
Noch immer haben Frauen nicht die gleichen beruflichen Perspektiven wie Männer. Und sie verdienen im Schnitt noch immer teils deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Da stellt das Gesundheitswesen keine Ausnahme dar. Wieso das nicht so bleiben darf und wie sich Frauen gegenseitig unterstützen können, um ihre beruflichen Ziele zu erreichen, das erklärt die Unternehmensberaterin und Gründerin des Ärztinnen-Netzwerks, Frau Claudia Huhn, im Interview mit praktischArzt.
Frau Huhn, wie sind Sie beruflich mit dem Gesundheitswesen in Kontakt gekommen?
Um ehrlich zu sein, wie die Jungfrau zum Kinde. Ich bin eigentlich studierte Diplomkauffrau und darüber hinaus im Besitz eines Staatsexamens der Sekundarstufe II. Ich wollte also als Berufsschullehrerin arbeiten. Mein Wunsch war es, junge Erwachsene weiterzubilden. Während der Praktika in der Schule merkte ich dann, dass die Erziehungsarbeit weniger meins ist.
Also habe ich mich umorientiert und bin in einer Unternehmensberatung gelandet, deren Kunden aus dem Gesundheitswesen und dem Dentalbereich kamen. Nach einigen weiteren Stationen in dieser Branche hat sich mir die Chance geboten, mich selbstständig zu machen. Die habe ich ergriffen.
Was hat Sie dazu bewogen, das Ärztinnen-Netzwerk zu gründen?
Auf die Idee, das Ärztinnen-Netzwerk zu gründen, bin ich durch den Umstand gekommen, dass ich häufiger als Referentin unterwegs war. Ich habe viele Vorträge vor Frauenvereinigungen gehalten zum Thema „Erfolgreich im Job durch Networking“. So reifte dann die Idee, dieses Thema in den Dentalbereich und schließlich die Medizin im Allgemeinen zu übertragen. Und so kam es, dass 2014 erst das Zahnärztinnen-Netzwerk und 2020 schließlich auch das Ärztinnen-Netzwerk gegründet wurde. Es ging vor allem darum, die Wissensvermittlung untereinander zu fördern und auch Expertinnen hinzuziehen zu können, deren Expertise über die medizinischen Kenntnisse hinausgehen.
Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Ärztinnen-Netzwerk?
Der Fokus des Netzwerks liegt darauf, sich untereinander auszutauschen. Außerdem möchten wir mehr unternehmerische Expertise vermitteln. Ärztinnen und Ärzte, die eine eigene Praxis führen, müssen heutzutage häufig wie Unternehmer denken und handeln. Diese Fähigkeiten werden ihnen aber im Rahmen des Medizinstudiums nicht vermittelt. Hier ist das Ärztinnen-Netzwerk der optimale Partner, wenn es darum geht, über professionelle Beraterinnen schnell und gezielt Wissen zu vermitteln.
Wir sehen uns also als professioneller Partner für alle Fragen rund um die Themen Praxisführung, Unternehmertum und geschäftlicher Erfolg. Wir bieten zum einen Erste Hilfe bei Problemen an und zum anderen unterstützen wir dabei, eine langfristige Strategie zu entwickeln.
Wie kann eine interessierte Ärztin in ihrem beruflichen Alltag vom Ärztinnen-Netzwerk profitieren?
Da gebe ich gerne ein paar Beispiele. Stellen Sie sich vor, sie haben als Ärztin eine Praxis mitsamt Mitarbeiterinnen übernommen. Und nach einiger Zeit finden Sie heraus, dass eine langjährige Mitarbeiterin sie bestiehlt. Doch genau zu diesem Zeitpunkt ist Ihr Anwalt – sofern Sie denn einen haben – nicht erreichbar. Jetzt brauchen Sie aber jemanden, der Sie professionell berät und in diesem Prozess begleitet. Also wendet sich diese Ärztin an das Ärztinnen-Netzwerk. Wir leiten diese Anfrage weiter an eine entsprechende Anwältin mit Expertise im Gesundheitswesen. Die Expertin könnte dann die Ärztin schnell und kompetent beraten. Das wäre ein Beispiel für die schon erwähnte „Erste Hilfe“-Situation.
Als weiteres Beispiel kann von einer Situation berichten, die sich gerade vor wenigen Tagen zugetragen hat. Uns hat eine Anfrage von einer Ärztin erreicht, die auf der Suche nach einem neuen Steuerberater war. Das dauert bei uns dann nur wenige Minuten, dann können wir solche Anfragen direkt an Kontakte weiterleiten, die optimale Beratung zum jeweiligen Fachbereich bieten können.
Darüber hinaus veranstalten wir regelmäßige Kongresse und bieten über unsere Online-Plattform in Blogartikel wertvolle Tipps und Insights.
Was müssen interessierte Ärztinnen tun, um Teil des Netzwerks werden zu können?
Sie brauchen lediglich einen Internetzugang und sind dann herzlich eingeladen, mit uns und den anderen Frauen auf unserem Netzwerk in Kontakt und Austausch zu treten.
Wie wurde das Netzwerk aufgenommen?
Uns wurde schnell deutlich, dass viele Ärztinnen verstärkt auf der Suche nach unternehmerischen Antworten waren. Das unternehmerische „Know-how“ schien in der Allgemeinmedizin nochmal brisanter zu sein als im Schwesterbereich der Zahnmedizin. Doch die Erfahrungen, die wir bisher machen durften, waren ausschließlich positiv.
Welche Pläne und Wünsche haben Sie für die Zukunft?
Mein Wunsch wäre, dass wir bereits junge Frauen ansprechen, die sich gerade für das Medizinstudium immatrikuliert haben. Dass schon Studentinnen unsere Plattform für den Wissens- und Erfahrungsaustausch nutzen, sich vielleicht gegenseitig Praktikumsplätze oder Stellenangebote empfehlen können. Aber auch, dass Ärztinnen, die in den Ruhestand gehen, weiterhin das Netzwerk mit ihrem Wissen bereichern. Somit könnten wir den kompletten beruflichen Prozess begleiten, um in allen Lagen schnell und unbürokratisch zu helfen.
Zur Person:
Claudia Huhn ist studierte Diplomkauffrau und Pädagogin. Seit 2003 arbeitet sie selbständig als Beraterin, Trainerin und Coach für Kommunikation und Verkauf. Seit 2014 ist sie Gründerin und Inhaberin des Zahnärztinnen-Netzwerks und 2020 kam schließlich das Ärztinnen-Netzwerk hinzu. Hier geht‘s direkt zum Netzwerk!