
Noch immer bestehen in Deutschland Unterschiede zwischen Ost und West. Auch, wenn die Wiedervereinigung bereits über 30 Jahren zurückliegt. Es sind mit der BRD und der DDR damals nicht nur zwei Länder miteinander verbunden worden, sondern auch zwei grundsätzlich anders organisierte Wirtschaftssysteme. Doch wie stark wirkt sich das bis heute auf die Zufriedenheit der praktizierenden Ärztinnen und Ärzte aus? Lassen sich auch dort gravierende Unterschiede erkennen? Oder sind viele kursierende Annahmen schon längst überholt? Diesen Fragen widmet sich der folgende Überblick.
Wie zufrieden sind die Bewohner mit der Gesundheitsversorgung?
Vielleicht lohnt es sich, vorab einen Blick auf die empfundene Gesundheitsversorgung zu werfen. Aus vergangenen Befragungen geht hervor, dass diese von den Bewohnern in Ostdeutschland etwas schlechter bewertet wurde als die in den westlichen Bundesländern. Dabei stellte man fest, dass die Ortsgröße eine wichtige Rolle spielt. Je größer eine Stadt ist, desto besser wird die medizinische Versorgung eingeschätzt. Besonders in einigen ländlichen Regionen besteht jedoch oftmals noch Nachholbedarf. Das betrifft die östlichen Bundesländer stärker als die westlichen.
Wie zufrieden sind die Ärztinnen und Ärzte?
Als Grundlage dient hier die Auswertung einer Befragung von Klinikärzten, die praktischArzt exklusiv vorliegt. Die Ärzteinitiative treatfair hat über den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 9. Juni 2021 deutschlandweit insgesamt 3.611 Klinikärzte befragt.
Folgende Bereiche wurden dabei befragt:
- Zufriedenheit mit Arbeitsstelle insgesamt
- Arbeitsatmosphäre
- Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben
- Arbeitszeitgestaltung
- Zeit für Patienten
- Führungskompetenz der Vorgesetzten
- Vergütung
- Flache Hierarchien
Die Umfrage basiert auf einer sechsstufigen Zufriedenheits-Bewertungsskala, die nach folgendem Maßstab die Stimmen ausgewertet hat:
- 0 – Gar nicht zufrieden,
- 2 – Nicht zufrieden,
- 4 – Eher nicht zufrieden
- 6 – Eher zufrieden
- 8 – Zufrieden
- 10 – Sehr zufrieden
West-Bundesländer | Ost-Bundesländer | |
Anzahl der vorliegenden Stimmen | 2.852 | 759 |
Zufriedenheit mit der Arbeitsstelle insgesamt | 7,7 | 7,7 |
Arbeitsatmosphäre | 7,9 | 7,8 |
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben | 6,8 | 6,7 |
Arbeitszeitgestaltung | 6,8 | 6,8 |
Zeit für Patientinnen und Patienten | 6,7 | 6,6 |
Führungskompetenz der Vorgesetzten | 7,2 | 7,2 |
Vergütung | 7,2 | 6,9 |
Flache Hierarchien | 7,1 | 7,0 |
Die Ergebnisse zeigen keinen relevanten Unterschied der Zufriedenheit im Ost-West-Vergleich. Vorurteile dem Osten gegenüber oder dem Arbeiten in Ostdeutschland gegenüber sind laut treatfair-Umfrage also unbegründet. Allerdings muss dazu auch erwähnt werden, dass an der Befragung deutlich mehr Mediziner aus den westlichen Bundesländern teilgenommen haben. Den 2.852 West-Stimmen stehen 759 aus den östlichen Bundesländern gegenüber.
Die Arbeitsatmosphäre und die Zufriedenheit mit der Arbeitsstelle erzielen die meiste Zufriedenheit mit 7,7 sowie 7,8 und 7,9. Am unzufriedensten sind beide Landesteile hingegen mit der Zeit für Patienten. Bei einem Wert von 6,6 im Osten und 6,7 im Westen besteht da noch deutlich mehr Luft nach oben und Verbesserung in beiden Teilen.
Gehaltsunterschiede bestehen nach wie vor
Auch, wenn die Befragten in dieser Auswertung mit ihrer Vergütung zufrieden erscheinen, existieren immer noch gewaltige Lohnunterschiede zwischen den Bundesländern. Auch in der Umfrage ist der größte Skala-Unterschied beim Thema „Vergütung“ zu erkennen. Besteht im Westen eine Zufriedenheit von 7,2, kommt der Osten hingegen nur auf 6,9.
Generell verdienen Beschäftigte in Ostdeutschland auch heute noch weniger als ihre Kollegen in den westlichen Regionen. Selbst, wenn sie sich in Berufserfahrung, Position und Betriebsgröße nicht unterscheiden. Ursache für diese Gehaltsunterschiede ist eine oftmals fehlende Tarifbindung. Tariflöhne wiederum sind zwischen Ost und West schon weitestgehend angeglichen. Aber ein Großteil wird nicht nach Tarif bezahlt und daher ist eine stärkere Durchsetzung und verbindliche Anwendung von Tarifverträgen nötig.
Laut treatfair-Portal: Das sind die Top-Abteilungen von Ost und West
Neben der Zufriedenheit in den jeweiligen Landesteilen hat treatfair auch die Abteilungen benannt, aus denen die Umfrageteilnehmer angegeben haben, besonders zufrieden zu sein.
Demnach erreichten die Mitarbeiter der Allgemein- und Viszeralchirurgie des SRH Zentralklinikums Suhl mit einem Zufriedenheitswert von 9,2 den Spitzenplatz im Ost-Ranking. Es folgen die Zentrale Notaufnahme der Helios Kliniken Schwerin, die Allgemein- und Viszeralchirurgie des St. Marien-Krankenhauses Berlin, die Klinik für Gefäßchirurgie im Vivantes Klinikum Neukölln sowie das Zentrum für Innere Medizin im Harzklinikum Wernigerode, die ebenfalls alle das Ergebnis „Sehr zufrieden“ mit einem Wert von 9,1 erreichten.
Im Westen Deutschlands erreichen gleich zwei Kliniken das treatfair-Ergebnis „Sehr zufrieden“ mit Werten von 9,7: Die Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Donauklinik Neu-Ulm sowie das Institut für Neuroradiologie des Krankenhauses Nordwest in Frankfurt am Main. Auf einen Wert von 9,3 kommt die Innere Medizin des DRK-Krankenhauses Biedenkopf. Die Beschäftigten der Radiologie des BG Klinikums Duisburg und die der Anästhesie des Klinikums Westmünsterland (St- Marien-Krankenhaus Ahaus) gaben ihre Zufriedenheit im Durchschnitt mit 9,2 an.