In vielen Bereichen sind Frauen in wichtigen Berufspositionen in der Minderheit. Daran konnten bis dato auch gesetzliche Quoten nichts ändern. Nun aber zeigt eine Analyse der Stiftung Gesundheit, dass der Anteil an niedergelassenen Ärztinnen in der ambulanten Versorgung mit 50,3 Prozent die Mehrheit erreicht hat. Diese aktuellen Daten spiegeln einen Trend wider, der sich bereits in den Jahren zuvor abgezeichnet hat. Global betrachtet sprechen diese Daten dafür, dass immer mehr Frauen als niedergelassene Ärztinnen ihre Karriere selbstständig in die Hand nehmen. Durch den Fachkräftemangel und die medizinische Unterversorgung gibt es vielerorts gute Chancen, sich als Facharzt/-ärztin mit eigener Praxis niederzulassen.
Die Stiftung Gesundheit erstellt das zu Grunde liegende Strukturverzeichnis nun seit über 25 Jahren, sodass sich auch langfristige Entwicklungen und nicht nur kurzfristige Trends ableiten lassen.
Niedergelassene Ärztinnen nun in der Mehrheit: Trend setzt sich fort
2018 lag der Anteil von Ärztinnen im Bereich der ambulanten Versorgung noch bei ca. 46 Prozent und damit knapp in der Minderheit. Nachdem 2021 49,5 Prozent gemessen wurden, ist 2022 mit 50,3 Prozent nun die Mehrheit erreicht. Bereits vor fünf Jahren hat eine Gender-Studie diese Entwicklung im Bereich der Medizin vorausgesagt. Sie sollte Recht behalten.
In welchen Bereichen niedergelassene Ärztinnen arbeiten
Werfen wir nun einen genaueren Blick auf die Verteilung und schauen wir, in welchen Bereichen niedergelassene Ärztinnen besonders häufig arbeiten. Mit knapp 80 Prozent liegt die Kinder- und Jugendpsychotherapie auf Platz 1. Mit 75 Prozent liegt die Psychotherapie auf Platz Prozent, gefolgt von der Geburtshilfe und Frauenheilkunde mit gut 73 Prozent. Psychotherapeutische Fächer bilden somit ganz klar den Schwerpunkt bei niedergelassenen Ärztinnen. Die hohe Nachfrage u.a. durch die Folgen der Corona-Pandemie könnten eine Erklärung für diese Entwicklung sein.
Die geringste Frauenquote findet sich in der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie mit knapp 14 Prozent. Neurochirurgie sowie Orthopädie und Unfallchirurgie folgen mit geringem Abstand (14,1 und 14,5 Prozent) auf den weiteren Plätzen.
So steht es um den medizinischen Nachwuchs
Deuten diese Zahlen auf einen zukünftig höheren Frauenanteil in der Medizin hin? Ein Blick auf aktuellen Studierendenzahlen lässt diesen Trend durchaus erkennen, wobei es zwischen den Bundesländern teils große Unterschiede gibt. In Nordrhein-Westfalen sind Medizinstudentinnen mit zuletzt mehr als 64 Prozent in der deutlichen Mehrheit.
Insgesamt betrachtet sind Frauen im Medizinstudium mit gut einem Drittel weiterhin deutlich in der Minderheit. Es bleibt also abzuwarten, wie sich die Zahlen auch angesichts des Fachkräftemangels und bald anstehender Pensionierungen älterer Kollegen/-innen entwickeln.
Motivanalyse: Warum zieht es immer mehr Ärztinnen in die ambulante Versorgung?
Hier sind vor allem neue Praxiskonstellationen und flexible Arbeitszeiten zu nennen, die eine bessere Work-Life-Balance und somit Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Aussicht stellen. Es zeichnet sich ein struktureller Wandel ab, denn die klassische Einzelpraxis steht nicht im Fokus. Durch neue Arbeitsmodelle und Praxiskonstellationen nutzen junge Ärztinnen bewusst mehr Freiräume bei der beruflichen Orientierung bzw. Karriereplanung. Hierbei spielen gerade mit Blick auf die Familienplanung Teilzeitmodelle in der Praxis eine wichtige Rolle.