
Zunehmende Arbeitsüberlastung, permanenter Zeitdruck und unzählige Überstunden – so sieht der Berufsalltag vieler angestellter Ärztinnen und Ärzte in deutschen Krankenhäusern aus. Wie steht es also um Glück und Zufriedenheit im Arztberuf und was können Ärzte/-innen tun, um ihren Wohlfühlfaktor im Job zu erhöhen?
So unglücklich sind deutsche Ärzte/-innen wirklich
In Krankenhäusern tätige Ärztinnen und Ärzte gehen oft dauerhaft bis an die Grenzen der eigenen Belastbarkeit. Denn der Arbeitsalltag geht oftmals mit langen Diensten, wenigen Pausen und hoher Arbeitsverdichtung einher. Der permanente Stress durch Arbeitsüberlastung, Zeitdruck und zunehmende Bürokratie setzt nicht nur der mentalen, sondern vor allem auch der körperlichen Gesundheit von Ärzte/-innen zu. Studien zufolge leidet ein Drittel von ihnen aufgrund von negativem Stress regelmäßig unter anderem unter körperlichen Symptomen wie Kopf- und Rückenschmerzen, Migräne und Schlafstörungen. Über 20 Prozent haben psychische Beschwerden wie Niedergeschlagenheit, Konzentrationsprobleme bis hin zu Panikattacken und Burnout.
Jede/r fünfte Arzt/Ärztin dachte bereits daran, die Tätigkeit niederzulegen
Aus der Mitgliederbefragung „MB Monitor 2019“ des Marburger Bundes geht hervor, dass rund 21 Prozent aller in Kliniken tätigen Ärzte/-innen bereits darüber nachdachten, die ärztliche Tätigkeit niederzulegen. Laut Aussagen der Mediziner/innen ließe sich das vor allem durch die zunehmende Bürokratie begründen. So schätzen 35 Prozent der angestellten Ärzte/-innen den Zeitaufwand für Verwaltungstätigkeiten und Organisation auf mindestens vier Stunden pro Tag. Doch auch die fehlende Work-Life-Balance trägt Schuld: Ein Großteil der Ärzte/-innen arbeitet 49 bis 59 Stunden in der Woche. Mehr als ein Fünftel gibt sogar an, 60 bis 80 Stunden pro Woche im Einsatz zu sein.
Überstunden häufen sich
Zudem werden in deutschen Krankenhäusern millionenfach Überstunden angehäuft. Angestellte Ärzte/-innen leisten im Durchschnitt 6,7 Überstunden pro Woche. Überstunden, fehlendes Personal und zunehmender Zeitdruck zehren an der Gesundheit der Ärzte/-innen. Rund drei Viertel haben das Gefühl, dass die Gestaltung der Arbeitszeiten sie in ihrer Gesundheit beeinträchtigt und ganze 15 Prozent der angestellten Ärzte/-innen waren durch ihre Arbeit schon einmal so stark psychisch belastet, dass sie sich in ärztliche bzw. psychotherapeutische Behandlung begeben mussten.
Problemanalyse: Was beeinflusst den Mangel an Glück und Zufriedenheit?
Der Beruf spielt eine wichtige Rolle in der allgemeinen Lebenszufriedenheit, denn man verbringt etliche Stunden täglich am Arbeitsplatz. Wenn der Job nicht erfüllend ist oder gar unglücklich macht, stellen sich betroffene Ärzte/-innen früher oder später die Frage: Sollte ich den Job wechseln oder doch bleiben?
Spätestens wenn die eigene Unzufriedenheit zum Dauerzustand wird oder der bloße Gedanke an die Arbeit Stress erzeugt und die Stimmung in Sekundenschnelle in den Keller sinken lässt, sollten sich Ärzte/-innen darüber klar werden, was es konkret ist, das sie belastet. Dafür ist es zunächst hilfreich, sich die Frage zu stellen, ob man persönlich an der Situation etwas ändern kann oder eben nicht. Ist die berufliche Unzufriedenheit beispielsweise durch ein schlechtes Arbeitsklima oder gar Mobbing bedingt? Durch fehlende Wertschätzung am Arbeitsplatz? Zu hohe Leistungsanforderungen und eine ungenügende Bezahlung?
Im Anschluss an die Problemanalyse gilt es, sich proaktiv um eine Veränderung zu bemühen. Während sich einige Themen häufig durch Gespräche mit der Chefetage aus dem Weg räumen oder zumindest verbessern lassen, ist auf manche Situationen oder Umstände leider nur wenig Einfluss zu nehmen. Dann sollte eventuell doch ein Wechsel der Fachrichtung oder des Arbeitgebers in Betracht gezogen werden, um die Freunde am Job zurückzugewinnen.
Dauerhaftes Glück und Zufriedenheit im Arztberuf
Liegen die beruflichen Probleme außerhalb des Einflussbereichs der Ärztinnen und Ärzte gilt es vor allem, die eigene Haltung gegenüber dem Problem zu kontrollieren. Laut Erkenntnissen der Forschung, wird das eigene Glücksempfinden nur zu zehn Prozent durch äußere Bedingungen beeinflusst. Zum größten Teil ist man also tatsächlich seines Glückes Schmied.
So hat die man Chance, äußeren Umständen auf verschiedenen Arten zu begegnen. Die eigenen Gedanken haben Einfluss auf die Emotionen, die man fühlt. Ärgert man sich beispielsweise über den/die Kollegen/in, der/die immer einen blöden Spruch auf Lager hat, löst dies lediglich ein negatives Gefühl aus, das in keinem Fall konstruktiv oder lösungsorientiert ist. Stattdessen könnten Sie das nächste Mal versuchen, dieser Situation mit einem freundlichen Lächeln begegnen und sich somit von Negativität zu befreien.
Zudem lassen sich einfache Entspannungstechniken wie die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, autogenes Training oder Meditationen erlenen und in stressigen Phasen anwenden, um Gelassenheit im hektischen Klinikalltag zu bewahren. Neben Entspannungsverfahren können sogenannte „Mikroerholungen“, in Form einer kurzen Pause zum Durchatmen, eines schnellen Kaffees mit Kollegen/-innen oder besser noch ein in Ruhe verzehrtes Mittagessen wahre Wunder bewirken.
Egal wie – Abschalten und sich gedanklich und emotional vom Job zu distanzieren ist unglaublich wichtig. Egal ob beim Sport, kochen oder Serie schauen – Ärztinnen und Ärzte brauchen Erholungspausen, um ihre Akkus zu laden und sich im hektischen Klinikalltag nicht zu verlieren. Häufig bieten Kliniken sogar Coachings oder Supervision an, dessen Kosten – bei Ärzten/-innen in Führungspositionen – häufig sogar von der selbst Klinik übernommen werden.