Bei der Knochenmarkpunktion handelt es sich um ein invasives diagnostisches Verfahren. Durch Einstich in das Knochenmark mittels Spezialkanüle kann Punktat gewonnen werden, das wiederum zur Beurteilung der Blutbildung und zur Diagnosestellung von hämatologischen Erkrankungen und deren Ausbreitung im Knochenmark sowie dem blutbildenden System dient.
Inhaltsverzeichnis
Wann wird die Indikation zu einer Knochenmarkpunktion gestellt? Was muss man nach einer Knochenmarkpunktion beachten? Die wichtigsten Dinge zum Thema Knochenmarkpunktion im Überblick hier zum Nachlesen.
Was ist eine Knochenmarkpunktion?
Die Knochenmarkpunktion dient der Diagnostik und Verlaufskontrolle von Erkrankungen, die das Blut und das blutbildende System betreffen. Die Blutbildung, die als Hämatopoese bezeichnet wird, erfolgt beim Ungeborenen vor allem in den Organen der Milz und Leber. Beim Erwachsenen findet die Blutbildung ausschließlich im Knochenmark statt.
Unter dem Knochenmark versteht man das Weichgewebe, das die inneren Hohlräume aller Knochen ausfüllt und etwa 4 Prozent des Körpergewichts eines Erwachsenen entspricht. Man unterscheidet zwischen dem roten, hämatopoetisch aktiven Mark (2 Prozent) und dem gelben, hämatopoetisch inaktiven Fettmark (2 Prozent). Das rote Knochenmark ist beim Erwachsenen nur noch in den Knochen des Achsenskeletts vorhanden, demnach läuft die Blutbildung vor allem in den Knochen von Schädel, Wirbelsäule und Thorax ab, während das gelbe Mark vor allem in den Diaphysen der Extremitäten vorkommt.
Bei der Knochenmarkpunktion wird durch den Einstich in das Knochenmark mittels Spezialkanüle Punktat gewonnen, aus welchem ein sogenannter Knochenmarkausstrich hergestellt wird und der Beurteilung der Blutbildung dient; untersucht werden Bildung sowie Reifung der verschiedenen Zellreihen.
Zu diesen zählen folgende vier Zellreihen:
- Erythropoese
- Thrombopoese
- Granulopoese
- Lymphpoese
Die Blutzellen, die im Knochenmark heranreifen, gelangen später in die Blutbahn.
Bei einem auffälligen Blutbild, das zum Beispiel einen Mangel an Blutzellen aufweist, sollte eine Knochenmarkuntersuchung durchgeführt werden. Hämatologische Erkrankungen, wie zum Beispiel Leukämie, das maligne Lymphom, Plasmozytom, können durch die Auswertung einer Knochenmarkpunktion diagnostiziert werden.
Knochenmarkpunktion – Gründe
Eine Knochenmarkpunktion ist immer dann indiziert, wenn ein Verdacht auf eine Erkrankung des Blutes und des blutbildenden Systems besteht oder einer Verlaufskontrolle der jeweiligen Erkrankung stattfinden soll.
Eine Knochenmarkpunktion ist unter anderem sinnvoll:
- bei auffälligen Blutveränderungen
- zur Diagnose und Verlaufskontrolle einer Blutarmut (Anämie)
- zur Diagnose und Verlaufskontrolle verschiedener Formen der Leukämie (Erkrankung der weißen Blutkörperchen)
- zur Diagnose von Plasmozytom, Lymphome
- zur Diagnose oder Verlaufskontrolle einer Knochenmark-Aplasie (Mangel aller blutbildenden Zellreihen)
- zur Diagnose einer Polycythamia vera (Vermehrung aller blutbildenden Zellreihen)
- beim Verdacht auf Knochenmarkmetastasen
Auch können mittels Knochenmarkpunktion Stammzellen für eine Therapie gewonnen werden (Knochenmarkspende).
Bei mehreren Erkrankungen des blutbildenden Systems stellt die therapeutische Knochenmarkspende die einzige Heilungsmöglichkeit dar. Einem passenden Spender wird etwa ein Liter rotes Knochenmark entnommen, das hämatopoetische Stammzellen enthält, und dem Empfänger intravenös verabreicht werden kann.
Knochenmarkpunktion – Ablauf
Nach einer Desinfektion und örtlichen Betäubung erfolgt mittels Spezialkanüle eine Punktion des Knochenmarks platter Knochen.
In diesem Fall wird typischerweise Knochenmark aus dem Beckenkamm, der Spina iliaca posterior superior, entnommen. Hierbei liegt die Patientin/der Patient auf dem Bauch oder der Seite. Bei sehr adipösen Menschen kann die Knochenmarkpunktion auch aus dem Brustbein, dem Sternum, erfolgen.
Im Rahmen der Untersuchung wird nur eine kleine Menge, ungefähr fünf bis zehn Milliliter Knochenmark benötigt.
Die Spezialnadel wird zunächst bis zum Knochen, durch die feste Schicht des Knochens bis in die Spongiosa vorgeschoben, die das Knochenmark enthält. Mit einer Spritze, die über die Punktionsnadel aufgesetzt wird, kann Knochenmarksblut abgesaugt werden.
In diesem Moment kann der Patient ein Druckgefühl an der Einstichstelle empfinden sowie einen kurzen ziehenden Schmerz, sobald das Knochenmark in die Spritze durch Sog befördert wird.
Nach der Knochenmarkpunktion wird die Einstichstelle mit einem Kompressionsverbrand versorgt, auf das für etwa eine halbe Stunde ein Sandsack platziert wird, um Nachblutungen und die Bildung von Hämatomen prophylaktisch zu verhindern. Das gewonnene Punktat wird auf einen Objektträger gestrichen und eingefärbt, damit sich die Zellen unter dem Mikroskop gut darstellen und quantifizieren lassen können (Knochenmarkausstrich).
Die Knochenmarkpunktion kann ambulant durchgeführt werden und dauert maximal 15 Minuten.
Knochenmarkpunktion – Komplikationen und Risiken
Zu den möglichen Komplikationen, die durch eine Knochenmarkpunktion zustande kommen können, zählen unter anderem:
- kurze, stechende Schmerzen, welche in der Regel abklingen und durch geeignete Arzneimittel minimiert werden können
- Nachblutungen
- Infektionen an der Punktionsstelle
- Hämatombildung
- Verletzung und Entzündungen benachbarter Organe und Gewebestrukturen
- Verletzung von Nerven
- länger anhaltende Schmerzen, Missempfindungen, Taubheitsgefühl
Selten können auch Atem- oder Herzkreislaufstörungen auftreten, wenn die Gabe von Beruhigungs- oder Schmerzmitteln verabreicht werden.
Nach einer Knochenmarkpunktion werden die Vitalparameter (Puls, Blutdruck und andere Werte) für etwa eine Stunde noch beobachtet.
Es ist wichtig, sich am Tag der Knochenmarkpunktion körperlich zu schonen.
Knochenmarkpunktion – Ist der Vorgang schmerzhaft?
Eine Knochenmarkpunktion kann, wie bereits erwähnt, mit kurzen, stechenden Schmerzen verbunden sein, wenn die Spezialkanüle in das Knochenmark eingebracht und Knochenmark über eine Spritze abgesaugt wird. Die Schmerzen nach der Knochenmarkpunktion sind mit den Schmerzen einer Prellung zu vergleichen.
Knochenmarkpunktion – Kosten
Die Knochenmarkpunktion zählt als das wichtigste Untersuchungsverfahren zu Diagnose, Behandlungskontrolle und Nachsorge von Erkrankungen des Blutes. Bei begründetem Verdacht auf eine Erkrankung des blutbildenden Systems kann die gesetzliche Krankenkasse die Kosten für die Untersuchung übernehmen. Es wird empfohlen, sich vorab bei der jeweiligen Krankenkasse zu informieren, da die Entscheidung vom Einzelfall abhängen kann.
1. Theml, H.: Taschenatlas Hämatologie: Mikroskopische und klinische Diagnostik für die Praxis, Thieme-Verlag, 6. Auflage 2012
2. Entnahme von Knochenmark. Online-Informationen der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie: www.kinderkrebsinfo.de (Abrufdatum: 05.03.2020)