
Das Medizinstudium verspricht lukrative Karrieremöglichkeiten und einen angesehenen Status in der Öffentlichkeit. Mehr als 40.000 Abiturienten bewerben sich jährlich auf einen von circa 9.000 Studienplätze. Der Job als Arzt ist begehrt. Doch die Ausbildung kein Zuckerschlecken. Bereits die Zulassungsvoraussetzungen sind hoch angesetzt. Dabei ist in Deutschland ein Notenschnitt von 1,0 bis 1,1 erforderlich. Wer die Studienberechtigung zum Mediziner hat, verdient Respekt. Nicht nur von der Öffentlichkeit, sondern auch von Oberärzten und Chefärzten. Doch vor allem in diesem Kontext hagelt es Kritik. Denn häufig führen hierarchische Strukturen in Kliniken zu einem respektlosen und genervten Umgang mit dem medizinischen Nachwuchs. Ein Umdenken ist zwingend erforderlich.
Auch Chefärzte und Oberärzte waren einmal Studenten
Der Beruf des Mediziners ist heiß begehrt. Dennoch herrscht ein signifikanter Ärztemangel in Kliniken. Ein triftiger Grund ist die Ausnutzung der hierarchischen Strukturen. Nicht selten werden angehende Mediziner klinikintern von oben herab, ohne notwendigen Respekt behandelt. Dabei ist es vor allem der angehende Arzt, der sich aufopfert, um seine Ziele zu erreichen. 50 bis 60 Stunden die Woche sind während des praktischen Jahres im Medizinstudium keine Seltenheit. Als Dank ernten Studenten keine Anerkennung seitens der Öffentlichkeit und Kritik, Respektlosigkeit sowie Zurückweisung von Vorgesetzten. Dabei sind vor allem die übergeordneten Mediziner im Klinikum für den Erfolg eines Medizinstudenten entscheidend, wenn nicht sogar tragend.
Sicher ist es falsch, an dieser Stelle pauschale Aussagen zu treffen. Zweifelsohne gibt es Vorzeigekliniken, in denen Studenten als gleichwertig angesehen und behandelt werden. Doch fallen diese leider immer häufiger durch das typische Raster. Chefärzte und Oberärzte sollten stets bedenken, dass sie selbst als Studenten begonnen haben und von ihren Vorgesetzten lernten.
Der graue Alltag heutiger Medizinstudenten
Wer sich für das Medizinstudium entscheidet, geht einen besonders steinigen Weg. Allein der Numerus clausus verlangt einen Abischnitt von 1,0 bis maximal 1,1. Diese Voraussetzung zu erfüllen, erfordert harte Arbeit, Disziplin und Ehrgeiz. Doch mit der Zulassung zum Studium ist es nicht getan. Arzt werden bedeutet Augen zu und durch. Die Studieninhalte sind komplex. Die praktische Tätigkeit erniedrigend. Vor allem zu Beginn besteht die Arbeit vorrangig aus Papierkram, Schreiberei und Formalitäten. Spannend und abwechslungsreich wird es erst nach vielen Jahren der Mühen. Als ob das noch nicht genug ist, werden Studenten bei Fragen an Chef- und Oberärzte genervt zurückgewiesen. Oftmals erwarten Vorgesetzte, dass ihre Studenten alles wissen und können. Dabei gilt es, die Lernenden an die Hand zu nehmen und ihnen den richtigen Weg zu weisen.
Vieles müssen angehende Mediziner einfach hinnehmen, beispielsweise die strikten und sturen Anweisungen während einer Behandlung oder einer OP. Nachfragen sind fehl am Platz und werden mit genervten Handbewegungen oder herrischen Antworten zurückgewiesen. Häufig bekommen die Praktikanten die Überforderung des Klinikpersonals zu spüren. Eine solch herablassende Behandlung führt zur Demotivation beim angehenden Arzt und zum Wechsel der Klinik während des Medizinstudiums. Ein Personalmangel ist somit vorprogrammiert. Die Überforderung im Klinikalltag steigt und potenzielle neue Studenten bekommen die Hierarchie noch intensiver zu spüren. Ein Teufelskreis, aus dem es auszubrechen gilt. Die Empathie der Ober- und Chefärzte ist gefragt.
Der Umgang mit medizinischem Nachwuchs muss sich ändern
Damit das Medizinstudium weiterhin beliebt bleibt und angehende Mediziner gerne in die Klinik kommen, muss sich der Umgang mit dem medizinischen Nachwuchs ändern. Der Arbeitsalltag sollte respektvoll und händereichend gestaltet werden. Stets mit dem Gedanken im Hinterkopf: Gemeinsam ist man stärker. Der anleitende Arzt sollte nicht vergessen, dass sein Student möglicherweise in 20 Jahren für seine Behandlung verantwortlich ist. Übergeordnete Positionsinhaber sollten Studenten zu den Ärzten anleiten, von denen sie selbst behandelt werden möchten: helfend, beratend und verantwortungsvoll. Nur mit dem richtigen Background ist es möglich, Medizinstudenten zu empathischen und sympathischen Ärzten zu machen, die ihren Job aus Überzeugung ausüben. Jeder Student der Medizin hat Respekt für seine Arbeit, seine Lernbereitschaft und seinen Einsatz verdient.
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