
Östrogene sind weibliche Geschlechtshormone und zählen zu den Steroidhormonen. Ihre Bildung findet bei Frauen hauptsächlich in den Ovarialfollikeln der Eierstöcke statt. In geringen Mengen werden Östrogene auch von der Nebennierenrinde und im Zusammenhang mit einer bestehenden Schwangerschaft in der Plazenta gebildet. Sie sind von entscheidender Bedeutung im Zusammenhang mit der Entwicklung der weiblichen Geschlechtsorgane. Darüber hinaus regulieren Östrogene den Menstruationszyklus und fördern im Rahmen einer Schwangerschaft die Durchblutung der Gebärmutter sowie der Plazenta.
Inhaltsverzeichnis
Funktion und Normwerte
Zu den Östrogenen gehören Estradiol, Estron und Estriol, die jeweils, wie im Folgenden dargestellt, unterschiedliche Funktionen übernehmen.
Estradiol
Estradiol hat unter den Östrogenen die größte physiologischen Wirksamkeit und zählt gemeinsam mit Progesteron zu den wichtigsten Sexualhormonen der Frau. Es ist für die Mehrheit der östrogenbedingten regulatorischen Prozesse im weiblichen Körper verantwortlich. Im Rahmen der Embryonalphase sorgt es für die Differenzierung und Ausbildung der primären weiblichen Geschlechtsorgane und fördert die Ausbildung der sekundären weiblichen Geschlechtsorgane während der Pubertät. Während des Menstruationszyklus ist Estradiol verantwortlich für das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut und sorgt darüber hinaus für die Freisetzung von LH (Luteinisierendes Hormon), wodurch der Eisprung ausgelöst wird. Estradiol verhindert das Austrocknen der (Scheiden)Haut, schützt das Gehirn und fördert das Gedächtnis. Darüber hinaus fördert Estradiol die Stabilität der Knochen und hat einen positiven Einfluss auf den Blutzuckerspiegel.
Die Folgetabelle zeigt, dass die Normwertunterschiede je nach Entwicklungphase:
Entwicklungsphase | pg/ml | pmol/l |
Vor der Pubertät | < 20 | < 70 |
Frühe Follikelphase | 20 – 190 | 70 – 700 |
Kurz vor Eisprung | 150 – 530 | 550 – 2.000 |
Lutealphase (zweiten Hälfte deines Monatszyklus) | 55 – 230 | 200 – 850 |
Nach den Wechseljahren | < 50 | < 180 |
1. Schwangerschaftsdrittel | 300 – 7-000 | 1.100 – 25.700 |
2. Schwangerschaftsdrittel | 1.000 – 17.900 | 3.600 – 65.700 |
3. Schwangerschaftsdrittel | 4.300 – 17.600 | 15.800 – 64.600 |
Die Normwerte von Estradiol beim Mann liegen zwischen 20 – 55 pg/ml.
Estron
Estron spielt eine besondere Rolle im Zusammenhang mit der Menopause. Peri- und postmenopausal nimmt die Produktion von Estradiol in den Eierstöcken sukzessive ab, bis sie vollständig erlischt. Die Bildung von Estron findet nach der Menopause jedoch weiterhin im Fettgewebe statt. Der Körper kann Estron in Estradiol umzuwandeln, sodass die durch Estradiol beeinflussten physiologischen Prozesse auch nach den Wechseljahren ablaufen können.
Normserumwerte Estron bei Frauen:
Phase | Normwerte |
Frauen (prämenopausal) | 37,2–229,2 ng/l |
Frauen (postmenopausal) | 14,1–102,6 ng/l |
Estriol
Estriol wird hauptsächlich während der Schwangerschaft von der Plazenta gebildet, weswegen es den Namen „Schwangerschaftsöstrogen“ trägt. Therapeutisch findet Estriol überwiegend in der (Post-)Menopause Anwendung im Rahmen der Therapie von Scheidentrockenheit und -atrophie sowie von vaginalen Entzündungen.
Normwerte Estriol Frauen:
Phase | Normwerte |
Nicht schwangere fertile Frauen | 50 ng/l |
Frauen (21. Schwangerschaftswoche) | 1,3–3,25 μg/l |
Frauen (40. Schwangerschaftswoche) | 6,1–20,1 μg/l |
Nachweis
Die Konzentrationsbestimmung der verschiedenen Östrogene erfolgt laborchemisch mittels Blutuntersuchung.
Bedeutung von Östrogen bei Männern
Neben dem Sexualhormon Testosteron kommt im männlichen Körper auch in geringen Mengen Östrogen vor. Die Bildung des Hormons findet bei Männern unter anderem in den Nebenhoden statt, der größte Anteil wird jedoch aus freiem Testosteron durch Umwandlung gewonnen. Östrogen hat beispielsweise einen Einfluss auf die Potenz und Fertilität von Männern.
Östrogenmangel
Mit Eintritt in die Wechseljahre nimmt die Östrogenproduktion in den Eierstöcken ab, der Östrogenspiegel sinkt. Neben der Menopause kann aber auch eine Fehlfunktion der Eierstöcke ursächlich für zu niedrige Östrogenkonzentrationen sein. Ein reduzierter Östrogenspiegel kann bei Frauen eine Austrocknung der Scheidenschleimhaut verursachen, was das Auftreten von Infektionen begünstigt und zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr führen kann. Prämenopausale Frauen mit Östrogenmangel leiden oftmals an Zyklusstörungen. Einem unerfüllten Kinderwunsch liegt ebenfalls zumeist eine Störung im Östrogenhaushalt zugrunde.
Östrogendominanz
Bei einer Östrogendominanz handelt es sich um ein hormonelles Ungleichgewicht, wobei das Verhältnis von Östrogen und Progesteron in Richtung Östrogen verschoben ist. Ursächlich hierfür können beispielsweise natürliche hormonelle Umstellungen, Übergewicht, eine Funktionsstörung der Eierstöcke oder auch Stress sein.
Von einem Östrogenüberschuss betroffene Frauen leiden typischerweise an den folgenden Beschwerden:
- Erhöhte Reizbarkeit und Stimmungsschwankungen
- Depressionen
- Kopfschmerzen
- Hautunreinheiten
- Libidoverlust
- Zyklusunregelmäßigkeiten
- Starke Periodenblutung
- Gewichtszunahme
Hormonersatztherapie
Um die peri- und/oder postmenopausalen Beschwerden von Frauen zu lindern wird im Rahmen der sogenannten Hormonersatztherapie üblicherweise ein Medikament mit dem Inhaltsstoff Estradiol verabreicht.
Mehr zu Blutuntersuchung
- Cleveland Clinic, High Estrogen (Abrufdatum 27.10.2023)
- Medical News Today, Everything you need to know about estrogen (Abrufdatum 27.10.2023)