Jede Hiobsbotschaft, die der behandelnde Arzt überbringen muss, bedeutet einen großen Einschnitt im Leben des Patienten. Darum ist es umso wichtiger, dass Nachrichten dieser Art so einfühlsam wie möglich mitgeteilt werden. Dabei hilft ein Leitfaden, an dem man sich orientieren kann.
Vorbereitung
Bereiten Sie sich detailliert auf das geplante Gespräch vor. Verschaffen Sie sich nochmals einen Überblick zu Befunden und Laborergebnissen. Stellen Sie sich emotional und mental auf das Gespräch ein. Dabei kann es helfen, sich in die Lage des Patienten zu versetzen. Informieren Sie den Patienten über den Gesprächstermin. Am besten eignen sich hierfür der Vormittag oder frühe Nachmittag, um dem Patienten ausreichend Zeit für die Verarbeitung am gleichen Tag zu geben. Planen Sie etwa 10 bis 20 Minuten für das Gespräch ein. Berücksichtigen Sie dabei das aktuelle Befinden des Patienten. Bei Fieber, Schmerzen, Abgeschlagenheit sollte das Gespräch verschoben werden. Teilen Sie schlechte Nachrichten immer persönlich mit; niemals am Telefon. Informieren Sie das Personal über das stattfindende Gespräch und stimmen Termine dementsprechend mit ihm ab. Für das Gespräch selbst sollten Sie für eine ruhige Atmosphäre schaffen. Schließen Sie störende Rahmenbedingungen wie Mitpatienten oder Besucher sowie Handys und Piepser aus.
Gesprächsführung
Setzen Sie sich für das Gespräch an das Bett des Patienten. Halten Sie währenddessen stets Blickkontakt. Entsprechen Sie dem Wunsch des Patienten, Angehörige am Gespräch teilhaben zu lassen. Klären Sie zunächst den Informationsstand mit Ihrem Patienten ab. So erfahren Sie inwiefern er über seine lebensbedrohende Krankheit, den Krankheitsprozess, mögliche Therapien und seine Prognose aufgeklärt ist. Leiten Sie dann die schlechten Nachrichten vorsichtig ein. Sie können an den Wissensstand anknüpfen und die Worte des Patienten benutzen.
Häufige Fragen, die von Patienten an diesem Punkt gestellt werden:
- Was fehlt mir?
- Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
- Was kann ich selbst aktiv tun?
- Wie werde ich leiden müssen?
- Wer wird mich unterstützen?
Geben Sie genaue und zuverlässige Informationen weiter und benutzen Sie dabei möglichst kurze Sätze ohne Fachbegriffe. Bauen Sie hin und wieder Pausen ein, um dem Patienten die Möglichkeit zu geben die erhaltene Nachricht zu verarbeiten. Zudem kann er gegebenenfalls weitere Fragen stellen. Versichern Sie sich zwischendurch, ob Ihnen der Patient folgen kann. Versteht er das Gesagte? Verzichten Sie bewusst auf Floskeln (Kopf hoch, Das wird schon wieder etc.).
Vereinzelt möchten Patienten keine Details über ihre Krankheit erfahren. Respektieren Sie die Entscheidung ihres Patienten Informationen abzulehnen. Versichern Sie ihm jedoch, dass er seine Meinung jederzeit ändern und sich an Sie wenden kann.
Beim Überbringen schlechter Nachrichten spielen Emotionen beim Patienten selbstverständlich eine große Rolle. Mit Hilfe des sogenannten NURSE-Modells können Sie dem Patienten dabei helfen damit umzugehen und seine Gefühle zu benennen.
NURSE-Modell
Naming: die Emotion wird benannt, wenn es der Patient nicht selbst tut.
„Macht Ihnen das Angst?“ „Kann ich Ihnen Ihre Zweifel nehmen?“
Understanding: Machen Sie dem Patienten deutlich, dass Sie seine Gefühle verstehen.
„Ich kann gut verstehen, dass Ihnen die Situation Angst macht.“
„Ich verstehe, dass Sie gerade eine sehr schwere Situation zu bewältigen haben.“
Respecting: Verleihen Sie ihrem Respekt und ihrer Anerkennung dem Patienten gegenüber Ausdruck.
„Sie gehen damit sehr gut um.“ „Ich finde, Sie gehen damit sehr gefasst um.“
Supporting: Bieten Sie dem Patienten Ihre Unterstützung an und setzen das Angebot auch in die Tat um.
„Sie können jederzeit mit mir sprechen.“
„Kann ich Ihnen ansonsten noch unter die Arme greifen?“
Exploring: An diesem Punkt werden fehlende oder nicht eindeutig platzierbare Gefühle geklärt. Hat der Arzt keinerlei Anhaltspunkt in welcher emotionalen Verfassung sich der Patient befindet, kann er an dieser Stelle nochmals nachhaken.
„Beschäftigt Sie noch etwas?“
„Gibt es noch etwas, was Ihnen auf der Seele brennt?“
Mögliche Fehlerquellen, auf die Sie achten sollten:
- Der Patient wird frühzeitig von Ihnen unterbrochen.
- Sie bauen keine Pausen ein, die dem Patienten Zeit zum Reflektieren geben oder in denen er Fragen stellen kann.
- Der Patient wird von Ihnen belehrt.
- Sie bieten eine sofortige Lösung an.
- Genannte Symptome oder Gefühle des Patienten werden nicht ernst genommen.
- Sie kommunizieren offene oder versteckte Ablehnung (verbal, non-verbal)
- Die Kommunikation verläuft abwertend in Form von Vorwürfen oder Rückzug Ihrerseits.
Ende des Gesprächs
Fassen Sie alle Informationen nochmals für den Patienten zusammen. Erklären Sie die weitere Vorgehensweise und vereinbaren einen Folgetermin. Briefen Sie Ihr Team über den weiteren Verlauf der Therapie. Sehr häufig wenden sich Patienten mit Anliegen oder Fragen auch an das Pflegepersonal.