
Kreatinin ist ein wichtiger Laborwert, mit dem sich die Nierenfunktion beurteilen lässt. Mithilfe dieses Parameters kann die Ausscheidungsleistung abgeschätzt und mögliche Nierenerkrankungen diagnostiziert werden. Wie genau Kreatinin gebildet wird, welche Gründe für erhöhte Werte vorliegen können und was man bei Abweichungen beachten sollte – ein Überblick.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Kreatinin?
Kreatinin ist das Abbauprodukt des Kreatins, das sich vor allem in unseren Skelettmuskeln befindet. Kreatin ist Energiespeicher sowie Energielieferant und daher wichtig für unsere Gehirn- und Nervenfunktion und Muskelarbeit. Kreatin wird von Sportlern außerdem gern als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen. Das abgebaute Kreatinin ist eine harnpflichtige Substanz, die über die Nieren ausgeschieden wird, da sie keine Funktion im Organismus hat. Sammeln sich diese sogenannten harnpflichtigen Substanzen hingegen an, kommt es zu einer Vergiftung und Überwässerung des Körpers. Kreatinin gibt also wichtige Hinweise auf die Nierenleistung. Nimmt sie ab, steigt die Kreatinin-Konzentration im Blut. Das ist allerdings erst dann der Fall, wenn die Funktion der Nieren bereits schon bis zu 50 Prozent eingebüßt hat. Somit ist Kreatinin kein besonders sensitiver Laborwert, wenn es um die Früherkennung von Nierenschäden geht. Ein normaler Wert schließt daher auch eine beginnende Niereninsuffizienz nicht aus.
Kreatinin-Clearance
Das Clearance (die sogenannte Klärfähigkeit) gibt an, wie schnell die Nieren harnpflichtige Substanzen aus dem Blut entfernt. Mit diesem Verfahren wird das Blutvolumen beschrieben, das pro Minute von einer bestimmten Substanz geklärt und gereinigt wird.
Da Kreatinin erst ansteigt, wenn die Nierenfunktion schon erheblich eingeschränkt ist, ist Kreatinin alleine kein besonders aussagekräftiger Wert. Möchte man aber nun wissen, ob eine Funktionseinschränkung der Nieren vorliegt, dann nutzt man ein Kreatinin-Clearance und bestimmt die Ausscheidungsrate, die GFR – die glomeruläre Filtrationsrate. Sie ist der genaueste Weg, um die Nierenleistung zu beurteilen und das Stadium der Nierenerkrankung zu erkennen. Die GFR berechnet sich auf der Grundlage einer Formel, die sowohl Alter als auch Geschlecht und Kreatinin aus dem Serum sowie Urin miteinbezieht. Auf diese Weise erhält man eine sehr zuverlässige Aussage darüber, wie gut die Nieren noch arbeiten.
Kreatin im Stoffwechsel
Kreatinin entsteht aus dem Stoff Kreatin der Muskulatur. Dieses Kreatin wird einerseits in der Leber, den Nieren und der Bauchspeicheldrüse aus den Aminosäuren Glycin und Arginin hergestellt. Es gelangt dann ins Blut und von dort in die Skelettmuskulatur, wo es als Energiespeicher für die Muskelarbeit dient. Andererseits nehmen wir Kreatin über die Nahrung auf, besonders viel über gekochtes Fleisch. Täglich werden etwa 1 bis 2 Prozent Kreatinin über den Urin ausgeschieden. Sehr geringe Mengen werden auch über den Darm und die Galle ausgeschieden.
Übrigens: Kreatinin und Kreatin leitet sich aus dem griechischen Kreat ab, das übersetzt Fleisch bedeutet – das hängt damit zusammen, dass wir Kreatin vorwiegend über fleischreiche Nahrung aufnehmen, die Substanz aber auch überwiegend im Muskelfleisch vorkommt.
Wann wird Kreatinin bestimmt?
Kreatinin ist ein wichtiger Laborwert, um die Nierenfunktion zu überprüfen und wird daher bei Verdacht jeglicher Nierenerkrankungen sowie bei der Kontrolle einer Funktionsstörung bestimmt. Er ist ebenfalls ein wichtiger Verlaufsparameter, um den Erfolg von Therapieverfahren einzuschätzen. Bei akuten sowie chronischen Nierenerkrankungen, Stoffwechselerkrankungen (z.B. Diabetes mellitus, Hyperurikämie), Bluthochdruck, Bindegewebserkrankungen oder auch bei starken Blutungen und Wasserverlust wird die Kreatinin-Konzentration überprüft. Ebenso bei dem Verdacht einer Schocksymptomatik, einer toxischen Schädigung durch Medikamentenkonsum sowie dem vermehrten Abbau von roten Blutkörperchen.
Kreatinin – Normwerte nach Geschlecht und Alter
Kreatinin ist von einigen Einflussfaktoren abhängig, vom Alter und auch der Muskelmasse. So kann es bei einem Kraftsportler und Bodybuilder zu erhöhten Kreatininwerten kommen, die Nieren sind dabei aber völlig in Ordnung. Umgekehrt genauso – eine zarte, ältere Dame mit reduzierter Muskelmasse kann trotz scheinbar normaler Kreatininwerte bereits eine Funktionseinschränkung der Nieren aufweisen. Kreatinin sollte man daher nie als alleinigen Laborwert bei der Nierendiagnostik verwenden, sondern als Verlaufsparameter.
Kreatinin kann sowohl im Blut als auch im Harn gemessen werden. Die folgenden Tabellen zeigen die verschiedenen Normwerte für das jeweilige Alter und Geschlecht. Die Einheit mg/dl steht für Milligramm pro Deziliter.
Kreatinin im Blutserum
Geschlecht und Altersgruppen | Normwerte Kreatinin in mg/dl |
Männer < 50 Jahre | 0,84 – 1,25 |
Männer > 50 Jahre | 0,81 – 1,44 |
Frauen | 0,66 – 1,09 |
Kinder (16 – 18 Jahre) | 0,8 – 1,4 |
Kinder (13 – 15 Jahre) | 0,6 – 1,2 |
Kinder (10 – 12 Jahre) | 0,6 – 1,0 |
Kinder (7 – 9 Jahre) | 0,6 – 0,9 |
Kreatinin im Urin
Frauen | Männer | |
Morgendliche Urinprobe | 260 – 2.170 mg/l | 390 – 2.590 mg/l |
24-Stunden-Sammelurin | 1,0 – 1,3 g/Tag | 1,5 – 2,5 g/Tag |
Kreatinin – Wann zu hoch?
Mögliche Ursachen für eine hohe Kreatinin-Konzentration sind eine akute oder chronische Nierenschädigung, aber auch eine längere Einnahme von Schmerzmitteln und Entzündungshemmern sowie Antibiotika. Außerdem kann eine akute Muskelverletzung, Flüssigkeitsmangel oder auch eine Muskelinjektion Auslöser für erhöhte Werte sein. Stoffwechselerkrankung wie Diabetes mellitus, Gifte und Schwermetalle, allergische Reaktionen oder auch Gefäßverschlüsse in der Niere durch Blutgerinnsel lassen die Werte ebenfalls ansteigen.
Gründe für erhöhte Werte im Urin sind häufig die Verengung der Blutgefäße und der daraus resultierende Bluthochdruck, aber auch Hormonstörungen, die den Spiegel ansteigen lassen. Außerdem führt eine fleischreiche Ernährung zu einer erhöhten Kreatinin-Konzentration.
Da die Kreatininwerte erst bei einem Funktionsverlust von etwa 50 Prozent ansteigen, ist eine Früherkennung bestimmter Erkrankungen allein mit diesem Wert nicht möglich. Denn Nierenerkrankungen verlaufen häufig schleichend – es kommt lange zu keinen direkten Beschwerden, sodass sie in vielen Fällen erst sehr spät diagnostiziert werden. Symptome und Hinweise einer möglichen Niereninsuffizienz und dementsprechend hoher Kreatininwerte sind Wassereinlagerungen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Leistungsabbau und Kopfschmerzen sowie unerklärliches Fieber, schwache Blase und Schmerzen beim Wasserlassen. Sollten diese Beschwerden über einen längeren Zeitraum anhalten, sollte man seine Nierenwerte abklären lassen. Besonders Menschen mit häufigen Blasenentzündungen sollten die Werte regelmäßig im Auge behalten.
Kreatinin – Wann zu niedrig?
Verminderte Kreatininwerte treten häufig auf, wenn die Muskelmasse konstitutionell oder durch eine Erkrankung vermindert ist. Außerdem kann eine niedrige Kreatinin-Konzentration auch während der Schwangerschaft oder bei Untergewicht auftreten.
Kreatinin-Werte – Was tun bei Abweichungen?
Sind die Kreatininwerte erhöht, muss die Ursache dafür herausgefunden werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Funktionsstörung der Nieren vorliegt, ist erhöht, kann aber allein durch den Wert nicht sicher festgestellt werden. Um den Zustand der Niere genauer abzuklären, kann unter anderem eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt oder auch eine Gewebeprobe (Biopsie) entnommen werden.
Um die Nierengesundheit möglichst lange zu erhalten, spielt der eigene Lebensstil eine wichtige Rolle. Patienten sollten in jedem Fall auf die richtige Blutdruckeinstellung und Diabetes-Erkrankte auf die passende Blutzuckereinstellung achten. Die Ernährung wirkt sich ebenfalls auf die Nieren und ihre Gesundheit aus und kann eine bestehende Nierenerkrankung vorantreiben.
Nieren-Patienten wird daher empfohlen, auf eine phosphat- und kaliumarme Ernährung umzustellen. Die Proteinzufuhr bei Patienten mit Chronischen Nierenerkrankungen (CKD) sollte wie in der Normalbevölkerung etwa 0.8-1.0 g/kgKG/d betragen. Bei einer GFR von unter 30 ml/min/1.73 qm oder gleichzeitig zur CKD bestehendem Diabetes sollte man sich an der Untergrenze, also 0.8 g/kgKG/d orientieren. Das entspricht einer Proteinmenge von etwa 48g pro Tag bei einer Person von 60kg Körpergewicht. Allgemein sollte eine Proteinrestriktion unter 0.8 g/kgKG/d ebenso vermieden werden wie eine erhöhte Proteinzufuhr von > 1.3 g/kgKG/d.
Diese Empfehlungen gelten lediglich für Patienten mit chronischer Nierenerkrankung (CKD), die keine Dialyse erhalten. Bei Dialyse muss die Ernährung anders verlaufen, da einige Stoffe wie Proteine während dieser verloren gehen können und über die Nahrung zusätzlich aufgenommen werden müssen. Das genaue Vorgehen wird dann im Dialysezentrum zusammen mit einem individuellen Ernährungsplan besprochen. Aber auch ohne laufende Dialyse bietet sich eine Ernährungsberatung an, bei der Tipps für eine ausgewogene Ernährung gegeben werden, die eine Fehlernährung verhindert und auf die richtige Menge von Kalium, Phosphat und Protein achtet.
Zusätzlich können Sport und körperliche Bewegung helfen, Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Übergewicht zu senken. Außerdem sollten jene Medikamente gemieden werden, die die Nieren schädigen. Dazu zählen die Schmerzmittel Diclofenac und Ibuprofen, aber auch bestimmte Antibiotika. Werden Störungen der Nierenleistung festgestellt, sollten diese Medikamente sofort in ärztlicher Rücksprache abgesetzt werden. Bei einem neuen Arztkontakt sollte unbedingt eine bestehende Nierenerkrankung erwähnt werden, da viele Medikamente über die Nieren ausgeschieden werden und die Dosis von Medikamenten eventuell angepasst werden muss, um eine Überdosierung zu vermeiden.
Mehr zu Nierenwerten
1. Beise, U., Heimes, S., Schwarz, W.: Gesundheits- und Krankheitslehre, Springer Medizin Verlag, 2. Auflage, 2009
2. Arasteh, K., Baenkler, H.-W., Bieber, C., et al.: Innere Medizin, Georg Thieme Verlag, 2. Auflage, 2009
3. Creatinine: What is it?, www.kidney.org (Abrufdatum: 20.11.2020)