Häufig finden Patienten nur zufällig heraus, dass sie einen erhöhten Harnsäure-Spiegel im Blut haben. Dabei können unentdeckte, erhöhte Werte über Jahre ernste Folgen haben und zu einer Gicht und Nierenerkrankungen führen. Worum es sich genau bei der Harnsäure handelt, wie sie gebildet wird und es zu einem Zuviel an Harnsäure kommen kann? All das und wie man erhöhte Werte natürlich senken kann – im folgenden Überblick.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Harnsäure?
Die Harnsäure ist das Endprodukt der sogenannten Purine und wird durch die Nieren im Blut gefiltert und wieder ausgeschieden. Purine sind Bausteine der Nukleinsäuren und ein wichtiger Teil unserer DNA. Aus ihnen bestehen die Erbinformationen in den Körperzellen. Sie kommen in sämtlichen Zellen vor, die Zellkerne haben. Purine sind die Vorläufer der Harnsäure. Neben der DNA, nehmen wir Purine aber auch über unsere Nahrung auf, besonders viele über tierische Lebensmittel.
Harnsäure im Blut ist also völlig normal, es wirkt sogar antioxidativ und schützt die Zellwände. Durch das Ausscheiden von Harnsäure wird der Harnsäure-Spiegel ausgeglichen. Ist jedoch die Harnsäurekonzentration zu hoch, ist das schädlich und kann sich in kristalliner Form im Körper an Gelenken absetzen. Gicht und Nierensteine sind dann die Folge. Anhand der Harnsäurewerte lassen sich Nierenfunktionsstörungen und genetisch bedingte Abbaustörungen erkennen.
Harnsäurestoffwechsel im Körper
Es gibt zwei wichtige Mechanismen, wie Purine im Körper vorhanden sind – die Nahrungsaufnahme und die Eigenproduktion. Die Purine werden entweder verbraucht oder das Purin, das man zu viel hat, wird durch eine Oxidation in Harnsäure umgewandelt. Da Harnsäure nicht wasserlöslich ist, verbleiben hohe Mengen, die nicht ausgeschieden werden, im Blut und bilden sich zu Kristallen, die sich an Gelenken und Knochen ablagern und zu einer Gicht führen können. Das Immunsystem sieht die Kristalle als Angreifer und löst dadurch Entzündungsreaktionen im Körper aus.
Harnsäure und Ernährung
Über die Nahrung nehmen wir Purine auf, besonders in tierischen Lebensmitteln, Fleisch, Innereien, Wurst, Fischsorten wie Lachs, Ölsardinen und Thunfisch sind viele Purine enthalten. Große und häufige Mahlzeiten davon können den Harnsäurestoffwechsel erheblich stören und die Nieren überfordern. Auch Alkohol lässt den Harnsäure-Spiegel im Blut ansteigen und kann ebenfalls zu einem Risiko für einen Gichtanfall werden. Beim Abbau von Alkohol wird außerdem Milchsäure gebildet, die ebenfalls die Ausscheidung der Harnsäure hemmt.
Wann wird Harnsäure bestimmt?
Häufig wird der Harnsäurewert routinemäßig in Blutuntersuchungen bestimmt. Eine spezielle Bedeutung stellt er bei einem Verdacht und Diagnose einer Nierenerkrankung dar sowie bei einer Gicht-Erkrankung bzw. einem akuten Gichtanfall, in Krebstherapien, bei Fettstoffwechselstörungen und Schilddrüsenerkrankungen. Auch während Fastenkuren sollte man den Harnsäure-Spiegel im Auge behalten und regelmäßig messen, da eine radikale Gewichtsreduktion dafür sorgt, dass es zu einer vermehrten Bildung von Harnsäure im Körper kommt.
Harnsäure zu Hause messen
Die Harnsäure lässt sich auch mit speziellen Geräten zu Hause bestimmen. Besonders für Menschen mit chronischen Erkrankungen ist die regelmäßige Selbstmessung zu empfehlen. Sie ähnelt der einer Blutzuckermessung und ist häufig auch als Kombi-Messgerät erhältlich und in Blutzuckermessgeräten integriert. Man gibt einen Tropfen Blut auf einen Teststreifen und das Gerät ermittelt dann innerhalb weniger Sekunden den Harnsäurewert. Allerdings liefern nicht alle Geräte, die sich auf dem Markt befinden, immer präzise Angaben. Außerdem sollte man bedenken, dass die Werte von Tag zu Tag schwanken können, da sie von der Tageszeit, der Ernährung und Flüssigkeitszufuhr abhängig sind. Für Vergleiche empfiehlt sich daher, immer zur gleichen Uhrzeit zu messen.
Harnsäure – Normwerte nach Alter und Geschlecht
Die Harnsäurewerte sind abhängig vom Alter und Geschlecht. Die Angaben mg/dl stehen für Milligramm pro Deziliter.
Alter | weiblich | männlich |
bis 1 Monat | 1,0 bis 4,6 mg/dl | 1,0 bis 4,6 mg/dl |
1 bis 12 Monate | 1,1 bis 5,6 mg/dl | 1,1 bis 5,6 mg/dl |
1 bis 5 Jahre | 1,8 bis 5,6 mg/dl | 1,8 bis 5,6 mg/dl |
6 bis 11 Jahre | 1,8 bis 5,9 mg/dl | 1,8 bis 5,9 mg/dl |
12 bis 14 Jahre | 2,2 bis 6,4 mg/dl | 3,1 bis 7,0 mg/dl |
15 bis 17 Jahre | 2,4 bis 6,6 mg/dl | 2,1 bis 7,6 mg/dl |
ab 18 Jahre | 2,5 bis 6,5 mg/dl | 3,0 bis 6,9 mg/dl |
Harnsäure-Spiegel – Wann zu hoch?
Bei einem Harnsäure-Spiegel ab etwa 6,4 mg bei Frauen und 7,0 mg bei Männern spricht man von erhöhten Werten, der sogenannten Hyperurikämie. Die Nieren schaffen es dann nicht mehr, die hohen Mengen Harnsäure zu filtern und über den Urin auszuscheiden.
Erhöhte Werte und die Hyperurikämie können verschiedene Gründe haben:
- eine zu hohe Eigenproduktion von Purinen, sodass die Harnsäure im Blut verbleibt. Da sie nicht wasserlöslich ist, bilden sich dadurch Kristalle
- eine zu hohe Nahrungszufuhr von Purinen – das können Speisen sein, aber auch fruktosehaltige Getränke und ein erhöhter Alkoholkonsum
- hoher Medikamentenkonsum
- zu schlechte Nierenleistung und eingeschränkte Funktion (z.B. bei Diabetes)
- Krebserkrankung – dabei kommt es zu einem Zerfall von Zellen und Zellkernen
- Heilfasten
Nicht jeder erhöhte Harnsäure-Spiegel führt zu einem Gicht-Anfall, aber es gibt gewisse Risikogruppen, die ihre Werte regelmäßig beobachten sollten. Das sind Übergewichtige, Diabetes-Erkrankte, Menschen mit einem hohen Blutdruck und Fettstoffwechselstörungen. Außerdem: Erhöhte Harnsäurewerte können, unabhängig von anderen Risikofaktoren, zu kardiovaskulären Erkrankungen führen.
Primäre Hyperurikämie
Die primäre Hyperurikämie ist eine genetisch bedingte Ausscheidungsschwäche und eine angeborene Störung des Purinstoffwechsels, in seltenen Fällen besteht sie auch durch ein Enzymdefekt.
Sekundäre Hyperurikämie
Die sekundäre Hyperurikämie ist die Folge anderer Erkrankungen (z.B. Nierenschäden und Niereninsuffizienz, bei denen es zu einer verminderten Harnsäureausscheidung kommt). Sie kann sich aber auch durch bestehende Blutkrankheiten bilden, bei denen es zu einer vermehrten Harnsäure durch erhöhten Zellabbau kommt. Außerdem tritt sie ein, wenn es zu einer vermehrten Harnsäurebildung bei gleichzeitig verminderter Harnsäureausscheidung kommt, was bei der Glykogenspeicherkrankheit Typ I der Fall ist.
Harnsäurespiegel – Wann zu niedrig?
Zu niedrige Harnsäurewerte können auf Lebererkrankungen und Störungen des Purinstoffwechsels hindeuten. Eine Überdosierung bestimmter harnsäure-senkender Medikamente lösen ebenfalls einen niedrigen Harnsäure-Spiegel aus.
Bei der angeborenen Purinstoffwechselkrankheit Xanthinurie kommt es ebenfalls zu einem niedrigen Harnsäure-Spiegel, bei der eine Schwäche des Enzyms Xanthin-Oxidase vorliegt, das wichtig bei dem Abbau von Purin ist.
Harnsäurespiegel – Wie senken?
Erhöhte Harnsäurewerte sollten behandelt werden – nur so kann man dauerhafte Schädigungen von Gelenken und Organen verhindern. Durch eine Umstellung der Ernährung auf eine bewusste und purinarme Kost mit wenig bis gar keinem Alkohol lassen sich erhöhte Werte meist gut in den Griff bekommen. Sollte das nicht ausreichen und keine Erfolge bringen, wird der Arzt weitere behandelnde Maßnahmen in Erwägung ziehen, immer vom Krankheitsverlauf ausgehend und, ob Symptome oder schon bestimmte Vorerkrankungen bestehen.
Der eigene Lebensstil spielt eine große Rolle, um erhöhte Werte zu senken. Daher sollte man zunächst seine Ernährungsweise überdenken und die Lebensmittel reduzieren, die reich an Purinen sind. Dazu gehören Fleisch, Innereien, Wurst, bestimmte Fischsorten, Krusten- und Schalentiere, Erdnüsse und auch Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen und Erbsen. Stattdessen sollten viele Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente in den Speiseplan eingebaut werden – Obst, Gemüse, Kartoffeln sowie Lebensmittel mit einem hohen Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren.
Es sollte außerdem auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden, die die Nieren anregt und es so zu einer vermehrten Ausscheidung kommt. Zwei Liter Wasser am Tag sind empfehlenswert. Gegebenenfalls kann der Bedarf auch mit wasserhaltigen Suppen oder Obst abgedeckt werden. Der Alkoholkonsum hingegen muss eingeschränkt oder möglichst ganz vermieden werden, besonders Bier und Spirituosen. Apfelessig in Verbindung mit Wasser spült Harnsäure aus dem Körper und wirkt grundsätzlich entgiftend. Apfelessig hat entzündungshemmende Eigenschaften und wirkt auch antioxidativ. 1 Teelöffel Apfelessig in einem Glas Wasser verrührt und zwei- bis dreimal täglich trinken.
Außerdem enthalten Kirschen Inhaltsstoffe, die den Harnsäure-Spiegel auf natürliche Weise senken. Jeden Tag eine Hand voll frischer Kirschen oder aber auch ein Glas Kirschsaft können Entzündungen reduzieren. Dunkle Beeren, Paprika und Tomaten stecken ebenfalls voller Antioxidantien. Auch Olivenöl hat entzündungshemmende Eigenschaften und hilft dem Körper dabei, den Harnsäure-Spiegel im Rahmen zu halten. Man kann es anstatt Butter oder Margarine verwenden und über Salate und andere Speisen geben.
1. Piper, W.: Innere Medizin, Springer Medizin Verlag, 1. Auflage, 2007
2. Beise, U., Heimes, S., Schwarz, W.: Gesundheits- und Krankheitslehre, Springer Medizin Verlag, 2. Auflage, 2009
3. Gressner, A. M., Arndt, T.: Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, Springer Medizin Verlag, 2. Auflage, 2012