Wer als Arzt/Ärztin einen Praxiskauf anstrebt, sollte ein besonderes Augenmerk auf die Standortwahl für geeignete Räumlichkeiten legen. Häufig konzentrieren sich Kaufinteressenten ausschließlich auf die betriebswirtschaftlichen Faktoren und berücksichtigen dabei nicht, wie wichtig der richtige Standort ist. Schließlich sollen die zukünftigen Praxisräume den persönlichen sowie medizinischen Ansprüchen gerecht und funktionell bestmöglich ausgestattet werden können. Zusätzlich sind weitere Faktoren für Patienten/-innen, Mitarbeiter/innen und den Praxisalltag ausschlaggebend. Eine suboptimale Lage könnte bereits das Ende der Umzugspläne und schlimmstenfalls der Selbstständigkeit bedeuten. Um dies zu verhindern, sind im Folgenden wertvolle Tipps zu erfahren.
Das Praxis-Umfeld
Beim Praxiskauf geht es nicht ausschließlich um die Praxisräume und Gegebenheiten der Immobilie, sondern auch das Umfeld spielt eine besondere Rolle. Die Standortwahl entscheidet darüber, wie gut die zukünftige Praxis von Patienten/-innen gesehen und erreicht wird. Vorteilhaft kann beispielsweise ein Standort mit hohem Fußgängerverkehr sein, weil Passanten/-innen im Vorbeigehen die Praxis und den Namen des/-r Arztes/Ärztin wahrnehmen und sich damit der Bekanntheitsgrad steigert.
Ein höheres Passantenaufkommen liegt in der Regel dort vor, wo Geschäfte für den täglichen Bedarf in unmittelbarer Nähe liegen, wie beispielsweise Supermärkte, Bäckereien und Einkaufszentren. Auch die direkte Lage an einer Ampelanlage, wo Autofahrer/innen bei Rot umherschauen, prägen sich häufiger den Praxisnamen ein.
Besonders gut kann es sich zeigen, wenn sich im nahen Umfeld auch eine Apotheke befindet. Hier sind häufig Kooperationen zwischen Praxis und Apotheke möglich, die beiden Seiten Vorteile bringen können.
Anfahrtsmöglichkeiten
Der beste Standort einer Arztpraxis nutzt wenig, wenn erkrankte Patienten/-innen einen langen Gehweg zuzulegen haben, weil kein Parkangebot am Praxisgebäude besteht. Das bedeutet, es ist bei der Standortwahl auch zu prüfen, ob und wie viele Stellplätze in unmittelbarer Nähe vorhanden sind.
Im Idealfall zählen diese zur Geschäftsfläche dazu, denn stellt die Kommune Parkplätze zur Verfügung, können empfindliche Kosten auf den/die Praxiskäufer/-innen warten. Diese erstrecken sich bis zu 20.000 Euro. Fahrradwege und Fahrradabstellplätze mit Möglichkeit der Anbringung einer Diebstahlsicherung sind ebenso bei dem Standort zu beachten wie nahe liegende Haltestellen für Patienten/-innen, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind.
Es sollte sich aber nicht ausschließlich auf die vorliegende Situation verlassen werden. Manchmal sind Stadtpläne in Bearbeitung, die eine Umstrukturierung und gegebenenfalls Umlagerungen oder Entfernungen von Fahrradwegen und Haltestellen beinhalten. Hier rät die Immobilienexpertin, sich zusätzlich zur persönlichen Inaugenscheinnahme auch beim zuständigen Bau- oder Straßen- und Verkehrsamt zu informieren.
Baurechtliche Gegebenheiten berücksichtigen
Gleich, ob sich das Objekt der Begierde in einem Wohnhaus oder einer Gewerbeimmobilie befindet, eine Praxis kann nicht ohne Weiteres errichtet werden, wenn keine entsprechende Nutzungserlaubnis von der Gemeinde vorliegt. Das heißt, aus bisherigen Büroräumen oder einer Tierklinik kann nicht automatisch eine Arztpraxis für Humanmedizin werden. Hier geht es um die baurechtliche Genehmigung, die bei Nicht-Vorlage zuerst zu beantragen ist. Die Bearbeitung kann unter Umständen bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen und ist mit Kosten für Baupläne sowie Architekten verbunden. Deshalb sollten Ärzte/-innen vor Abklärung nie einen Mietvertrag unterzeichnen, denn sie binden sich sonst an das Objekt, ohne zeitnah eröffnen zu können, falls überhaupt die Umnutzungsgenehmigung erteilt werden sollte.
Prima, wenn sich der/die kaufinteressierte Arzt/Ärztin die (zukünftigen) die Räumlichkeiten bereits in Gedanken umgestaltet und ausgestattet vorstellen kann. Schwierig wird es allerdings dann, wenn geplante bauliche Veränderungen nicht möglich sind. Sollen beispielsweise Wände entfernt oder der Praxiseingang vergrößert werden, haben bestimmte Voraussetzungen gegeben zu sein. Hierbei spielt vor allem die Statik eine große Rolle.
Zudem ist beim Praxiskauf zu berücksichtigen, ob in der Zukunft die Größe der Räumlichkeiten ausreichend sein wird und ein langfristiges Mietverhältnis zur Vermeidung eines erneuten, kostenintensiven Umzugs zu realisieren ist.
Internet
Ein entscheidender Punkt bei der Standortwahl bleibt ebenfalls häufig unbeachtet: der Internetzugang. Ohne diesen funktioniert der Praxisablauf nicht. Deshalb ist ein stabiles Internet mit Hochleistungsgeschwindigkeiten enorm wichtig für Arztpraxen und ein Zugang über ein Glasfaserkabel unerlässlich. Vor der Mietvertragsunterzeichnung sollte deshalb beim Internetanbieter des Vertrauens erfragt werden, ob Glasfaser am Standort verfügbar ist.
Vereinbarung eines Mietpreiskorridors
Der Um- und Neueinzug einer Praxis ist in der Regel ein kostenintensives Unterfangen. Da kann sich die Vereinbarung eines Mietpreiskorridors lohnen. Das bedeutet, dass eine eventuelle Mieterhöhung in der Zukunft nur bis zu dieser vereinbarten Höhe verlangt werden kann, welche sich am ortsüblichen Mietspiegel orientiert. Die Details dazu können von Bundesland zu Bundesland variieren und sollten vor Ort erfragt werden. Damit können niedergelassene Ärzte/-innen sicher gehen, dass ihre getätigten Investitionen nicht verloren gehen, weil eine immense Mieterhöhung sie zum Aus-/Umzug zwingt.