
Eine der wichtigsten Angaben für die Diagnose einer Nierenerkrankung – die Glumeruläre Filtrationsrate (GFR). Nierenschäden betreffen einen erheblichen Anteil der Bevölkerung und werden meist viel zu spät erkannt. Wird eine Nierenschwäche frühzeitig behandelt, kann eine Verschlechterung oft noch verhindert werden. Bei der Feststellung werden Nierenwerte bestimmt, die Aufschluss über den Zustand der Niere geben – die glumeruläre Filtrationsrate ist dabei eine der genauesten Werte. Was sie aussagt, wie sie berechnet wird und bei welchen Werten es kritisch wird – all das im folgenden Überblick.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Glumeruläre Filtrationsrate (GFR)?
Die glumeruläre Filtrationsrate ist ein genaues Maß, um den Zustand der Nieren und ihre Funktion festzustellen. Die Funktion wird daran gemessen, wie gut sie das Blut von frei filtrierbaren Stoffen reinigt. Diese werden dann über den Urin wieder ausgeschieden. Die GFR gibt also die Blutmenge an, die pro Minute durch die Nieren gefiltert wird. Anhand dieser Bestimmung lässt sich das Stadium einer Nierenerkrankung ermitteln. Der GFR ist kein Messwert im Blut, sondern wird indirekt über Urinmessungen ermittelt oder mithilfe mathematischer Formeln und anderer Nierenwerte berechnet.
Der GFR-Wert gibt genauere Angaben über die Filtrationsfunktion der Nieren als der üblich verwendete Kreatininwert. Kreatinin steigt erst ab einem Funktionsverlust von etwa 50 Prozent im Blut an, die GFR hingegen erkennt schon deutlich geringere Störungen. Jedoch ist das Verfahren zur Bestimmung der glumerulären Filtrationsrate zeitaufwendiger und auch kostspieliger, sodass die Vorerkrankungen und das Krankheitsbild des Patienten darüber entscheiden, ob der Wert berechnet wird. Die Chance, eine chronisch werdende Nierenschwäche früh zu erkennen, steigt aber dadurch. Frühe Stadien einer Nierenerkrankung sind nämlich meist klinisch stumm und können nur durch diesen Filtrationsmarker diagnostiziert werden.
Übrigens: Der Name kommt vom Gefäßkanal Glumerulus, der einem Filter gleichzusetzen ist. Dort wird der Harn gebildet, in dem die harnpflichtigen Substanzen aus dem Blut herausgefiltert werden.
Wann wird Glumeruläre Filtrationsrate bestimmt?
Die Glumeruläre Filtrationsrate (GFR) wird bei chronischen Nierenerkrankungen mit einem starken Funktionsverlust der Niere ermittelt sowie bei Krankheiten, die Risikofaktoren für Nierenerkrankungen sind und im Verlauf zu Nierenschäden führen, wie etwa Diabetes mellitus. Die glumeruläre Filtrationsrate wird auch herangezogen, wenn man den therapeutischen Erfolg einer funktionserhaltenden Therapie bewerten möchte, die Einwirkung von Medikamenten (besonders bei einem dauernden Schmerzmittelgebrauch) untersuchen will und, um abzuschätzen, wann der richtige Zeitpunkt für eine Dialyse-Behandlung ist.
Wie wird Glumerläre Filtrationsrate bestimmt?
Zur Bestimmung der GFR gibt es zwei Verfahren – mit exogenen und mit endogenen Filtrationsmarkern. Die Messung mit den exogenen Markern (mGFR) ist dabei der Goldstandard, der zuverlässige Ergebnisse hervorbringt. Da diese Methode aber sehr kostspielig, zeitintensiv ist und nur in speziellen Laboratorien durchgeführt werden kann, kommt es häufiger zu einer Schätzung des GFR (eGFR), die mit einer mathematischen Formel zusammen aus dem Kreatininwert und dem Cystatin C bestimmt wird. Dabei spielen außerdem Faktoren wie Alter, Geschlecht, in einigen Fällen auch Gewicht und Blut-Harnstoff-Stickstoff eine Rolle, die in die Berechnung miteinbezogen werden. Kreatinin und Cystatin C sind körpereigene Substanzen, die nahezu vollständig glumerulär filtriert werden. Sinkt die Glumeruläre Filtrationsrate (GFR), ist das ein Zeichen dafür, dass diese beiden Parameter im Serum ansteigen.
Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) – Normwerte nach Alter
Die glumeruläre Filtrationsrate nimmt mit steigendem Alter ab. Den Gipfel erreicht sie bei Ende des Wachstums mit etwa 20 Jahren. Die folgende Tabelle gibt den Durchschnittswert in den entsprechenden Altersstufen an, die Einheit ml/min steht für Milliliter pro Minute.
Alter | GFR |
20 – 29 | 116 ml/min |
30 – 39 | 107 ml/min |
40 – 49 | 99 ml/min |
50 – 59 | 93 ml/min |
60 – 69 | 85 ml/min |
> 70 | 75 ml/min |
Die GFR ist keine konstante Größe und kann im Laufe des Tages schwanken.
Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) – Wann zu hoch?
Zu Beginn von Nierenschäden kann es zu erhöhten Werten kommen, da die Nieren in diesem Zustand versuchen, ihre Filtrationsleistung zu verstärken.
Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) – Wann zu niedrig?
Die häufigste Ursache für eine verminderte GFR ist eine chronische Nierenschwäche, die Niereninsuffizienz. Eine sinkende GFR kann aber auch Ursache für eine schlecht eingestellte Diabetes, einen hohen Medikamentenkonsum, Bluthochdruck und Entzündungen sein.
Glumeruläre Filtrationsrate (GFR) und Stadien der Nierenschwäche
Ist die glumeruläre Filtrationsrate berechnet worden, kann die Schwere der Nierenerkrankung bestimmt werden. Die amerikanische Nierenstiftung (National Kidney Foundation) hat im Jahre 2002 die chronische Nierenschwäche in fünf Stadien eingeteilt. Diese sind mittlerweile weltweit zum Standard bei der Bestimmung der Nierenfunktion geworden.
Stadium | GFR-Wert / Beschreibung |
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Glumeruläre Filtrationsrate (GFR) – Was tun bei Abweichungen?
Bei verminderten GFR-Werten muss festgestellt werden, in welchen Stadium einer Nierenerkrankung sich der Patient befindet. Liegt eine chronische Nierenschwäche vor, muss diese behandelt werden. Dabei wird untersucht, ob der Nierenschwäche eine Vorerkrankung zu Grunde liegt (Diabetes, Bluthochdruck, Entzündungen). Außerdem wird versucht, die Symptome und Auswirkungen zu mildern (Blutarmut, Ödeme, Kalium-Anstieg). Die frühzeitige Behandlung der Vorerkrankung ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie. Während beginnende Nierenschwächen meist mit einer gesunden Lebensführung und Medikamenten in den Griff zu bekommen sind, sind bei einer fortgeschrittenen Nierenschwäche die künstliche Blutwäsche, Dialyse und in schweren Fällen sogar Nierentransplantationen erforderlich.
Mehr zu Nierenwerten
1. Piper, W.: Innere Medizin, Springer Medizin Verlag, 1. Auflage, 2007
2. Kuhlmann, U., Böhler, J., Luft, F. C., Kunzendorf, U., Alscher, M. D., Nephrologie: Pathophysiologie – Klinik – Nierenersatzverfahren, Georg Thieme Verlag, 6. Auflage, 2015
3. Dellenna, F.: Der Nephrologe, Zeitschrift für Nephrologie und Hypertensiologie, Springer Medizin Verlag, 2012
4. Estimated Glomerular Filtration Rate (eGFR), www.kidney.org (Abrufdatum: 11.11.2020)
5. About Glomerular Filtration Rate (GFR), www.upmc.com (Abrufdatum: 11.11.2020)