
Von den 10.000 begehrten Studienplätzen an staatlichen Hochschulen in Deutschland gehen jährlich 250 an Bewerber/innen für ein Medizinstudium bei der Bundeswehr. Was für einige vielleicht absurd klingen mag – immerhin verbindet man die Medizin nicht unbedingt mit einer Karriere beim Militär – ist für andere eine verlockende Alternative zum NC-beschränkten Vergabeverfahren.
Inhaltsverzeichnis
- Medizinstudium Bundeswehr - Studienplatzvergabe
- Voraussetzungen
- Bewerbungsverfahren
- Medizinstudium Bundeswehr - Ablauf
- Vergütung im Medizinstudium bei der Bundeswehr
- Freikaufen aus der Bundeswehr
- Medizinstudium Bundeswehr: Vor- und Nachteile
- Erfahrungen
- Facharztausbildung und Bundeswehrkarriere
- Gehalt als Arzt bei der Bundeswehr
- Alternativen zum Studium
Was man über das Studieren bei der Bundeswehr wissen muss, wie die Plätze vergeben werden und welche Karrierewege zum Truppenarzt/-ärztin (bzw. Sanitätsoffizier; früher Militärarzt/-ärztin) möglich sind, zeigen wir ebenso wie Vor- und Nachteile sowie Erfahrungen eines Medizinstudiums bei der Bundeswehr.
Medizinstudium Bundeswehr – Studienplatzvergabe
Der Weg eines Medizinstudiums bei der Bundeswehr erleichtert Studieninteressierten, die wegen des Numerus Clausus im NC-beschränkten Vergabeverfahren schlechte Chancen auf einen Studienplatz haben, den Einstieg in die Medizin. Die Vergabe der Studienplätze für die Erstsemester an staatlichen Universitäten in Deutschland berücksichtigt nach wie vor zu großen Teilen den Notendurchschnitt im Abitur. Neben der NC-Grenze ist außerdem der Test für Medizinische Studiengänge (TMS) ein wichtiges Auswahlkriterium. Bei der Bewerbung beim Militär sind beide Kriterien nicht relevant, dafür gibt es intern festgelegte Voraussetzungen, die Studenten/-innen für das Medizinstudium bei der Bundeswehr qualifizieren. So sollten Bewerber/innen dies mitbringen:
- Mindestalter 17 Jahre
- deutsche Staatsbürgerschaft im Sinne Art. 116 Grundgesetz
- allgemeine Hochschulreife oder vergleichbarer Abschluss
- Körpergröße zwischen 155 cm und 210 cm
- Bereitschaft zur Verpflichtung für 17 Jahre Dienstzeit
- Bereitschaft zur Versetzung im In- und Ausland
Weitere Voraussetzungen für ein Bundeswehr-Studium
Zudem gibt es einige Soft Skills, die eine Karriere beim Militär begünstigen. So ist Flexibilität und Einsatzbereitschaft für die Soldaten/-innen-Laufbahn sehr wichtig. Ehrgeiz und Leistungsbereitschaft sind auf dem Karriereweg der Offiziere/-innen noch wichtiger als im regulären Medizinstudium.
Auch die körperliche und psychische Belastung als Sanitätsoffizier/in kann höher sein als bei zivilen Ärzten/-innen, weshalb man von entsprechender Widerstandsfähigkeit profitiert. Wer die genannten Kriterien erfüllt und bereit ist, eine Soldaten-Laufbahn parallel zum Studium und zur ärztlichen Tätigkeit zu verfolgen, kann bei der Bundeswehr eine spannende Karriere mit vielen außergewöhnlichen Erfahrungen einschlagen.
Bewerbung für das Medizinstudium bei der Bundeswehr
Obwohl man im Medizinstudium bei der Bundeswehr an den gleichen Hochschulen wie zivile Studierende lernt, findet das Bewerbungsverfahren nicht zentral über Hochschulstart statt. Stattdessen bewirbt man sich direkt über das Bundeswehr-Bewerbungsportal. Da es sich bei der Karriere als Sanitätsoffizier/in um eine Offizierslaufbahn handelt, endet die Bewerbungsfrist jährlich zum 31. März.
Schließlich nimmt man am dreitägigen internen Einstellungsverfahren in Köln teil. Letzteres ist sehr umfangreich, um Kompetenzen zu prüfen und die richtigen Bewerber/innen für die richtigen Stellen auszuwählen. Der Test besteht aus vier Teilprüfungen.
1. Teil: CAT-Test
Der CAT-Test (Computer-Assistiertes-Testverfahren) ist ein Multiple-Choice Test am Computer und erprobt die geistigen Fähigkeiten der Teilnehmenden in den Bereichen Sprachverständnis, Mathematik, Logisches Denken, Allgemeinwissen, Konzentrationsfähigkeit und Technisches Verständnis. Hinzu kommt ein Aspekt, der die Persönlichkeit testet. Insgesamt geht die Prüfung zweieinhalb bis drei Stunden, je nach Schnelligkeit der Teilnehmer/innen. Die Schwierigkeit wird dabei an das Bewerber-Niveau angepasst: Beantwortet man eine Frage richtig, ist die nächste schwieriger und andersherum.
2. Teil: Basis-Fitness-Test
Der Basis-Fitness-Test (BFT) ist zentraler Bestandteil der Bundeswehr-Karriere und wird nicht nur im Einstellungsverfahren, sondern auch vor und nach der Grundausbildung durchgeführt. Er testet Stärke, Ausdauer und Schnelligkeit der Soldaten/-innen in drei Kategorien:
- 11 x 10 Meter Sprinttest (Schnelligkeit)
- Klimmhang (Kraft)
- Fahrradergometer (Ausdauer)
Alle drei Tests müssen dabei hintereinander innerhalb von 90 Minuten erfolgreich durchgeführt werden. Wenn man die Mindestanforderungen nicht erfüllt oder eine Prüfung abbricht, ist der Test nicht bestanden und muss sechs Monate später wiederholt werden.
3. Teil: Ärztliche Untersuchung
Dieser Test wird von einem/-r Bundeswehr-Arzt/Ärztin durchgeführt. Schon im ersten Bewerbungsschritt gibt man einen ausführlichen medizinischen Fragebogen ab. Anschließend erfolgt eine Voruntersuchung mit einem Hör- und Sehtest, einem Drogenscreening und einer Messung der Körpergröße und des Gewichts. Danach werden Annahmeuntersuchungen mit ausführlicher Anamnese zu klassischen, weit verbreiteten Krankheiten durchgeführt. Letztendlich teilen die Truppenärzte/-innen die Bewerber/innen in Tauglichkeits- und Verwendungsgrade ein.
4. Teil: Interview
Das eignungsdiagnostische Interview (psychologisches Gespräch) ähnelt stark einem herkömmlichen Vorstellungsgespräch. Hier haben Bewerber/innen die Möglichkeit, ihre eigene Motivation und ihre Stärken darzulegen. Es werden Fragen zur Motivation, Persönlichkeit und zum privaten Umfeld von Teilnehmer/innen gestellt.
Doch auch die Hintergründe und Geschichte der Bundeswehr können Teil des Interviews sein. In nahezu jedem Gespräch werden dabei die folgenden Fragen gestellt:
- Warum möchten Sie Soldat/Soldatin werden?
- Was erhoffen Sie sich bei der Bundeswehr?
- Was möchten Sie bei der Bundeswehr erreichen?
- Was sind Sie bereit für die Bundeswehr einzubringen?
- Können Sie (aktuelle) Auslandseinsätze der Bundeswehr nennen?
- Was sagt ihre Familie (Freunde) dazu, dass Sie zur Bundeswehr wollen?
Darüber hinaus werden mehrere Teilnehmende in einem sogenannten Gruppensituationsverfahren (GSV) getestet. Das Verfahren findet in einer Gruppendiskussionsrunde und einem Planspiel statt. Prüfer/innen beachten individuelles Verhalten und das Einfügen in die Gruppensituation. Nach den Interviews wird den Bewerber/innen eine Einschätzung und unter Umständen die Empfehlung zu einer besser passenden Laufbahn gegeben.
Standorte
Generell kann die Bundeswehr Plätze bei allen staatlichen Universitäten mit Medizinstudiengängen vergeben. Sprich: Studierende der Bundeswehr belegen ihre Seminare wie alle anderen an den gängigen Hochschulen. Im gesamten Bewerbungsverfahren zum Medizinstudium bei der Bundeswehr sammeln die Anwärter/innen Punkte. Angehende Studierende mit besonders hohem Punktestand haben eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit an ihrer Traumuniversität genommen zu werden.
Medizinstudium Bundeswehr – Ablauf
Da man als Sanitätsoffiziersanwärter/in unter den Semestern vom Wehrdienst befreit ist, unterscheidet sich das eigentliche Studium kaum vom Verlauf ziviler Medizinstudierender. Eine Ausnahme bilden dabei die Semesterferien: Angehende Sanitätsoffiziere/-innen verpflichten sich zu Praktika und Lehrgängen, die eine militärische Ausbildung parallel zum Studium ermöglichen. Hierbei handelt es sich um einen einmonatigen Offizierslehrgang in der Vorklinik und ein einmonatiges Truppenpraktikum im klinischen Abschnitt des Studiums (zusätzlich zu Pflegepraktika und Famulatur).
Andere Studiengänge haben beim Militär keine Semester, sondern Trimester, das Jahr ist also in Drittel geteilt. Dies trifft aber auf das Medizinstudium bei der Bundeswehr nicht zu.
Grundausbildung
Egal, welchen Weg man bei der Bundeswehr einschlägt: Zunächst ist man verpflichtet, die dreimonatige Grundausbildung abzulegen. Ziel dieses Lehrgangs ist es, die „Allgemeinmilitärische Grundbefähigung“ zu erreichen. Die Ausbildung umfasst 14 Gebiete, die in insgesamt 450 Stunden gelehrt werden. Hierzu gehören ein Theorieteil – der richtiges Verhalten, rechtliche und politische Grundlagen und militärisches Wissen lehrt – und Praxisunterricht in Bewegung, Tarnung, Täuschung und Bau von Unterkünften, aber auch der Arbeit an der Waffe und Erste Hilfe.
Regelstudienzeit
Die Regelstudienzeit im Medizinstudium beträgt normalerweise 12 Semester: 5 Jahre Theorie und 1 Jahr Praxis. Im Medizinstudium bei der Bundeswehr ist das nicht anders. Allerdings ist der Druck, das Studium in Regelstudienzeit zu beenden, um einiges höher: Eine Verzögerung um mehr als sieben Monate verlängert die Verpflichtungszeit um ein ganzes Jahr. Je länger man für das Studium braucht, desto länger muss man also später bei der Bundeswehr arbeiten.
Vergütung im Medizinstudium bei der Bundeswehr
In der Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr erhält man schon während des Studiums Dienstbezüge, die mit der Erfahrung in militärischen Praktiken steigen können. Das Gehalt wird nach dem Bundesbesoldungsgesetz festgelegt. Auf der ersten Erfahrungsstufe erhalten die Studierenden als Fahnenjunker 2.418,94 Euro brutto. Mit mehr Erfahrung steigt das Gehalt als Leutnant auf 3.028,80 Euro.
Freikaufen aus der Bundeswehr
Für manche, deren Abiturschnitt nicht für die scharfen NC-Grenzen im Medizinstudium reicht, erscheint die Bundeswehr vermutlich als leichterer Weg ins Studium. Doch man sollte die Dienstverpflichtung nicht auf die leichte Schulter nehmen: Wer nach dem Medizinstudium bei der Bundeswehr seinen Dienst verweigert, muss zahlen, und zwar alle Ausbildungskosten. Aktuell liegt die Ausbildung zum/-r Arzt/Ärztin bei Kosten von knapp 200.000 Euro. Je größer der Anteil der Dienstzeit, die man beim Bund ablegt, ist, desto geringer wird die Höhe der zurückzuzahlenden Studienkosten.
Medizinstudium bei der Bundeswehr: Vor- und Nachteile
Lohnt es sich nun, das Medizinstudium bei der Bundeswehr abzulegen oder nicht? Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten. Grundsätzlich bietet der besondere Karriereweg Vor- und Nachteile.
Vorteile
Der größte Vorteil des Militärs für viele, die vom Medizinstudium träumen, ist die genommene Hürde des NCs. Auch der Dienstbezug im Studium ist verlockend, da er die üblichen finanziellen Sorgen als Student/in nimmt. Darüber hinaus können Sanitätsoffiziersanwärter/innen je nach Standort der Universität in einer Bundeswehrunterkunft wohnen. Die militärischen Kurse in den Semesterferien bieten eine Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln und über den Tellerrand des Studiums hinwegzusehen.
Auch nach dem Studium profitiert man als Truppenarzt/-ärztin von einer guten Bezahlung, der Befreiung von der Sozialversicherungspflicht und Krankenversicherung. Generell ist die Bundeswehr ein Arbeitgeber, bei dem man viele besondere Erfahrungen sammeln und mit Fleiß eine steile Karriere begehen kann. Für die Dauer der 17 verpflichtenden Jahre hat man außerdem einen sicheren Arbeitsplatz.
Nachteile
Die Laufbahn bei der Bundeswehr ist jedoch kein Zuckerschlecken: Der Konkurrenzdruck ist hoch und man steht im ständigen Vergleich mit anderen Sanitätsoffiziersanwärtern/-innen.
Darüber hinaus nehmen die Praktika und Lehrgänge, die meistens in den Ferien stattfinden, viel Freizeit in Anspruch, die im Medizinstudium ohnehin knapp ist. Die Verpflichtung von 17 Jahren ist darüber hinaus eine lange Zeit, vor allem, wenn man in jungen Jahren noch nicht genau weiß, welche Pläne man in der Zukunft haben wird.
Wer weniger Erfolg im Studium hat, wird zudem vom Arbeitgeber Bundeswehr in seiner Facharzt-Wahl eingeschränkt. Auch die Möglichkeit, als Bundeswehr-Arzt/Ärztin innerhalb Deutschlands und ins Ausland versetzt werden zu können, kann im späteren Leben Partnerschaften oder der Familienplanung im Weg stehen.
Erfahrungen zum Medizinstudium bei der Bundeswehr
Vergleichbar mit einem normalen Stipendium ist laut vielen Erfahrungsberichten von Sanitätsoffiziersanwärter/innen das Studium bei der Bundeswehr nicht. Vor allem der Fakt, dass man beim Militär eben kein/e Arzt/Ärztin ist, der/die nebenbei Soldat/in ist, sondern Soldat/in, der/die nebenbei noch Arzt/Ärztin ist fällt unter Befragten immer wieder. Viele, die vor der Entscheidung gründlich ihre Vor- und Nachteile abgewogen haben, bereuen es jedoch nicht, sich für die Offiziers-Laufbahn entschieden zu haben.
Facharztausbildung und Karriere bei der Bundeswehr
Wie beim Bewerbungsverfahren stehen auch während der Studienzeit die Sanitätsoffiziersanwärter/innen im Vergleich zueinander. Wer sowohl im Studium selbst als auch in den Lehrgängen des Militärs erfolgreich abschneidet, kann sich seine spätere Fachrichtung und den Arbeitsplatz (innerhalb der Standorte der Bundeswehr) mehr oder weniger frei aussuchen. Generell kann der Karriereweg jedoch vom Bedarf des Militärs eingeschränkt werden.
Insgesamt verpflichten sich die Soldaten/-innen im Medizinstudium bei der Bundeswehr für 17 Jahre. Innerhalb dieser Zeit können sie als Mediziner/innen in Weiterbildung und später als anerkannte Fachärzte/-innen im ganzen Bundesgebiet und auch ins Ausland versetzt werden. Die meisten Assistenzärzte/-innen arbeiten zumindest zeitweise in einem der fünf Bundeswehr-Krankenhäuser in Berlin, Hamburg, Koblenz, Ulm oder Westerstede.
Beratung und Alternativen berücksichtigen
Wer sich trotz aller Informationen noch unsicher ist, kann auf der Website der Bundeswehr einen Beratungstermin ausmachen. Auch wenn man sich gegen das Militär entscheidet, gibt es neben dem zivilen Weg auch noch weitere Alternativen, Medizin ohne NC zu studieren.
Gehalt als Arzt/Ärztin bei der Bundeswehr
Als Truppenarzt/-ärztin ist man beim Bund angestellt und wird nach dem Bundesbesoldungsgesetz vergütet. Innerhalb der Laufbahn steigt man in Dienstgraden auf und erhält einen Dienstbezug entsprechend der eigenen Stellung.
Die Ränge, die mit der Stellung eines/-r zivilen Facharztes/-ärztin vergleichbar sind, haben auch ein ähnliches Gehalt. So beträgt die Vergütung in dieser Position je nach Fachrichtung und Stellung etwa zwischen 5.000 und 8.000 Euro brutto im Monat. Als Bundeswehr-Arzt/Ärztin ist man jedoch von der Sozialversicherungspflicht befreit und profitiert finanziell von der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung. Man hat also keine Abgaben für eine eigene Krankenversicherung.
Alternativen zum Studium
Falls es doch nicht klappt mit dem Medizinstudium, so stehen als Alternativen eine Ausbildung oder ein anderer Studiengang mit Bezug zur Medizin zur Verfügung. Mehr zu den Möglichkeiten in den folgenden Artikeln: