
Die Einstellungsuntersuchung – auch betriebsärztliche Eignungsntersuchung genannt – sie wird durch den/die Betriebsarzt/-ärztin durchgeführt und gehört vor allem in Großkonzernen wie DAX-Unternehmen und im öffentlichen Dienst zu den Schritten, die ein/e Bewerber/in durchlaufen muss, bevor er/sie einen neuen Job erhält. Jedoch ist nicht jede betriebsärztliche Untersuchung erlaubt und manches Vorgehen bei den Untersuchungen stößt bei Datenschützern/-innen, Gewerkschaften und Arbeitsrechtlern/-innen auf Kritik. Die Kritik ist teilweise berechtigt, doch manchmal ist die Einstellungsuntersuchung sogar Pflicht. Wir klären in diesem Informationsartikel auf, was erlaubt ist und was nicht.
Inhaltsverzeichnis
Einstellungsuntersuchung durch den/die Betriebsarzt/-ärztin
Die Einstellungsuntersuchung erfolgt durch eine/n Betriebsarzt/-ärztin. Dies ist ein/e Facharzt/-ärztin für Arbeitsmedizin bzw. ein/e Facharzt/-ärztin aus einem anderen Fachbereich, der/die eine Zusatzweiterbildung in Betriebsmedizin absolviert hat.
Der/die Betriebsarzt/-ärztin, der/die die Einstellungsuntersuchung durchführt, wird vom Arbeitgeber bestimmt. Großkonzerne haben in der Regel eigene, fest angestellte Arbeitsmediziner/innen, bei kleineren Unternehmen sind diese in der Regel nicht direkt angestellt. In der Auswahl des/-r Betriebsarztes/-ärztin ist der Arbeitgeber keinen Einschränkungen unterworfen.
Der/die Bewerber/in hat die Möglichkeit den/die vom Arbeitgeber gewählte/n Betriebsarzt/-ärztin abzulehnen. Einfache Vorbehalte wie beispielsweise, dass der/die Betriebsarzt/-ärztin befangen sei, reichen jedoch nicht aus um den Arzt/die Ärztin für die Einstellungsuntersuchung zu wechseln. Es müssen triftige Weigerungsgründe vorliegen, nur dann hat der Arbeitgeber eine/n andere/n Betriebsarzt/-ärztin für die Untersuchung auszuwählen bzw. können Bewerber/innen eine andere arbeitsmedizinische Einrichtung wählen.
Was ist der genaue Zweck der Einstellungsuntersuchung?
Wenn ein Arbeitgeber eine/n neue/n Arbeitnehmer/in einstellt, hat der das berechtige Interesse, nur Personen für diese Stelle zu beschäftigen, die gesundheitlich in der Lage sind, genau diese Position auch auszuführen. Daher gehen viele Arbeitgeber dazu über, vor der Einstellung eines/r Bewerbers/in eine entsprechende Einstellungsuntersuchung durchzuführen.
Die Einstellungsuntersuchung hat vor allem den Zweck, die körperliche Eignung des/r Bewerbers/-in auf eine Stelle nachzuweisen. Daraufhin gehend untersucht der/die Betriebsarzt/-ärztin den/die Bewerber/in dahingehend, ob sein/ihr Gesundheitszustand in Ordnung ist, hinsichtlich folgender Punkte:
- Prüfung, ob der/die Bewerber/in die Tätigkeit laut Arbeitsvertrag durchführen kann
- Prüfung, ob der/die Bewerber/in durch die Tätigkeit seine/ihre eigene Gesundheit nicht gefährdet
- Es müssen Gefährdungen für andere Mitarbeiter/innen und Kollegen/-innen (Ansteckungsgefahr) ausgeschlossen werden
- Eine Arbeitsunfähigkeit in den nächsten sechs Monaten soll ausgeschlossen werden
Ziel ist es insgesamt, dass der Arbeitgeber gesunde Mitarbeiter/innen hat.
Einstellungsuntersuchung vs. Betriebsärztliche Vorsorge
Die Einstellungsuntersuchung und die betriebsärztliche Vorsorge werden häufig umgangssprachlich durcheinandergeworfen. Dabei bauen sie jedoch auf sehr unterschiedlicher rechtlicher Grundlage auf und verfolgen sehr verschiedene Zwecke. Der Gesetzgeber weist daher in § 3 Abs. 3 S. 2 ArbMedVV explizit daraufhin, dass die „Arbeitsmedizinische Vorsorge (…) nicht zusammen mit Untersuchungen, die dem Nachweis der gesundheitlichen Eignung für berufliche Anforderungen dienen, durchgeführt werden (soll), es sei denn, betriebliche Gründe erfordern dies; in diesem Fall hat der Arbeitgeber den Arzt oder die Ärztin zu verpflichten, die unterschiedlichen Zwecke von arbeitsmedizinischer Vorsorge und Eignungsuntersuchung gegenüber dem oder der Beschäftigten offenzulegen.“
Einstellungsuntersuchung
Kurz charakterisiert kann zusammengefasst werden, dass die Einstellungsuntersuchung, auch Eignungsuntersuchung genannt, tendenziell eher im Sinne des Arbeitgebers liegt. So werden einerseits kranke Bewerber/innen aussortiert, andererseits werden die anderen Mitarbeitenden vor Infektionen oder Unfällen geschützt. Die AMR 3.3 (Arbeitsmedizinische Regeln) sagt hierzu: „Eignungsuntersuchungen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses werden vom Arbeitgeber veranlasst, um zu überprüfen, ob Beschäftigte den Anforderungen einer vorgesehenen oder ausgeübten Tätigkeit gewachsen sind. Sie sind kein Gegenstand der arbeitsmedizinischen Vorsorge gemäß ArbMedVV und erfordern eine andere Rechtsgrundlage außerhalb des Arbeitsschutzes.“ Theoretisch darf einem/r Bewerber/in kein Nachteil durch die Verweigerung einer nicht gesetzlich begründeten Einstellungsuntersuchung entstehen – praktisch sieht das jedoch oft anders aus. Weiter unten in diesem Artikel werden die Regelungen zur Einstellungsuntersuchung weiter erläutert.
Betriebsärztliche Vorsorge
Die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung hingegen soll vor allem verhindern, dass der/die Mitarbeitende gesundheitliche Schäden durch die Arbeit davonträgt. Daher wird im Rahmen dieser auch eine erweiterte Anamnese erhoben und diese vor allem in Hinblick auf die arbeitsplatztypischen Belastungen ausgewertet. Die im Dezember 2022 veröffentliche AMR 3.3 erweitert das bisherige eher auf den Arbeitsplatz konzentrierte Vorgehen hin zu einer „Ganzheitliche arbeitsmedizinische Vorsorge unter Berücksichtigung aller Arbeitsbedingungen und arbeitsbedingten Gefährdungen“. Im Rahmen dieser Vorsorgeuntersuchungen können also einerseits einsatzbezogene Ratschläge und Maßnahmen erfolgen (Tragen besonderer Schutzhandschutze, gesondertes Desinfektionsmittel bei Allergie), andererseits allgemeine Vorsorgemaßnahmen (Rauchstopp, Impfberatung) getroffen werden.
Betriebsärztliche Untersuchung – ist sie Pflicht?
Grundsätzlich ist die Einstellungsuntersuchung freiwillig und es besteht keine Pflicht. Die Einwilligung des/-r Bewerbers/-in ist nötig.
Jedoch wird die Untersuchung der Regel vor Vertragsunterzeichnung abgeschlossen. Daher verweigert normalerweise kein/e Bewerber/in seine/ihre Einwilligung, denn ansonsten wird ihn/sie der Arbeitgeber bei der Stellenvergabe wahrscheinlich nicht berücksichtigen. Das Risiko nach Verweigerung der Einstellungsuntersuchung die Stelle nicht zu erhalten ist sehr hoch.
In einigen Fällen ist die betriebsärztliche Untersuchung allerdings sogar Pflicht, zum Beispiel für Jugendliche bis 18 Jahre gemäß dem § 32 Abs. 1 des Jugendarbeitsschutzgesetzes darf ein/e Jugendliche/r nur dann eingestellt werden, wenn diese/r in dem Zeitraum der letzten 14 Monate ärztlich untersucht worden ist. Der Arzt bzw. die Ärztin muss diese ausgestellte Bescheinigung dem Arbeitgeber vorlegen, um eine Einstellung zu ermöglichen.
Die Einstellungsuntersuchung ist in folgenden Fällen Pflicht und gesetzlich vorgeschrieben:
- Jugendliche bis 18 Jahre
- beim Umgang mit Gefahrstoffen oder Strahlenbelastungen (z.B. Röntgenassistenten/-innen)
- bei Personen mit besonderer Verantwortung für andere (z.B. Lokführer/innen, Piloten/-innen, Busfahrer/innen, Ärzte/-innen)
- bei Beamten/-innen
Betriebsärztliche Untersuchung – was ist erlaubt und was nicht?
Allgemein kann gesagt werden, dass alle Untersuchungen bei der Eignungsuntersuchung dem Zweck dienen müssen, den Anforderungen des Arbeitsplatzes gerecht zu werden. Insgesamt geht es darum, die Eignung für die Stelle zu beurteilen und Erkrankungen zu identifizieren, die die Arbeitsfähigkeit in der näheren Zukunft beeinträchtigt. Hierbei wird meist von einem Zeitraum von etwa sechs Monaten ausgegangen. Daraus ergeben sich auch die standardmäßig durchgeführten Untersuchungen sowie die erlaubten und nicht erlaubten Untersuchungen.
Ein klassisches Beispiel ist hier der Drogentest: zulässig wäre er, wenn bei LKW-Fahrern/-innen eine Abhängigkeitserkrankung zur Gefährdung für andere werden würde und die Person damit nicht für die Stelle geeignet wäre. Ein planmäßiger Drogentest für alle unter 25-jährigen hingegen wäre illegal. In jedem Fall Bedarf ein solcher Test jedoch der Einwilligung der zu untersuchenden Person.
Allgemein empfiehlt es sich bei Untersuchungen, über deren Nutzen man nicht ganz klar ist, um eine Erklärung von ärztlicher Seite zu bitten. So können Unklarheiten vermieden und nichtzulässige Tests abgelehnt werden. Bei Unsicherheit kann ebenfalls immer ein/e Anwalt/Anwältin hinzugezogen werden.
Folgende Inhalte sind typische Bestandteile der betriebsärztlichen Untersuchung:
- Körperliche Untersuchung von Herz, Lunge und Leber
- Blutdruck- und Pulsmessung
- Laboruntersuchung von Blut und Urin, um Entzündungen, Zuckerkrankheit oder Leberkrankheiten festzustellen, sofern diese eine Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit haben
- Seh- und evtl. Hörtest
Nicht erlaubt bei der Einstellungsuntersuchung sind:
- Nicht durch die Art der Arbeit begründete Untersuchung auf Drogen- und Alkoholkonsum
- HIV-Untersuchung sofern die Tätigkeit nicht mit einem erhöhten Infektionsrisiko einhergeht; diesem Test muss in jedem Fall vorher zugestimmt werden
- Genetische Untersuchungen sind in keinem Fall zulässig
Das Fragerecht der Betriebsärzte/-innen bei der nicht gesetzlich begründeten Einstellungsuntersuchung entspricht dem des Arbeitsgebers, beschränkt sich also auf Erkrankungen, die einen Zusammenhang mit der Tätigkeit haben. Daher sind Fragen nach Erkrankungen der Eltern oder persönlichen Gewohnheiten, die nichts mit dem Arbeitsplatz zu tun haben, nicht zulässig und dürfen unwahrheitsgemäß beantwortet werden. Um auf der sicheren Seite zu sein empfiehlt es sich, im Gespräch zu fragen, inwiefern die Untersuchung bzw. Frage eine Relevanz für die ausgeschriebene Stelle hat. So können die notwendigen Informationen gegeben werden, ohne jedoch unzulässige Fragen zu beantworten.
Bei der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung sollten Fragen, die Bereiche außerhalb der Eignung für die eigentliche Arbeit abgedeckt, hingegen wahrheitsgemäß beantwortet werden. So kann so das eigene Risiko für die Entwicklung von (Berufs-)Krankheiten gemindert und angemessene Vorsorgemaßnahmen getroffen werden.
Passenden Jobs in der Arbeitsmedizin gibt es übrigens direkt bei praktischArzt. In der passenden Rubrik für Betriebsmediziner/innen kann man hier direkt nach Arbeitsmedizin Stellenangeboten suchen.
Betriebsarzt Schweigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber
Der/die Betriebsarzt/-ärztin unterliegt der Schweigepflicht wie jede/r andere Arzt/Ärztin auch. Er bildet hier keine Ausnahme. Dies bedeutet, dass er die Untersuchungsergebnisse nicht an Dritte wie den Arbeitgeber weitergeben darf. Er darf zwar die Eignung weitergeben, aber die Ergebnisse der Diagnose muss er für sich selbst behalten.
Betriebsarzt Schweigepflicht
Dem Arbeitgeber gegenüber darf der /die Betriebsarzt/-ärztin im Rahmen seiner/ihrer Schweigepflicht nur eine Gesamtbeurteilung abgeben mit den Ergebnissen „tauglich“, „bedingt tauglich“ und „nicht tauglich“.
Somit sind viele Sorgen unbegründet, wenn Mitarbeiter/innen befürchten, dass Ihre gesamte Gesundheitsgeschichte an den Arbeitgeber weitergegeben wird.
Zum Beispiel besteht diese Sorge, wenn Mitarbeiter/innen unter Depressionen leiden. Würden Arbeitsmediziner/innen diese Informationen weitergeben, würden sie sich strafbar machen.