Cortisol ist ein lebensnotwendiges Glucocorticoid, das von den Nebennieren produziert wird. Glucocorticoide sind Steroidhormone, die auch als “Stresshormone” bekannt sind. Als wichtigster Vertreter beeinflusst Cortisol zudem den Stoffwechsel, das Immunsystem sowie die Reaktion auf Stress. Cortisol bereitet den Körper auf herausfordernde Situationen vor und stellt sicher, dass ausreichend Energie für diese bereitsteht. Dabei wird der Blutzuckerspiegel und der Blutdruck erhöht. Zudem hat es entzündungshemmende Wirkungen auf das Immunsystem. Ein Ungleichgewicht, sei es Überschuss oder Mangel, kann demnach schwerwiegende gesundheitliche Probleme verursachen. Ein ausgewogener Cortisolspiegel ist daher entscheidend für das allgemeine Wohlbefinden.
Inhaltsverzeichnis
Wann wird der Cortisol-Wert bestimmt?
Die Bestimmung des Cortisolwerts erfolgt bei Verdacht auf das Cushing-Syndrom mit Symptomen wie Gewichtszunahme und Muskelschwäche. Auch bei einer Vermutung von Nebennierenproblemen, die Symptome wie Müdigkeit und niedrigen Blutdruck mit sich bringen, ist eine Bestimmung üblich. Die Überwachung von Hormontherapien kann ebenfalls eine Messung des Cortisolspiegels erfordern. Die Bestimmung erfolgt in Form einer Blutuntersuchung am Morgen, Speicheluntersuchung oder einer Urinuntersuchung. Die 24-Stunden-Sammelurinuntersuchung bietet eine langfristige Überwachung und minimiert die Tageszeitabhängigkeit, ist jedoch anfällig für Sammelungenauigkeiten. Die Blutuntersuchung oder die Speicheluntersuchung liefert dagegen schnellere Ergebnisse und ist praktikabler, hat jedoch nur begrenzte Langzeiteinblicke und unterliegt tageszeitlichen Schwankungen. Welche Untersuchungsmethode angewendet wird, entscheidet die/der Ärztin/Arzt individuell.
Normalwerte
Die Normalwerte für Cortisol im Blut eines Erwachsenen variieren normalerweise zwischen 4,8 und 19,5 Mikrogramm pro Deziliter (µg/dL). Diese Werte unterliegen einem Tagesrhythmus, wobei morgens höhere und abends niedrigere Werte erwartet werden. Die Werte für den im Speichel gemessen Cortisol-Wert liegen bei einem Erwachsenen bei 3,7 – 22,6 μg/l. Die folgenden Tabellen zeigen die Cortisol-Werte in µg/dL in Abhängig des Alters und der Untersuchungsmethode.
Blutserum am Morgen
Alter | Normwert in µg/dl |
Kinder | 2,1–20,5 |
Jugendliche | 1,7–29,3 |
Erwachsene | 4,8–19,5 |
24-Stunden-Sammelurin
Alter | Normwert in µg/Tag |
Kinder | 6–123 |
Jugendliche | 15–224 |
Erwachsene | 21–292 |
Werte zu niedrig
Ein erniedrigter Cortisolspiegel, bekannt als Hypokortisolismus, kann verschiedene Ursachen haben und führt zu typischen Symptomen wie Leistungsabfall, Schwäche, Übelkeit und niedrigem Blutdruck. Diese Störung der Cortisolproduktion kann auf Probleme in der Nebennierenrinde zurückzuführen sein und wird in verschiedene Formen unterteilt.
Primärer Hypokortisolismus, auch als Morbus Addison bekannt, tritt aufgrund einer direkten Störung in der Nebennierenrinde auf. Häufig ist dies auf eine Autoimmunerkrankung zurückzuführen, die zu einer Zerstörung der Nebennierenrinde führt.
Zu den sekundären und tertiären Ursachen gehört eine mangelnde ACTH-Produktion im Hypophysenvorderlappen oder das adrenogenitale Syndrom (AGS), bei dem vermehrt Androgene in der Nebennierenrinde produziert werden. Die Einnahme von Dexamethason, einem Kortikosteroid-Medikament, kann den Cortisol-Spiegel ebenfalls erniedrigen.
Werte zu hoch
Erhöhte Cortisolwerte sind als Hyperkortisolismus oder Cushing-Syndrom bekannt und treten auf, wenn der Körper zu viel Cortisol produziert. Dies kann durch verschiedene Ursachen und Auswirkungen, die im Folgenden behandelt werden.
Ursachen für erhöhten Cortisol-Spiegel
Eine häufige Ursache des erhöhten Cortisol-Spiegels ist eine Überproduktion von Cortisol in den Nebennieren, die durch Tumoren wie Nebennierenrindenadenome oder -karzinome verursacht werden kann. Ebenso kann die langfristige Anwendung von Corticosteroid-Medikamenten, beispielsweise zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen wie Asthma oder Rheumatoider Arthritis, zu erhöhten Werten führen.
Des Weiteren kann ein Tumor in der Hirnanhangsdrüse die Freisetzung von ACTH anregen, ein Hormon, das die Nebennieren zur Cortisolproduktion stimuliert. Gelegentlich produzieren auch Tumore außerhalb der Hypophyse (wie etwa bei Lungenkrebs) ACTH und führen so zu einer übermäßigen Cortisolproduktion. Seltener können familiäre Veranlagungen, anhaltender Stress oder bestimmte medizinische Erkrankungen wie das Polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) oder das Adrenogenitale Syndrom (AGS) zu erhöhten Cortisolspiegeln beitragen.
Mögliche Folgen
Ein anhaltend hoher Cortisolspiegel im Körper kann schwerwiegende Folgen haben. Dies umfasst Gewichtszunahme, insbesondere im Bauchbereich, was das Risiko für Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht. Muskelschwund und Osteoporose sind ebenfalls mögliche Konsequenzen. Schlafstörungen, Depressionen und Angstzustände können auftreten, da Cortisol die Psyche beeinflusst. Das Immunsystem wird geschwächt, was die Anfälligkeit für Infektionen steigert. Stoffwechselstörungen, wie ein gestörter Blutzuckerspiegel, können zu Diabetes führen. Hautprobleme wie Akne und Dehnungsstreifen sind ebenfalls möglich. Bei Frauen können zudem Menstruationsstörungen auftreten.
Was tun bei veränderten Werten?
Bei veränderten Cortisol-Werten ist es wichtig, die genaue Ursache festzustellen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Wenn der Cortisolspiegel zu hoch ist, kann die Behandlung darauf abzielen, die zugrunde liegende Ursache anzugehen. Dies kann Behandlung mit Medikamente zur Reduktion der Cortisolproduktion einbeziehen oder in einigen Fällen eine chirurgische Entfernung eines Tumors in den Nebennieren oder der Hirnanhangsdrüse notwendig machen. Lebensstiländerungen wie Gewichtsreduktion, Stressbewältigung und eine gesunde Ernährung können ebenfalls dazu beitragen, Cortisolwerte zu senken.
Wenn der Cortisolspiegel zu niedrig ist, kann der/die Arzt/Ärztin die Gabe von Cortisol-Präparaten oder anderen Hormonen verordnen.
Blutuntersuchung
- A. Dormann et. all, Labortwerte (Elsevier-Verlag 2021)
- Marc Deschka, Laborwerte von A – Z (Kohlhammer 2011)
- WebMD, What Is a Cortisol Test?, https://www.webmd.com/... (Abrufdatum 07.11.2023)