Junge Internisten beklagen den zunehmenden ökonomischen Druck und die steigende Arbeitsbelastung in den Krankenhäusern. Wie kann man für Abhilfe sorgen und den Nachwuchs für das Fach begeistern? DGIM-Kongresspräsident Prof. Hallek im Interview mit Springer Medizin.
Professor Hallek, wie bei den etablierten politischen Parteien gibt es bei der DGIM jetzt die Jungen Internisten. Speziell für den internistischen Nachwuchs ist das Chances-Programm reserviert…
Hallek: Ja, natürlich wollen wir den Nachwuchs für das Fach begeistern. Wenn Systemmedizin, also die Gesamtbetrachtung aller molekularen Veränderungen, wichtig ist, könnte die Innere Medizin das Fach sein, das dies leistet. Dafür brauchen Sie Ärzte mit breiter Ausbildung und gutem diagnostischen Blick! Die Anfangs besprochene neue Ära der Medizin ist also vielleicht auch eine Renaissance der Inneren Medizin. Dafür wollen wir werben. Wir möchten, dass junge Internisten gut ausgebildet werden. Hierfür sind verstärkte Bemühungen nötig. Das Chances-Programm ist übrigens von den Jungen Internisten selbst gestaltet worden.
Es hat eine große Assistentenumfrage stattgefunden, deren Ergebnisse beim Kongress diskutiert werden sollen. Wer wollte da was wissen?
Das lag in der Verantwortung der Jungen Internisten, um herauszubekommen, wo Weiterbildungsassistenten der Schuh drückt. Zusammenfassend kann man sagen, dass viele junge Ärzte mit der Aus- und Weiterbildung unzufrieden sind. Das mag an großen Erwartungen liegen, an der zunehmenden Bürokratisierung des Berufs. Aber auch die Gleichzeitigkeit von Klinik und Forschung ist schwer zu bewältigen. All dies führt zu Überlastungen. Solche Umfragen können uns helfen, unsere Ausbildung und Weiterbildung anzupassen. Junge Ärzte zu gewinnen funktioniert heute eher, wenn man etwas bieten kann, als wenn man Leistung anordnet. Die Umgangskultur im Medizinbetrieb ist tatsächlich dabei, sich sehr in positivem Sinne zu ändern.
Das Bündnis Junge Ärzte, an dem auch die Jungen Internisten beteiligt sind, hat in einem Positionspapier den zunehmenden ökonomischen Druck in Krankenhäusern und die sich weiter zuspitzende Arbeitsverdichtung kritisiert. Es konstatiert eine abnehmende Attraktivität des deutschen Gesundheitssystems. Ein Alarmzeichen angesichts des Nachwuchsproblems?
Ja. Darum müssen wir uns kümmern. Alle Fachgesellschaften haben Programme aufgesetzt, um dem entgegenzuwirken. Ob sich die Ärztedemografie tatsächlich in Richtung eines echten Nachwuchsmangels entwickelt, bleibt abzuwarten. Ich bin nicht so pessimistisch. Wenn wir gute Weiterbildungsangebote machen, werden auch wieder mehr Ärzte Leidenschaft für den Beruf entwickeln. Die Gehälter sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Es gibt herausragende Berufsaussichten für Ärzte in der ganzen Welt. Und die früher ausgeprägten hierarchischen Strukturen verschwinden allmählich. Kluge Klinik- und Abteilungsleiter werden die Anregungen, die von den jungen Ärzten kommen, annehmen und umsetzen, die weniger Klugen werden im Markt vergleichsweise schlechter dastehen. Reden müssen wir über die Verteilung von Ärzten in der Fläche.
Prof. Michael Hallek |
Position: seit 2003 Direktor der Klinik I für Innere Medizin an der Universität zu Köln Werdegang: 1978-1985 Medizinstudium in Regensburg, München und Paris; ärztliche Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie in München. 1990-1992 Postdoktorand am Dana-Farber-Cancer-Institute der Harvard Medical School in Boston, Massachusetts. Engagement: Wissenschaftlicher Schwerpunkt ist die Entwicklung spezifischer, molekularer Therapien für Leukämie-Patienten. Professor Hallek ist Gründer und Leiter der Deutschen CLL-Studiengruppe (DCLLSG) zur Erforschung neuer Behandlungen bei chronischen lymphatischen Leukämien, 2014 Kongresspräsident des Deutschen Krebskongresses und 2014/15 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin. |
publiziert am: 19.4.2015 11:30 Autor: Das Interview führte Thomas Meissner Quelle: Ärzte Zeitung / Springer Medizin Bildrechte: © MedizinFotoKöln
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