Durch eine neurologische Untersuchung kann man Rückschlüsse auf den Leistungszustand des Gehirns sowie auf das Nervensystem ziehen. Die umfassende Erfassung der Krankengeschichte ist hierbei essenziell. Eine ausführliche körperliche Untersuchung und neurologische Tests sind im Zuge dessen unverzichtbar. Doch wann sollte man die Untersuchung durchführen lassen? Wie läuft sie ab und was kostet sie? Alles Nähere dazu ist in diesem Artikel aufgeführt.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Neurologische Untersuchung?
Die Neurologie beschäftigt sich mit Krankheiten des Nervensystems. Damit gekoppelt sind einerseits die Hirnnerven und die Nerven, die den ganzen Körper durchziehen (peripheres Nervensystem, kurz: PNS). Außerdem gehören andererseits das Gehirn und das Rückenmark dazu (zentrales Nervensystem, kurz: ZNS).
Die neurologische Untersuchung wird durch einen Neurologen (Facharzt für Neurologie) durchgeführt, um neurologische Ausfälle und Funktionsabweichungen des Nervensystems zu erkennen. Zudem ist sie als Fundament jeglicher neurologischen Diagnostik zu verstehen. Zum Großteil ist darüber hinaus eine Verdachtsdiagnose möglich, welche richtungsweisend ist. Apparative Untersuchungen wie beispielsweise das EEG, das CT oder MRT Kernspintomografie sollte man erst anschließend durchführen.
Im Gegensatz zu einer psychiatrischen Untersuchung ist die Grundlage der neurologischen Untersuchung nicht das Verhalten des Menschen. Nichtsdestotrotz gibt es Schnittpunkte. Zum Beispiel resultieren Auffälligkeiten im Gehirn häufig in auffälligem Verhalten. Ein solches Auftreten kann daraufhin ein organisches Problem im Gehirn offenbaren.
Neurologische Untersuchung Gründe
Die Methode stellt den ersten Schritt in der Diagnose von Nervensystemserkrankungen dar. Bei folgenden Gründen könnte ein solches Verfahren relevant sein:
- Schwindel
- Bandscheibenvorfälle
- druckbedingte Funktionsstörungen der peripheren Nerven
- chronisch-entzündliche Erkrankungen des ZNS, z.B. Multiple Sklerose
- Epilepsien
- Stoffwechselstörungen der peripheren Nerven, z.B. aufgrund Diabetes (diabetische Polyneuropathie)
- akute Entzündungen des Gehirns oder der Gehirnhaut
- Hirntumore oder Abszesse, die gesundes Gewebe in der Schädelhöhle verdrängen und dadurch Beschwerden evozieren
- akute Durchblutungsstörungen im ZNS, beispielsweise bei einem Schlaganfall
Doch auch manche neurologischen Erkrankungen machen das Verfahren erforderlich:
- Carotisstenose
- Hirnblutung
- Hirntumor
- Morbus Menière
- Neurofibromatose
- Schlaganfall
Anhand der Untersuchung kann man meist die Ursache und Lokalisation einschätzen. Anspruchsvolle technische Analysen oder Laborbestimmungen müssen dann nicht zwingend angeordnet werden.
Neurologische Anamnese
Zu Beginn des Besuchs befragt der Neurologe oder die Neurologin den Patienten ausführlich im Rahmen der neurologischen Anamnese. Hierbei erfolgt eine Klärung der medizinischen Vorgeschichte, wobei auf bestehende Vorerkrankungen und Operationen eingegangen wird. Überdies beschreibt der Patient die wahrgenommenen Krankheitszeichen.
Indem der Arzt gezielte Fragen über Beschwerden und Merkmale stellt, können sich wichtige Schlussfolgerungen für die weitere Vorgehensweise und Klärung der Diagnose ergeben. Je nach Art der Vermutung richtet der Neurologe seine Aufmerksamkeit darauffolgend auf spezifische Körperregionen.
Neurologische Untersuchung Ablauf
Bei Verdacht auf neurologische Störungen oder neurologische Erkrankungen betrachtet der Mediziner normalerweise sämtliche Organsysteme, fokussiert sich im Zuge dessen jedoch auf das Nervensystem. Hierbei unterscheidet man zwischen verschiedenen Untersuchungen:
Untersuchung der Hirnnerven
12 Paare Hirnnerven existieren im menschlichen Körper. Diese steuern beispielsweise die Muskeln des Kiefers oder der Augen. Darüber hinaus gibt es je einen Riech-, Seh-, Hör- sowie Gleichgewichtsnerv. Ist einer dieser Sinne beeinträchtigt, kann eine Nervenerkrankung dafür verantwortlich sein.
Die Anzahl der Nerven, welche vom Arzt analysiert werden, ist abhängig von der vermuteten Störung. Testet der Mediziner den Gesichtsnerv (Nervus facialis), muss der Patient Grimassen schneiden oder die Zähne blecken. Den Geruchssinn testet man hingegen mit bestimmten Duftstoffen.
Der Patient erhält in diesem Zusammenhang ein neutral gestaltetes Röhrchen mit Kaffee, Vanille, Zimt oder Seife. Dieses Röhrchen hält der Arzt einzeln unter jedes Nasenloch. Der Patient muss dann den Duftstoff von der Leerprobe unterscheiden. Das Hörvermögen prüft der Mediziner wiederum orientierend mit der Stimmgabel.
Sensibilitätsprüfung
Ob eine Störung des Schmerz- oder Berührungsempfindens vorliegt, kann man mit der Sensibilitätsprüfung klären. Ferner klärt diese Untersuchung, ob der Patient ein angemessenes Schmerz- und Temperaturempfinden aufweist. Dies wird geprüft, indem der Mediziner zur Prüfung des Kälte- und Wärmeempfindens Reagenzgläser mit kaltem und warmen Wasser an die Haut hält.
Sucht der Neurologe hingegen nach Störungen der Oberflächensensibilität, bestreicht er die Haut des Patienten mit einem Stück Zellstoff oder Watte. Das Schmerzempfinden stellt der Arzt mit einem spitzen Gegenstand fest. Die sogenannte Tiefensensibilität misst der Mediziner mit dem Anhalten einer kräftig angeschlagenen Stimmgabel an verschiedene Knochenvorsprünge.
Prüfung der Koordination
Mithilfe dieses Tests kann der Neurologe sich vergegenwärtigen, wie mehrere Muskeln zusammenspielen. Demzufolge bittet der Arzt zum Beispiel den Patienten, zuerst mit dem Zeigefinger den Finger des Mediziners anzusteuern. Danach soll der Patient im großen Bogen den Zeigefinger zur Nase führen (Finger-Nase-Versuch). Meist wird der Patient als Nächstes gebeten, diese Bewegungen mit geschlossenen Augen zu wiederholen.
Den Romberg-Test führt man zur Prüfung des Lagesinns durch. Im Zuge dessen muss der Patient still mit geschlossenen Füßen dastehen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Im nächsten Schritt soll er die Augen schließen. Verliert er dabei das Gleichgewicht, erreicht die Information über die Lage der Beine das Gehirn nicht. Eine Verletzung der Nerven oder des Rückenmarks ist dafür manchmal der Auslöser.
Reflex Test
Ein Reflex definiert sich als eine automatische Reaktion auf einen Reiz. Eine Untersuchung der Reflexe ist wichtig für die Feststellung, ob alle Teile dieser Bahn richtig arbeiten. Ein Beispiel ist der Plantarreflex, auch Babinski-Reflex oder Fußsohlenreflex genannt. Hiermit können Unregelmäßigkeiten in den Nervenbahnen, welche mit der bewussten Steuerung der Muskeln involviert sind, diagnostiziert werden.
Die Durchführung erfolgt mit einem Schlüssel oder anderem Gegenstand, der Unwohlsein verursacht. Dieser wird darauffolgend fest am äußeren Rand der Fußsohle entlang gestrichen. Üblicherweise krümmen sich bei allen Menschen, außer bei Säuglingen unter sechs Monaten, die Zehen nach unten. Eine Hirn- oder Rückenmarksstörung kann dann vorliegen, wenn der große Zeh sich nach oben bewegt und sich die anderen Zehen seitwärts recken.
Ein bekannter Reflex Test ist zudem das Klopfen auf die Kniesehne mit einem Reflexhammer. Eine visuelle Darstellung und was im Detail bei dem Kniesehnen Reflex geschieht, ist hier aufgezeigt:
- Ein leichter Hammerschlag ist für die Dehnung der Kniesehne verantwortlich und dadurch auch für einen Rezeptor im Streckermuskel (Oberschenkelmuskel, Muskulus quadriceps).
- Ein Dehnungsrezeptor (Muskelspindel) erzeugt ein Aktionspotenzial.
- Das sensorische Neuron bildet bei einem monosynaptischen Schaltkreis Synapsen mit einem Motoneuron im Vorderhorn des Rückenmarks aus.
- Durch die Leitung eines Aktionspotenzials des Motoneurons an den Streckermuskel wird veranlasst, dass dieser sich kontrahiert.
- Eine postsynaptische Bahn, an der ein spinales Interneuron beteiligt ist, hemmt das Motoneuron des antagonistischen Muskels und behindert ein Feuern.
- Die Konsequenz ist die Streckung des Beines.
Untersuchung der Psyche
Nicht nur körperliche Befindlichkeiten können Aufschluss über neurologische Erkrankungen oder neurologische Störungen geben. Gleichermaßen kann der psychische Zustand des Patienten beeinträchtigt sein. Dies kann sich durch eine eingeschränkte Merkfähigkeit, geschwächte Konzentration oder eine veränderte Grundstimmung bemerkbar machen. Eine geänderte Bewusstseinslage wie Schläfrigkeit kann ein weiteres Zeichen sein.
Ist dies gegeben, sollten geistige und seelische Funktionen überprüft werden. In diesem Zusammenhang können Sprach- und Rechentests zum Tragen kommen. Allerdings sind ebenso Tests zur Merkfähigkeit und Orientierung möglich. Dazu gehören beispielsweise Fragen nach dem Beruf des Patienten, dem aktuellen Ort, dem Datum oder der Jahreszeit.
Neurologische Untersuchung Kosten
Liegt eine Begründung für eine neurologische Untersuchung vor, übernimmt die Krankenkasse die Kosten vollständig. Doch es gibt im Rahmen dieser Tests ebenso Untersuchungen, welche unter die individuellen Gesundheitsleistungen fallen (IGeL).
Dazu gehört beispielsweise ein Brain-Check, bei welchem eine Ableitung der Gehirnströme erfolgt mittels einer EEG-Untersuchung (Elektroenzephalografie). Dieser wird Patienten vorgeschlagen, welche eine Gedächtnisstörung als Symptom einer beginnenden Demenz sehen. Experten warnen jedoch vor solchen Prüfungen, da sie diese als zu unpräzise erachten. Überdies liegen die Kosten eines solchen Brain-Checks zwischen 30 und 250 Euro.
1. Peter P. Urban: Klinisch-neurologische Untersuchungstechniken, Thieme (Verlag), 2. Auflage, 2016
2. Anleitung zum Neurologischen Untersuchungskurs, www.medizin.uni-halle.de (Abrufdatum: 15.01.2020)