstellung dessen über einen Bildschirm ermöglicht wird.
Es gibt zwei Arten von Herzkatheteruntersuchungen: Die Linksherzkatheteruntersuchung und die Rechtsherzkatheteruntersuchung. Das nachfolgende Bild zeigt beide Varianten der Herzkatheteruntersuchung:
Linksherz-Katheter
Die Linksherzkatheteruntersuchung wird in Deutschland mit steigender Tendenz durchgeführt und kommt meist zum Einsatz, um diagnostisch eine Koronare Herzerkrankung (KHK) nachzuweisen oder auszuschließen.
Die Linksherzkatheteruntersuchung ist eine minimal-invasive Untersuchung des „linken Herzens“ – über einen peripheren arteriellen Gefäßzugang wird der Linksherzkatheter vorgeschoben, sodass die kontrastmittelgestützte Darstellung der linken und rechten Herzkranzgefäße (Koronargefäße) und der Herzhöhlen (Ventrikulographie) mittels Röntgenstrahlung ermöglicht wird.
Als peripheres arterielles Gefäß können folgende Arterien infrage kommen:
- A. femoralis (üblicherweise)
- A. brachialis
- A. radialis
Im Rahmen einer Linksherzkatheteruntersuchung kann auch die Messung der Druckwerte und der Sauerstoffsättigung im linken Herzen erfolgen sowie Eingriffe an Herzklappen oder Myokardbiopsien über den Linksherzkatheter durchgeführt werden.
Weitere Untersuchungen, die mittels Linksherzkatheteruntersuchung erfolgen können, sind:
- Aortographie: radiologische Darstellung und Beurteilung der Aorta mittels Kontrastmittel (bei spezieller Fragestellung und beispielsweise Verdacht auf Aortenaneurysma)
- Beurteilung aortokoronarer Bypässe
- Beurteilung regionaler und globaler Pumpfunktion des Herzens
- Durchführung einer Rekanalisation bei Koronarstenose (Verschluss eines Herzkranzgefäß) mithilfe eines Ballonkatheters
- Durchführung einer Stentimplantation
Rechtsherz-Katheter
Mit der Rechtsherzkatheteruntersuchung, die über einen venösen Gefäßzugang erfolgt, werden das rechte Herz und die Lungenarterien (Pulmonalarterien) sondiert. Als peripher venösen Gefäßzugang kommen folgende Venen infrage:
- V. femoralis
- V. brachialis
- V. jugularis
Die Rechtsherzkatheteruntersuchung erlaubt die Beurteilung der Druckverhältnisse im „rechten Herzen“ und in den Pulmonalarterien (Lungenkreislauf), die Messung der Sauerstoffsättigung im rechten Herzen und im Lungenkreislauf und wird zur Bestimmung des Herzzeitvolumens (HZV) angewendet.
Eine Rechtsherzkatheteruntersuchung kommt als Diagnoseverfahren bei Verdacht auf einer pulmonalarterielle Hypertonie zum Einsatz.
Eine weitere optionale Untersuchung, die im Rahmen einer Rechtsherzkatheteruntersuchung durchgeführt wird, ist die sogenannte Dextrokardiographie, eine Angiographie der rechten Herzkammer. Hierbei werden die Morphologie und die Funktion der rechten Herzkammer und der -klappen beurteilt.
Herzkatheteruntersuchung – Gründe
Indikationen für eine Linksherzkatheterunteruchung sind unter anderem folgende:
- Diagnostik und Therapie der KHK bei symptomatischen Patienten
- akuter und chronischer Verschluss der Koronararterien
- Verschluss von Bypassgefäßen und Stentstenose
- Herzrhythmusstörungen, insbesondere ventrikuläre Rhythmusstörungen hervorgerufen durch eine myokardiale Ischämie
- Herzinsuffizienz, insbesondere bei gleichzeitig bestehenden Angina-pectoris-Beschwerden
- Herzklappenerkrankungen (interventionelle Versorgung)
- Myokarditis
- Kardiomyopoathie (evtl. mit Biopsie)
Zu den Indikationen für eine Rechtsherzkatheteruntersuchung zählen unter anderem:
- pulmonale Hypertonie
- angeborene Herzfehler (zum Beispiel: Vorhof- oder Ventrikelseptumdefekt, offenes Foramen ovale)
- Myokarditis
- Herzklappenerkrankungen des rechten Herzens
- Rechtsherzkatheteruntersuchung in der Intensivmedizin (Intervention: beispielsweise Therapiesteuerung, bei Rechtsherzversagen, etc.)
Herzkatheteruntersuchung – Ablauf
Zu Beginn der Herzkatheteruntersuchung erfolgt zunächst die Wahl des Gefäßzugangs und im Anschluss daran die Punktion einer Arterie (Linksherzkatheteruntersuchung) und/oder einer Vene (Rechtsherzkatheteruntersuchung). Für eine Koronarangiographie wird im klinischen Alltag in der Regel die rechte A. femoralis gewählt.
Mittels Lokalanästhetikum in Form einer subkutanen Infiltration um und über des zu punktierenden Gefäßes wird die lokale Betäubung gewährleistet.
Anschließend wird über die Katheterauswahl entschieden und zwischen einem Diagnostikkatheter (zur Druckmessung und Kontrastmittelgabe an festgelegten Stellen des Gefäßsystems verwendet) und Führungskatheter für Interventionen unterschieden.
Über einen Führungskatheter für Interventionen wird das Einführen von Koronarinterventionssystemen (koronarer Führungsdraht, Ballonkatheter, Stentsystem) ermöglicht.
Die angiographische Darstellung des Herzens und der herznahen Gefäße und der Koronararterien erfolgt durch Injektion von jodhaltigem Kontrastmittel (KM), durch die Röntgenstrahlung kann die Darstellung und der durchzuführende Eingriff am Bildschirm verfolgt werden. Das Iod ist wichtigster Bestandteil des angiographischen Kontrastmittels, da es Röntgenstrahlen absorbiert – vor jeder Applikation jodhaltiger Kontrastmittels sollte eine Schilddrüsendiagnostik erfolgen (Ausschluss Schilddrüsenautonomie, (iodinduzierte) Hyperthyreose) und eine Allergie gegen Iod ausgeschlossen werden.
Herzkatheteruntersuchung – Dauer
Die Dauer einer Herzkatheterunteruschung – zu diagnostischen Zwecken – beträgt ungefähr 15 Minuten. Während des minimal-invasiven Eingriffs ist man bei Bewusstsein und kann mit dem medizinischen Personal kommunizieren. Während des Eingriffs wird gebeten, tief einzuatmen oder die Luft anzuhalten.
Ist die Herzkatheteruntersuchung schmerzhaft?
Trotz der örtlichen Betäubung kann ein Einstich wahrgenommen werden, das Einschieben des Katheters bis zum Herzen wird in der Regel nicht gespürt und ist somit nicht schmerzhaft.
Dennoch wird die Untersuchung im Allgemeinen, bei der Vorstellung ein Katheter wird über die Leiste oder den Arm bis ins Herz vorgeschoben, als eher unangenehm empfunden. Sobald das Kontrastmittel appliziert wird, kann ein Wärmegefühl empfunden werden, welches allerdings nach wenigen Sekunden auch vergeht.
Herzkatheteruntersuchung – Risiken
Zu den typischen Komplikationen, die im Rahmen einer Linksherzkatheteruntersuchung auftreten können, gehören unter anderem:
- Myokardinfarkt (< 0,1%)
- Herzrhythmusstörungen (z.B. Kammerflimmern mit ca. 0,3%)
- Gefäßverletzung (Gefäßeinriss, Gefäßperforation)
- Perikardtamponade (Herzbeuteltamponade: Komplikation einer Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel)
- arterielle Embolie
- Sensibilitätsstörungen durch Nervenschädigung
Bei einer Rechtsherzuntersuchung können unter anderem folgende Komplikationen auftreten:
- Herzrhythmusstörungen
- Perforation der Lungenarterie (sehr selten)
Weitere Komplikationen, die genannt werden sollten und sich bei einer Linksherz- sowie Rechtsherzuntersuchung ergeben können, sind unter anderem die Möglichkeit einer Nachblutung, die Bildung eines Hämatoms sowie das Auftreten von Infektionen und Wundheilungsstörungen.
Insgesamt handelt es sich bei einer Herzkatheteruntersuchung um eine sichere Methode. Eine sorgfältige Aufklärung des Patienten ist, wie vor jedem Eingriff, erforderlich.
Das Risiko für das Auftreten von Komplikationen ist abhängig von dem Schweregrad der KHK, dem Alter der Patientin/des Patienten, Funktionsstörungen des linken Herzens sowie begleitenden Gefäß- und Herzklappenerkrankungen. Insgesamt liegt die Letalität der Koronarangiographie unter 0,1 %.
Herzkatheteruntersuchung – Alternativen
Eine Herzkatheteruntersuchung kommt insbesondere bei Verdacht auf eine Koronare Herzkrankheit (KHK) zum Einsatz.
Eine Alternative zum invasiven Eingriff kann eine Herz-CT darstellen. In einer Studie der Berliner Charite konnte Aufschluss darüber gegeben werden, wann eine Herz-CT sinnvoll ist und eine Herzkatheteruntersuchung ersetzen kann. Folgende Ergebnisse zeigten sich: „Bei bestimmten Patientinnen und Patienten liefert die CT eine ebenso verlässliche Diagnose“ so die Worte des Studienleiters Professor Marc Dewey von der Klinik für Radiologie am Campus Charité Mitte.
Herzkatheteruntersuchung – Nachwirkungen
Nachdem die Untersuchung beendet ist, wird der Katheter aus dem jeweiligen Gefäß entfernt und zur Nachsorge ein Druckverband an der Einstichstelle (Beispiel bei transfemoralem Zugang A. femoralis: Druckverband in der Leiste) angelegt.
Es ist wichtig, dass eine Kompression des Gefäßes erfolgt, da der Katheter über ein größeres Blutgefäß eingeführt wurde und ungewollte Nachblutungen und die Bildung eines Hämatoms entstehen können.
Daher ist zu empfehlen, die betroffene Extremität für einige Stunden zu schonen und den Verband nicht eigenständig zu entfernen. Meist kann der Druckverband nach 24 Stunden entfernt werden.
Herzkatheteruntersuchung – Nachsorge
Neben dem Anlegen eines Druckverbandes zur Nachsorge sind auch folgende weitere Bestandteile der Nachsorge zu nennen:
- Vitalzeichenkontrolle (Blutdruck, Puls, Temperatur)
- regelmäßige Kontrolle der Durchblutung der betroffenen Extremität
- regelmäßige Kontrolle: Hautfarbe, Wärme, Sensibilität
- beim Gefäßzugang A. femoralis: regelmäßige Kontrolle der Fußpulse
Sofern während oder nach der Untersuchung kardiale Komplikationen aufgetreten sind (zum Beispiel Asystolie = Stillstand der elektrischen und mechanischen Herzkontraktion) oder ein Pulsverlust der betroffenen Extremität festgestellt worden ist, sind intensivmedizinische bzw. gefäßchirurgische Maßnahmen notwendig.
Herzkatheteruntersuchung – Kosten
Die Kosten einer ambulanten Herzkatheteruntersuchung belaufen sich auf ungefähr 700 bis 750 Euro. Die Kosten dafür werden von der Krankenkasse übernommen.
1. Greten, Heiner: Innere Medizin – Verstehen – Lernen – Anwenden, Thiemeverlag, 12. Auflage, 2005
2. Hendrik Lehnert, Karl Werdan, Innere Medizin, Thiemeverlag, 4. Auflage, 2006
3. Wolfgang Piper, Innere Medizin, Springer Medizin Verlag, 2007