
Harnstoff, auch besser bekannt als Urea, ist vielen als Inhaltsstoff in Cremes und Kosmetikprodukten bekannt. Darüber hinaus dient er auch als Laborparameter bei der Bestimmung der Nierenwerte. Aber was genau ist Harnstoff und wie wird er im Körper gebildet? Darüber und wie man bei abweichenden Normwerten vorgehen sollte, gibt der folgende Artikel einen kurzen Überblick.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Harnstoff?
Harnstoff ist ein Endprodukt im Eiweißstoffwechsel und wird in der Leber gebildet. Während diesem Prozess entsteht zunächst giftiges Ammoniak, das der Körper in ungiftigen Harnstoff umwandelt, damit es zu keiner Vergiftung kommt. Dieser gelangt dann über den Blutkreislauf in die Nieren, in denen er gefiltert und wieder ausgeschieden wird. Geringe Mengen werden aber auch über den Stuhl und Schweiß ausgeschieden. Harnstoff ist eine weiße, kristalline Substanz, die geruchlos ist. Sonstige Bezeichnungen sind Carbamid, Carbonyldiamid oder Kohlensäurediamid.
Harnstoff fällt in die Gruppe der sogenannten „harnpflichtigen Substanzen“, zu denen außerdem Harnsäure und Kreatinin gehören. Diese Stoffe müssen wieder ausgeschieden werden, da der Körper keine anderweitige Verwendung für sie findet. Nahm man lange Zeit an, dass diese Substanzen ausschließlich nur in lebenden Organen gebildet werden, können sie mittlerweile auch künstlich hergestellt werden.
Harnstoff wird in vielen unterschiedlichen Bereichen eingesetzt. Durch seine hohe Wasserbindungsfähigkeit ist er ein wertvoller Feuchtigkeitsfaktor in vielen Kosmetikprodukten. Bestimmte Hautkrankheiten, wie Schuppenflechte und Neurodermitis, werden mit Urea-Salben behandelt. In der Pharmazie ist er ebenfalls als ein wichtiger Wirkstoff bekannt und findet sich in vielen Arzneimitteln wieder – er ist unter anderem Bestandteil von Wundsalben und Schlafmitteln. Auch bei Nagelpilz wird Harnstoff in Verbindung mit einem Antipilzmittel zur Behandlung eingesetzt. Darüber hinaus wird er als Stickstoffdünger in der Landwirtschaft und Klebemittel eingesetzt sowie in Kühlpacks. Harnstoff wird auch in der Lebensmittelindustrie als Stabilisator benutzt (E-Nummer 927b). Der menschliche Körper produziert etwa 20 bis 30 Gramm Harnstoff täglich.
Wann wird Harnstoff bestimmt?
Harnstoff wird als ein ergänzender Laborwert bei der Kontrolle der Nierenwerte bestimmt, besonders bei Verdacht einer Nierenerkrankung oder gar eines akuten Nierenversagens. Bei chronischen Nierenschäden, Vorerkrankungen (z.B. bei Diabetes) sowie Dialysepatienten wird er ebenfalls regelmäßig abgenommen. Für eine Früherkennung eignet sich der Wert allerdings nicht, da er erst bei einem schon deutlichen Funktionsverlust der Niere ansteigt. Der Harnstoffwert wird im Serum oder Blutplasma bestimmt, ist aber auch im 24 Stunden-Urin messbar.
Erhöhte Werte können sich in Beschwerden wie Fieber, anhaltender Müdigkeit und Kopfschmerzen äußern, aber auch in unregelmäßigem Wasserlassen (vermehrt oder vermindert) und dabei auftretenden Schmerzen, unkontrolliertem Zittern und Erbrechen.
Harnstoff – Normwerte Übersicht nach Alter
Die Harnstoff-Normwerte variieren je nach Alter. Die Maßeinheit mg/dl steht für Milligramm pro Deziliter.
Alter | Normwert |
unter 3 Jahre | 11,0 bis 36,0 mg/dl |
3 bis 12 Jahre | 15,0 bis 36,0 mg/dl |
13 bis 18 Jahre | 18,0 bis 45,0 mg/dl |
ab 19 Jahre | 16,6 bis 48,5 mg/dl |
Die Werte sollten nie einzeln beurteilt werden, sondern immer in Verbindung mit anderen Nierenwerten. Da eine sehr eiweißreiche Kost eine hohe Harnstoffkonzentration mit sich bringt, ist der Wert allein betrachtet kein aussagekräftiger Laborwert. Allerdings liegen bei Nierenschäden immer erhöhte Harnstoffwerte vor und kann daher als Ergänzung wichtige Rückschlüsse auf die Schwere der Erkrankung geben.
Harnstoff – Wann zu hoch?
Erhöhte Werte finden sich bei einem akuten Nierenversagen sowie einem fortgeschrittenen, chronischen Nierenversagen, bei dem die Nierenfunktion nur noch bei etwa 30 Prozent und weniger liegt. Außerdem können Erhöhungen bei einer starken Dehydration und Austrocknen des Körpers vorliegen. Ein ausgeprägter Flüssigkeitsmangel, starker Durst und Fieber lassen den Harnstoffwert ansteigen, ebenso wie ein starker Eiweißabbau während einer Fastenkur.
Auch bei einer sehr eiweißreichen Ernährung, die beispielsweise oft bei Krafttraining zum Muskelaufbau vorkommt, zeigen sich erhöhte Harnstoffwerte im Blut. Nierensteinbildung sowie Tumore, Erbrechen und Durchfall können ebenfalls Auslöser sein. Der Körper baut außerdem bei Verbrennungen, starken Verletzungen und Blutungen große Mengen an Eiweiß ab, die erhöhte Werte zur Folge haben.
Harnstoff – Wann zu niedrig?
Ursachen erniedrigter Harnstoffwerte können schwere Lebererkrankungen sowie angeborene Stoffwechselerkrankungen sein. Auch eine eiweißarme Ernährung und ein daraus resultierender Eiweißmangel kann zu abweichenden Normwerten führen. In Schwangerschaften können beispielsweise zu wenige Proteine anfallen, die abgebaut werden müssen.
Harnstoff – Was tun bei Abweichungen?
Erniedrigte Werte können meist mit einer eiweißreicheren Kost ausgeglichen werden und geben keinen Grund zur Besorgnis. Menschen, die eine Diät machen, sollten mehr Proteine zu sich nehmen – z.B. Sojabohnen, Kürbiskerne, Linsen, Nüsse.
Bei einer erhöhten Harnstoffkonzentration hingegen sollte man die mögliche Ursache dafür herausfinden. Für eine akute Senkung hoher Werte eignet sich das Dialyseverfahren, ein Nierenersatzverfahren. Die sogenannte Blutwäsche wird eingesetzt, wenn der Harnstoffwert bei mehr als 200mg/dl liegt. So können giftige und krankmachende Stoffe aus dem Blut entfernt werden.
Übrigens: Auch, wenn sich Urea in vielen Cremes und Präparaten wiederfindet, hat ihre Anwendung keinen Einfluss auf den Harnstoff im Körper und im Blut.
Mehr zu Nierenwerten
1. Beise, U., Heimes, S., Schwarz, W.: Gesundheits- und Krankheitslehre, Springer Medizin Verlag, 2. Auflage, 2009
2. Piper, W.: Innere Medizin, Springer Medizin Verlag, 1. Auflage, 2007
3. Bastigkeit, M.: Meine Laborwerte, Stiftung Warentest, 5. Auflage, 2020
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