Die Pulsmessung gehört zu den Standard Untersuchungsmethoden der Allgemeinmedizin. Wo, wann und wie misst man richtig? Und welche Fehlerquellen gibt es? Diese Fragen werden in folgendem Informationsartikel beantwortet.
Inhaltsverzeichnis
Was ist der Puls?
Beim Zusammenziehen (Kontrahieren) des Herzmuskels wird Blut durch den Körper befördert. Dabei entsteht eine Druckwelle in den Arterien, die man als Pulswelle bezeichnet. Die Pulswelle kann an oberflächlichen Arterien als Puls gemessen werden. Sie gibt Aufschluss über die Herzfrequenz.
Dabei ist die Beschaffenheit des Pulses sowohl abhängig von Rhythmus, als auch Kontraktionsgeschwindigkeit der linken Herzkammer. Zudem spielen die Funktion der Aortenklappe (Herzklappe), Elastizität und Wandspannung der Aorta (Hauptschlagader) sowie das Blutvolumen eine Rolle.
Durch das Messen des Pulses wird die Anzahl der Herzschläge pro Minute ermittelt. Somit zählt es zu den einfachsten und wichtigsten Methoden, um Vitalfunktionen zu kontrollieren.
Wann wird der Puls gemessen?
Die Pulsmessung gehört zu den Standarduntersuchungen genau wie auch die Blutdruckmessung. Ob in der Arztpraxis, im Krankenhaus oder in Pflegeeinrichtungen, bei jedem Patienten wird während der Aufnahme der Puls gemessen. Dazu ist keine konkrete Indikation nötig. Auch bei gesunden Menschen, die beispielsweise zu einer Vorsorgeuntersuchung kommen, ist der Puls ein wichtiger Wert, der Aufschluss über Herztätigkeit, Flüssigkeitshaushalt und Durchblutung gibt. Verantwortlich für die Messung ist in der Regel das medizinische Personal wie die Krankenschwester bzw. der Krankenpfleger oder medizinische Fachangestellte/ medizinischer Fachangestellter (MFA).
Durch häufigere Messungen und Dokumentation der Messergebnisse bei kranken oder pflegebedürftigen Menschen können Veränderungen frühzeitig festgestellt werden, welche mögliche Anzeichen für eine Veränderung des Gesundheitszustands darstellen können. Mit ausreichend Erfahrung lässt das Messen des Pulses Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand des Patienten zu. Dazu gehören:
- Fitnessstatus und körperliche Belastung
- Psychischer Stress
- Herzrhythmusstörungen
- Dehydration (Flüssigkeitsmangel) oder Blutverlust
- Infekte oder septischen Schock
- Reduzierte Elastizität oder Verkalkung der Arterien
- Verstopfung von Arterien
Immer sollte der Puls gemessen werden, wenn sich der Gesundheitszustand eines Patienten verschlechtert oder es andere auffällige Parameter gibt. Besondere Indikationen für eine Pulsmessung sind zum Beispiel der Verdacht auf eine Verkrampfung, Verstopfung oder Verkalkung von Arterien. Auch die Überprüfung der Durchblutung von Gliedmaßen stellt eine Indikation dar. Darüber hinaus kann die Wirkung von Medikamenten überprüft werden.
Was wird beim Messen des Pulses beobachtet?
Insgesamt werden drei Werte beziehungsweise Merkmale bei der Messung vom Puls überprüft.
- Pulsfrequenz
Die Pulsfrequenz gibt an, wie viele Pulswellen pro Minute gemessen (ertastet) wurden. In der Regel sind Pulsfrequenz und Herzfrequenz identisch.
2. Pulsrhythmus
Der Pulsrhythmus ist der zeitliche Abstand zwischen den Pulswellen. Bei gesunden Menschen ist der Pulsrhythmus gleichmäßig, das heißt rhythmisch. Bei einem arhythmischen Puls sind die Abstände zwischen den Pulswellen unregelmäßig.
3. Pulsqualität
Die Pulsqualität gibt im klinischen Sprachgebrauch an, wie gut man den Puls fühlen kann und wie die Spannung ist. Sie ist von verschiedenen Kriterien abhängig, wie der Füllung der Blutgefäße, der Elastizität der Arterien sowie des Schlagvolumens des Herzens.
Man unterscheidet die Pulswellen nach folgenden Kriterien:
- Härte (duris = hart, mollis = weich)
- Anstiegsgeschwindigkeit (celer = schnell, tardus = langsam)
- Höhe der Amplitude (altus = hoch, parvus = niedrig)
Manuelle oder elektronische Pulsmessung
Die Pulsmessung kann entweder auf traditionelle Weise von Hand gemessen werden (manuell) oder die Messung kann mit einem elektronischen Gerät erfolgen.
Manuelle Pulsmessung
Die manuelle Pulsmessung erfolgt an einer Arterie, welche nahe an der Körperoberfläche liegt. Dies ist beispielsweise die Arteria Radialis am Handgelenk. Dazu wird mit den Fingern (drei mittlere) am Handgelenk (Daumenseite) die Arterie ertastet, um den Puls zu fühlen. Anschließend können die Pulsschläge gezählt werden.
Elektronische Pulsmessung
Heute gibt es auch viele Möglichkeiten, um den Puls elektronisch zu messen. Insbesondere von Ausdauersportlern wird oft eine dauerhafte, elektrische Messung durchgeführt. Folgende Möglichkeiten stehen zur Verfügung:
- Messung am Handgelenk mittels Pulsmessuhr mit Handgelenkssensor
- Messung mittels Brustgurt und Empfänger (i.d.R. auch eine Uhr)
- Messung mittels Ohrclip oder Fingerclip
Auch bei Patienten, bei denen permanent ein Puls gemessen werden soll, wie beispielsweise auf der Intensivstation, findet eine elektronische Pulsmessung statt.
Puls messen – Körperstellen
Der Puls kann an verschiedenen Körperstellen im Rahmen der manuellen Pulsmessung gemessen werden. Folgend die wichtigsten erklärt.
Puls messen am Handgelenk
Am besten eignet sich die Innenseite des Handgelenks dafür. Entsprechend wird auch am Handgelenk am häufigsten gemessen. Die Stelle wird auch als Radialis bezeichnet.
Ein Vorteil der Messung am Handgelenk ist unter anderem, dass sich hier der Puls auch bei einem angekleideten Menschen vollständig ertasten lässt. Daneben ist am Handgelenk in der Regel recht einfach der Puls zu finden, so dass eine schnelle und vollständige Messung möglich ist. Abschließend lässt sich hier auch keinerlei Schaden anrichten, egal wie lange nach dem Puls gesucht oder getastet wird.
Das folgende Video zeigt, wie der Puls am Handgelenk richtig gemessen wird:
Puls messen am Knöchel
Kann am Handgelenk kein Puls gefunden werden, obwohl der Patient beschwerdefrei und bei vollem Bewusstsein ist, kann eine andere Körperstelle verwendet werden wie der Knöchel (A. tibialis posterior). Auch wenn die Durchblutung der Beine getestet werden soll, wird der Puls am Knöchel gemessen oder am Fußrücken.
Weitere Körperstellen
Auch andere Körperstellen, bei denen eine Arterie dicht unter der Haut verläuft, eignen sich für eine Pulsmessung.
- Halsschlagader
- Leiste
- Kniekehle
- Schläfe
- Achselhöhle
- Innenseite Oberarm
Sportler beispielsweise führen regelmäßig eine Pulsmessung durch, um ihre Trainingsbelastung zu steuern. Am besten eignet sich infolgedessen die Halsschlagader (Arteria Carotis) zur Messung des Pulses, da sich die Arterien am Handgelenk während körperlicher Belastung stark zusammenziehen. Dadurch wäre die Kontrolle erschwert.
Puls messen – Vorbereitung
Bevor man mit dem Puls messen beginnt, sollten bestimmte Dinge vorbereitet und beachtet werden:
- Keine körperliche Anstrengung vor der Messung, insbesondere kein Sport treiben, denn dieser treibt den Puls in die Höhe
- Aufregung und Stress vermeiden, denn auch diese treiben Blutdruck und ggfs. Puls in die Höhe
- Keinen Kaffee vorher trinken oder andere Genussmittel, die das Herz schneller schlagen lassen
- Vor der Pulsmessung fünf bis zehn Minuten entspannen, um einen normalen und ausgeglichenen körperlichen und psychischen Zustand zu erreichen
- Falls regelmäßig Puls gemessen wird, sollte immer an der gleichen Körperstelle gemessen werden, um vergleichbare Messergebnissse zu erhalten
Puls messen – Anleitung
Folgender Ablauf wird angewandt, um den Puls zu messen:
1 – Aufsuchen einer gut tastbaren Arterie, die dicht unter der Haut verläuft. Ideal hierfür ist die Speichenarterie (Arteria Radialis) an der Innenseite des Handgelenks.
Auch über die Halsschlagader (Arteria Carotis) kann der Puls gemessen werden. Sie befindet sich in einer kleinen Vertiefung zwischen dem Kehlkopf und der seitlichen Halsmuskulatur.
2 – Unter leichtem Druck von zwei bis drei Fingerspitzen auf den Gefäßverlauf aufsetzen, bis sich das Pulsieren innerhalb der Arterie gut wahrnehmen lässt.
3 – Da meist der sogenannte Ruhepuls (ohne körperliche Anstrengung) gemessen wird, sollte der Patient bereits einige Minuten vor der Pulskontrolle entspannt sitzen oder liegen. Die eintreffenden Pulswellen werden nun mithilfe einer Uhr eine Minute lang gezählt. Alternativ kann auch nur eine halbe oder viertel Minute gezählt werden, um darauffolgend den Wert auf eine volle Minute hochzurechnen.
Mögliche Risiken oder Fehlerquellen
Das Messen des Pulses gilt allgemein als risikofrei. Dennoch sollte man darauf achten, zu großen Druck während des Messens zu vermeiden.
Fehlerquellen | Risiko |
---|---|
Zu viel Druckausübung auf die Arterie | Verfälschung des Messergebnisses |
Zu hoher Druck auf die Halsschlagader älterer Patienten, der die Druckrezeptoren an der Arterienwand reizt | Sinken der Herzfrequenz oder sogar kurzzeitiger Herzstillstand |
Ergebnis der Messung – Pulswerte
Die Pulswerte sind das Ergebnis der Pulsmessung. Diese sind standardmäßig nicht bei allen Menschen gleich sondern unter anderem abhängig vom Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht und Fitnesszustand eines Menschen. Somit hat beispielsweise ein trainierter Sportler einen niedrigeren Ruhepuls als ein untrainierter Mensch. Bei Frauen liegt der Wert dabei meist höher als bei Männern. Den idealen Ruhepuls gibt es demgemäß nicht. Allerdings gibt es gewisse Richtwerte für unterschiedliche Altersgruppen.
Puls Normalwerte
Ausführliche Informationen und weiterführende Informationen, wie hoch der ideale Puls nach Alter und Geschlecht ist, finden Sie in der Übersicht Ruheplus: Puls Normalwerte nach Alter und Geschlecht.
Niedriger Puls
Niedrige Pulswerte sind bei Ausdauersportlern in Ordnung, können aber bei anderen Menschen auf Krankheiten hindeuten. Mehr zu diesem Thema finden Sie unter Niedriger Puls.
Hoher Puls
Hohe Pulswerte müssen nicht gefährlich sein, können aber verschiedene Ursachen haben und auch auf Krankheiten zurückzuführen sein. Mehr dazu und weiterführende Informationen finden Sie im Artikel zum Thema Hoher Puls.
1. Diverse Autoren: I care Pflege, Thieme (Verlag), 4. Auflage, 2015
2. Want to check your heart rate?, www.health.harvard.edu (Abrufdatum: 19.03.2020)
3. What is the pulse and how do I check it?, www.medicalnewstoday.com (Abrufdatum: 19.03.2020)