Erythrozyten, auch rote Blutkörperchen genannt, sind scheibenförmige Zellen, die für den Sauerstofftransport und den CO2-Abtransport zuständig sind. Sie bestehen größtenteils aus Hämoglobin und geben Hinweise darauf, wie gut der Körper mit Sauerstoff versorgt ist. Wie genau sie aufgebaut sind, wie lange sie in unserem Organismus verweilen, wo ihr Normwert liegt und was veränderte Werte bedeuten können – all das im folgenden Artikel.
Inhaltsverzeichnis
Erythrozyten – Aufgabe und Funktion
Die wichtigste Aufgabe eines Erythrozyten ist der Sauerstofftransport von der Lunge ins Gewebe bzw. der Abtransport von Kohlendioxid zurück zur Lunge. Damit diese Aufgabe erledigt werden kann, enthalten Erythrozyten das Hämoglobin, an das der Sauerstoff bzw. das Kohlendioxid gebunden wird und dem Blut auch seine Farbe gibt.
Wie der Sauerstoff- und Kohlendioxidaustausch genau aussieht, lässt sich anhand der Abbildung gut erkennen. Der Vorgang läuft folgendermaßen ab: Zuerst atmen wir den Sauerstoff ein, wodurch er in die Lunge gelangt. Dort gelangen die Sauerstoffmoleküle bis an die Lungenbläschen, die von Kapillaren umgeben sind. In den Lungenkapillaren bindet Hämoglobin den inhalierten Sauerstoff und bildet Oxyhämoglobin. Diese Substanz verleiht den Erythrozyten und damit dem Blut die rötliche Färbung. Kapillaren sind die Verbindung zwischen den kleinsten Verzweigungen der Arterien und Venen, dort findet der Austausch statt. Da die Konzentration des Sauerstoffs in der eingeatmeten Luft hoch ist, diffundiert er durch die Kapillaren ins Gewebe. Gleichzeitig bindet das Kohlendioxid aus den Geweben an Hämoglobin an und bildet Desoxyhämoglobin, eine Substanz, die den Erythrozyten und venösem Blut eine blauviolette Farbe verleiht. Die kohlendioxidreichen Erythrozyten wandern dann zum Herzen und zur Lunge. Innerhalb der Lungenkapillaren wird das Kohlendioxid im Austausch gegen eine neue Sauerstoffdosis aus dem Hämoglobin freigesetzt.
Erythrozyten – Eigenschaften
Eigenschaft | Ausprägung |
Form und Struktur | Bikonkarve Form, enthalten keine Organe, gefüllt mit Hämoglobin |
Funktion | Verantwortlich für den Gasaustausch und Transport zwischen Lunge, Blut und Gewebe (Sauerstoff und Kohlendioxid) |
Ursprung | Rotes Knochenmark |
Stadien der Erythrozyten | Erythroid – Proerythroblast – Erythroblast – Retikulozyten – Erythrozyten |
Ort der Verwertung | hauptsächlich in der Milz |
Mögliche Störungsbilder | Anämie, Polyzythämie |
Erythrozyten – Aufbau und Lebensdauer
Die Erythrozyten werden, durch den Prozess der Erythropoese, im roten Knochenmark gebildet. Dort durchlaufen die sogenannten Erythroid-Vorläufer aus den Stammzellen einige Veränderungen, bis sie zu Erythrozyten heranreifen und in den Blutkreislauf freigesetzt werden. Sie leben etwa 100 bis 120 Tage. Danach werden sie von der Milz, Leber, den Lymphknoten und dem Knochenmark recycelt.
Erythrozyten haben eine bikonkarve Form und einen Durchmesser von 7 bis 8 Mikrometern. Sie besitzen keinen Zellkern oder andere intrazelluläre Organe, da sie diese während der Erythropoese verlieren. Einzig das Zytoplasma bleibt vorhanden, das von einer umliegenden Zellmembran eingeschlossen ist. Erythrozyten haben einen leicht eingedellten Mittelteil, der den Gastransport und -austausch erleichtert. Das Zytoplasma der Erythrozyten ist mit Hämoglobin gefüllt – das Hormon, das Sauerstoff und Kohlendioxid bindet und transportiert.
Hämoglobin umfasst vier Globinketten, aus denen drei Haupt-Hämaglobinklassen hervorgehen – HbA, HbA2 und HbF. HbA ist dabei das am weitesten verbreitete Hämoglobin bei den Erwachsenen. Jede Globin-Untereinheit enthält ein Eisenatom, das an ein Molekül namens Häm gebunden ist. Das Eisen spielt dabei die Hauptrolle bei der Bindung der Gase, daher kann jedes Hämoglobin bis zu vier Sauerstoff- oder Kohlendioxidmoleküle transportieren.
Die Zellmembran der Erythrozyten ist eine Lipiddoppelschicht, die zwei Arten von Membranproteinen enthält – integrale und periphere. Die integralen Membranen sind zahlreicher und erstrecken sich über die gesamte Dicke der Zellmembran. Sie binden Hämoglobin und dienen als Ankerpunkte für das Zytoskelett-Netzwerk der Erythrozyten. Die integralen Membranproteine sind auch für die Blutgruppe entscheidend. Die verschiedenen Kombinationen können vier Bluthauptgruppen ergeben – A, B, 0 und AB. Neben ABO kann die Membran auch das Rh-Antigen enthalten. Hat eine Person Rh auf den Erythrozyten, ist ihre Blutgruppe Rh positiv. Fehlt es hingegen, ist die Blutgruppe Rh negativ. Diese Oberflächenantigene der Erythrozyten spielen bei Bluttransfusionen eine wichtige Rolle. Die peripheren Membranproteine befinden sich auf der inneren Oberfläche der Plasmamembran und ragen nur in das Zytoplasma hinein. Diese Proteine sind durch viele intrazelluläre Gebilde miteinander verbunden und bilden so ein netzartiges Zytoskelett entlang der inneren Zellmembran. Dadurch wird den Erythrozyten Elastizität und Festigkeit gegeben, sodass sie selbst die kleinsten Kapillaren passieren können, ohne Schaden zu nehmen.
Wann wird der Erythrozyten-Wert bestimmt?
Der Erythrozyten-Wert wird bei Beschwerden, Infektionen, Entzündungen oder vor Operationen bestimmt. Darüber hinaus bei starken äußeren Blutungen sowie Verdacht auf innere Blutungen und Bluterkrankungen (Blutkrebs). Ebenso bei Nierenerkrankungen, Eisen- und Sauerstoffmangel.
Wie wird der Erythrozyten-Wert bestimmt?
Der Erythrozyten-Wert wird bei einer Routine-Blutuntersuchung bestimmt, die Anzahl der roten Blutkörperchen ist Teil des kleinen Blutbildes. Auch die Form, Farbe und Volumen werden dabei mitbestimmt sowie deren Hämoglobingehalt. Darüber hinaus gibt der Hämatokrit-Wert Aufschluss über das gesamte Blutvolumen.
Erythrozyten-Wert – Normalwerte bei Männern und Frauen
Die Werte für Frauen und Männer unterscheiden sich etwas. Der Erythrozyten-Wert bei Männern liegt bei 4,4 bis 5,9 Millionen pro Mikroliter, bei Frauen liegen die Werte von 3,8 bis 5,2 Millionen pro Mikroliter im Normalbereich. Die Normwerte für Hämoglobin liegen bei Männern bei 13,3 bis 17,7 g/dl und bei Frauen bei 11,7 bis 15,7 g/dl. Die Hämatokrit-Werte sind für Männer bei 40 bis 52% im Normbereich, für Frauen gilt 35 bis 47%.
Erythrozyten zu hoch
Ist die Anzahl der Erythrozyten zu hoch, spricht man von einer Polyglobulie, die vorwiegend durch Sauerstoffmangel im Gewebe verursacht wird. Meist entsteht sie als Folge einer anderen Erkrankung (Herz, Lunge, Niere), kann aber auch kurzfristig nach starker sportlicher Betätigung, massivem Flüssigkeitsverlust oder dem Aufenthalt in Hochgebirgen auftreten. Bei bestimmten Erkrankungen wie der primären Polyglobulie kommt es zu einer unkontrollierten Bildung von Blutzellen im Knochenmark, die ebenfalls für eine Blutverdickung sorgt.
Erythrozyten zu niedrig
Die Blutarmut, oder auch Anämie genannt, die sich durch eine zu geringe Sauerstofftransportkapazität im Blut manifestiert, wird hauptsächlich durch zu wenige Erythrozyten und eine zu geringe Hämoglobin-Konzentration verursacht. Dadurch bekommen die Gewebe nicht genügend Sauerstoff, was zu Blässe, Müdigkeit, Benommenheit und Atemnot führen kann.
Ursachen für zu niedrige Erythrozyten
Es gibt mehrere Ursachen für zu wenige Erythrozyten:
- Hämolytische Anämie, die durch den Abbau und die Zerstörung der Erythrozyten verursacht wird, meist durch Immunstörungen oder Vergiftungen
- Eisenmangelanämie, auch bekannt als Sideropenische Anämie
- Mangel an Folsäure und/oder Vitamin B12 – kann zu einer Megaloblastenanämie führen. Entsteht häufig durch einseitige Ernährung.
- Zerstörung des Knochenmarks, beispielsweise durch eine Chemotherapie verursacht – kann sich zu einer Aplastischen Anämie entwickeln
- übermäßige Flüssigkeitszufuhr – dadurch entsteht ein Verdünnungseffekt
- starker Blutverlust, häufig durch unbemerkte, innere Blutungen und Verletzungen in Magen und Darm, ebenso bei starker Menstruation
Erythrozyten zu niedrig – Was tun?
Liegt ein Mangel der Erythrozyten vor, werden zunächst Eisen oder Vitamine verabreicht, um die Bildung der roten Blutkörperchen wieder anzuregen. In schweren Fällen ist aber eine Bluttransfusion unumgänglich.
Erythrozyten zu niedrig – was essen?
Bei Blutarmut helfen folgende eisenreiche Lebensmittel:
- Getreidesorten wie Weizen, Hafer und Hirse sowie Hülsenfrüchte – In Verbindung mit Vitamin C wird die Aufnahme sogar noch verbessert
- Eier sind ebenfalls reich an Eisen und Proteinen – vor allem das Eigelb ist ein guter Eisenlieferant
- Nüsse und Samen – Erdnüsse, Sesam, Leinsamen, Pistazien, Kürbiskerne – reich an Vitaminen und Eisen, die die Zellprozesse unterstützen
- Rote Beete – hat einen hohen Eisengehalt, unterstützt die Hämoglobin-Bildung und die Sauerstoffversorgung des Körpers
- Gewürze und Kräuter
Verzichten sollte man auf Kaffee, schwarzen Tee und kalziumreiche Nahrung, da sie die Eisenaufnahme und die Verwertbarkeit mindern.
Veränderter Erythrozyten-Wert – was tun?
Bei veränderten Werten muss die Ursache herausgefunden werden. Meist geben Blutuntersuchungen und Beschwerden der Patienten erste Hinweise darauf. Bei erhöhten Erythrozyten-Werten wird häufig ein Aderlass durchgeführt, um die Anzahl der roten Blutkörperchen wieder in den Normbereich abzusenken. Dabei kommt es aber immer auf die Krankengeschichte des Patienten an, denn die Polyglobulie (erhöhte Erythrozyten-Anzahl) entwickelt sich in vielen Fällen aus einer Vorerkrankung, die Herz, Nieren oder Lunge betrifft. In jedem Fall sollte man ausreichend trinken und auf einen gesunden Lebensstil achten. Verminderte Erythrozyten-Werte können durch die Verabreichung von Eisen und Folsäure oder Bluttransfusionen behandelt werden. Eine eisenreiche Nahrung regt zusätzlich die Produktion roter Blutkörperchen an.
Häufige Fragen
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Erythrozyten sind scheibenförmige, in der Mitte gewellte Zellen, die für den Sauerstofftransport von der Lunge ins Gewebe bzw. den Rücktransport des Kohlendioxid zurück zur Lunge verantwortlich sind. Sie sind mit Hämoglobin gefüllt, das die Gase bindet und dem Blut seine rote Farbe verleiht.
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Die Erythrozyten werden im roten Knochenmark gebildet und durchlaufen dort den Prozess der Erythropoese. Aus den Erythroid-Vorläufern aus den Stammzellen reifen Erythrozyten heran. Diese werden in den Blutkreislauf freigesetzt und leben etwa 100 bis 120 Tage. Danach werden sie von der Milz, Leber, den Lymphknoten und dem Knochenmark verwertet.
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Sind zu wenige rote Blutkörperchen vorhanden, muss der Hämoglobinspiegel wieder angekurbelt werden. Da hilft eine eisenreiche Nahrung aus Hülsenfrüchten, Getreide, Roter Beete, Nüssen und Samen. Vitamine und Folsäure regen ebenfalls die Bildung roter Blutkörperchen an. In schweren Fällen von starker Blutarmut kommt eine Bluttransfusion zum Einsatz.
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Durch die erhöhte Anzahl an roten Blutkörperchen kann das Blut durch Sauerstoffmangel im Gewebe verdicken und den Blutfluss erheblich verschlechtern. Aufgrund dieser Durchblutungsstörungen werden Vorgänge im gesamten Organismus behindert und das Thrombose-Risiko steigt an. Betroffene können dadurch einen Schlaganfall oder Herzinfarkt erleiden.
Mehr zu Erythrozyten
- Kohse, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Klinische Chemie und Hämatologie. Thieme, 9., vollständig überarbeitete Auflage, 2019
- Lohmann, M.: Laborwerte verstehen, Mankau Verlag, 6. Auflage, 2020
- Classen M. et al.: Innere Medizin. Urban & Fischer Verlag, 6. Auflage, 2009
- Erythrocytes, www.kenhub.com (Abrufdatum: 18.12.2020)
- Red blood cell, www.britannica.com (Abrufdatum: 18.12.2020)