
Mit dem INR Wert lässt sich die Zeit bestimmen, in der Blut gerinnt. Das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgesetzte, standardisierte Verfahren ist dank seiner guten Vergleichbarkeit dem zuvor verwendeten Quick-Wert überlegen und ersetzt ihn.
Inhaltsverzeichnis
Was ist der INR Wert?
Die „International Normalized Ratio“ (kurz: INR) erfasst den extrinsischen Weg der Blutgerinnung und entsprechend die Gerinnungsfaktoren II, V, VII und X. Dafür misst man in vitro die Thromboplastinzeit (TPZ), also die Zeitspanne zwischen Auslösung des Gerinnungswegs und Bildung eines Fibringerinnsels. Sie lässt sich in die Prothrombinratio (PR) umrechnen, indem der Patientenwert durch ein Referenzkollektiv dividiert wird:
PR = TPZ(Patient)/TPZ(Referenz)
Den INR Wert ermittelt man, indem man die PR mit einem Sensitivitätsindex (International Sensitivy Index, ISI) standardisiert. Dieser ist reagenzabhängig und wird vom jeweiligen Hersteller vorgegeben.
INR = PRISI = (TPZ(Patient)/TPZ(Referenz))ISI
INR oder Quick-Wert?
Auch der Quick-Wert wird aus der TPZ ermittelt: Dafür wird der Patientenwert mit einer Referenzkurve aus dem Plasmapool gesunder Patienten/-innen verglichen. Ein Quick von 100 Prozent bedeutet, dass das Patientenplasma gleich schnell wie das Referenzprodukt gerinnt, bei 50 Prozent verhält es sich entsprechend einer 1:2-Verdünnung des normierten Plasmas.
Da Quick und TPZ von Reagenz und Messgerät abhängig sind, während sich die INR laborunabhängig bestimmen lässt, gibt es prinzipiell keinen Grund eine andere Messgröße als letztere zu verwenden.
Wann bestimmt man den INR Wert?
Der INR Wert kann aus verschiedenen Gründen heraus bestimmt werden. Typische Indikationen sind:
- Abklärung einer Blutungsneigung
- Verdacht auf Mangel eines Gerinnungsfaktors (II, V, VII oder X)
- Verdacht auf veränderte Lebersyntheseleistung
- Überwachung einer Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten
- Überwachung einer Therapie mit Substitution von Prothrombinkomplexkonzentraten
Die Bestimmung erfolgt aus dem Citrat-Plasma oder aus kapillärem Vollblut (Sofort-Diagnostik).
INR – Normwerte
Quick- und INR Wert verhalten sich gegensätzlich zueinander. Ein erniedrigter Quick-Wert bedeutet also eine erhöhte INR und andersherum. Die folgende Tabelle zeigt die Normwerte für beide Messgrößen beim Erwachsenen:
Messgröße | Normwerte | Therapeutischer Bereich |
Quick | 70 bis 120 % | 15 bis 36 % |
INR | 0,9 bis 1,1 | 2,0 bis 3,5 |
Wann ist der INR Wert erniedrigt?
Der INR Wert kann infolge von Medikamentengabe erniedrigt sein: Typischerweise sind Penicilline oder Barbiturate für den Abfall verantwortlich. Eine Erkrankung liegt niederen Werten (beziehungsweise der gleichzeitigen Erhöhung des Quick-Werts) normalerweise nicht zugrunde.
Wann ist die INR erhöht?
Erhöhte INR (beziehungsweise erniedrigte Quick-) Werte zeigen eine Funktionsstörung der Blutgerinnung im Vergleich zum gesunden Menschen an. Die Ursachen können im Mangel an Gerinnungsfaktoren oder Vitamin-K sein. Auch Gerinnungshemmer (wie Cumarine oder Heparin) und andere Medikamente, wie Acetylsalicylsäure erhöhen den INR Wert.
Falsch erhöhte Werte können ebenfalls vorkommen. Meistens ist dafür ein Fehler in der Präanalytik verantwortlich – beispielsweise bei einem nicht-ausreichend gefüllten Blutentnahmeröhrchen oder zu langer Stauung der Blutentnahmestelle. Passen die hohen Werte also nicht zum klinischen Bild, sollte diese Möglichkeit unbedingt bedacht werden.
Veränderter INR Wert – Was tun?
Wie bei anderen Blutwerten ist eine Abweichung des INR Werts nur ein Hinweis auf eine mögliche Störung. Welche Ursache tatsächlich zugrunde liegt, sollte man durch weitere Tests – etwa der Blutgerinnung oder Leberwerte – abklären. Von den Ergebnissen hängt dann die weitere Behandlung ab: Ein Vitamin-K-Mangel lässt sich beispielsweise meist bereits durch Substitution mit Vitamin-K ausgleichen.
Bei bestimmten Erkrankungen wird die INR durch Gerinnungshemmer (Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon oder Warfarin) absichtlich verändert. Je nach Patient/in und Behandlung muss der Wert dann wöchentlich bis monatlich kontrolliert werden. Ähnlich wie für die Blutzuckermessung bei Diabetes mellitus kann dies dank bestimmter Systeme vom/von der Patienten/-in selbst durchgeführt werden. Zielwerte sehen wie folgt aus:
Erkrankung | INR Zielwert |
tiefe Beinvenenthrombose | 2 – 3 |
Vorhofflimmern | 2 – 3 |
Lungenembolie | 2 – 3 |
mechanische Herzklappe | 3 – 4,5 |
biologische Herzklappe | 2 – 3 |
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