Wie zufrieden sind junge Ärzte und Ärztinnen mit ihren Arbeitsbedingungen an den Kliniken? Was wünschen sie sich von ihren Arbeitgebern? Und wo weichen Wunsch und Wirklichkeit voneinander ab? Diese Fragen hat die Medizinische Hochschule Hannover ihren Absolventen gestellt. Die Ergebnisse zeigen: Die Unzufriedenheit der jungen Ärztegeneration mit ihren Arbeitsbedingungen wächst. Politik und Arbeitgeber müssen handeln, wenn sie dem Fachkräftemangel entgegentreten wollen.
Absolventenbefragung der Medizinischen Hochschule Hannover
Die Kritik an den Arbeitsbedingungen im Gesundheitssystem wird lauter. Doch wie sieht eigentlich der Arbeitsalltag junger Mediziner aus? Wie beurteilen junge Ärzte und Ärztinnen selbst die Bedingungen in den Kliniken und Krankenhäusern? Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) hat Absolventen und Absolventinnen der Jahrgänge 2009 bis 2016 befragt, wie zufrieden sie mit ihrem Berufseinstieg sind. Insgesamt nahmen rund 950 Personen an der Umfrage teil.
Das Interesse an den Inhalten des Arztberufs ist der Befragung zufolge ungebrochen. Grundsätzlich ist auch die junge Ärztegeneration mit ihrer Berufswahl zufrieden. Die berufliche Wirklichkeit weicht dennoch häufig von den Wünschen und Anforderungen des medizinischen Nachwuchses ab. Daraus ergibt sich ein Unzufriedenheitspotenzial, das eine Herausforderung für die Fachkräftesicherung bildet.
Was erwarten junge Ärzte und Ärztinnen von ihrem Beruf?
Junge Ärzte und Ärztinnen wünschen sich vor allem ein gutes Betriebsklima, interessante Arbeitsinhalte und die Möglichkeit, ihre Arbeit mit Familie und Freizeit kombinieren zu können. Darüber hinaus sind den jungen Medizinern Optionen zur beruflichen Weiterbildung und weiteren Qualifizierung wichtig. Ebenso wünschen sie sich, ihre erworbenen Kompetenzen am Arbeitsplatz einsetzen zu können. Arbeitsplatzsicherheit ist ein weiterer häufig geäußerter Wunsch.
Wie weit liegen Wunsch und Wirklichkeit auseinander?
In der Realität lässt sich der Arztberuf häufig nicht ausreichend Zeit für die Familie oder für Freizeitaktivitäten. Die mangelnde Vereinbarkeit von Beruf mit Familie und Freizeit gehört zu den größten Kritikpunkten der jungen Ärztegeneration. Die Teilnehmer der Absolventenbefragung bemängeln außerdem, dass sie eigene Ideen oft nicht so verwirklichen können, wie sie es sich vorstellen. Darüber hinaus fehlt es ihnen an Möglichkeiten zur Weiterqualifizierung. Kritik äußern sie zudem am Arbeitsklima, an der Arbeitsplanung und an der Aufgabenverteilung.
Geht es nach den jungen Medizinern, muss sich also vor allem die Organisation der Arbeit an den Krankenhäusern und Kliniken ändern. Die inhaltlichen Aspekte der ärztlichen Tätigkeit stimmen sehr häufig mit ihren Vorstellungen und Wünschen überein.
Worauf achten junge Ärzte und Ärztinnen bei der Auswahl ihrer Arbeitgeber?
Die Absolventenbefragung der MHH wollte auch wissen, anhand welcher Kriterien junge Mediziner ihre Arbeitgeber auswählen. An erster Stelle steht das fachliche Interesse an der Position. Ebenfalls wichtig sind den Absolventen die allgemeinen Arbeitsbedingungen und die Möglichkeiten zur fachlichen Qualifizierung, die ihr Arbeitgeber bietet. Weniger Bedeutung kommt den Verdienstmöglichkeiten, den Chancen für einen beruflichen Aufstieg und der fachlichen Reputation des Arbeitgebers zu.
Männer und Frauen legen dabei recht ähnliche Kriterien an die Wahl ihres Arbeitgebers an. Ärztinnen und Ärzte mit Kindern achten etwas mehr auf die Familienfreundlichkeit ihres Arbeitgebers als ihre Kollegen ohne Kinder. Frauen ist dieses Kriterium noch etwas wichtiger als Männern, doch auch Väter legen zunehmend Wert darauf, dass ihr Arbeitgeber familienfreundlich ist.
Wie müssen Arbeitgeber und Politik auf die Ergebnisse reagieren?
Wollen Politik und Arbeitgeber etwas gegen den Fachkräftemangel im medizinischen Bereich unternehmen, dürfen sie die Bedürfnisse junger Ärzte und Ärztinnen nicht ignorieren. Das Gesundheitssystem muss eine bessere Balance zwischen Arbeit und Privatleben ermöglichen. Neue Modelle zur Arbeitsgestaltung und -organisation sind gefragt, die dem medizinischen Nachwuchs individuelle Entwicklungsoptionen bieten.
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