Famulatur USA – ein spannendes Praktikum für alle Amerika Begeisterten. Vielleicht habt auch ihr zuvor gehört, es sei schwierig in den USA Famulaturplätze zu bekommen. Für das PJ ist es auch sicher nicht ganz so einfach. Für eine Famulatur muss man aber nur einige wichtige Punkte beachten und schon steht dem Aufenthalt eigentlich nichts mehr im Wege. Ich hatte eine tolle und sehr lehrreiche Zeit während meiner Anästhesie-Famulatur im Centegra Hospital in Mc.Henry Illinois.
Inhaltsverzeichnis
Vorbereitung Famulatur USA
Da ich meine ehemalige Gastfamilie (noch aus Schulzeiten) wiedersehen und das Ganze mit dem Studium verbinden wollte, bin ich auf die Idee gekommen eine Famulatur in den USA zu machen.
Was ich getan habe, klingt vielleicht zu einfach, aber es hat sehr gut funktioniert. Nachdem ich mir eine Klinik in der Nähe meiner Familie rausgesucht hatte, habe ich dort (unter Berücksichtigung der Zeitdifferenz) angerufen und höflich nach der Person gefragt, die für die Studentenkoordination zuständig ist. Durch lange vorherige Aufenthalte in den USA hatte ich vielleicht eine Art von zwischenmenschlichem Vorteil. Wichtig ist aber eigentlich nur höflich zu bleiben, die berühmte „How are you“-Floskel zur Begrüßung nicht zu vergessen und in Ruhe zu erklären wer man ist und was man will. Der Term „Famulatur“ ist in den USA nicht bekannt und wird am besten mit „clinicals“ übersetzt. Nach einen freundlichen Gespräch mit besagter Koordinatorin und einem Austausch von Emailadressen, wurde eine Rundmail an alle Klinikärtzte gesandt, wer Lust hätte eine ausländische Studentin unter die Fittiche zu nehmen. Ich durfte eine formlose Auflistung der klinischen Kurse, die ich bereits belegt hatte, eine Kopie meines Impfpasses und meines Reisepasses einreichen. Wenige Wochen später erhielt ich eine Zusage für eine Famulatur im Bereich der Anästhesie. Ein spezielles Visum ist, wenn man diesen etwas persönlicheren Weg geht, nicht nötig.
Dies lief alles etwa 9 Monate im Voraus ab, wenige Wochen vor der Famulatur habe ich mich selbstständig noch einmal gemeldet und wurde mit Informationen über Anfahrt und Arbeitszeiten versorgt.
Famulatur USA – Land und Leute
Vorneweg ist zu sagen, dass ich die Amerikaner immer als ein sehr freundliches Volk erlebt habe. Die meisten bringen einem gerne die eigene Kultur näher und sind sehr hilfsbereit, wenn man Probleme vor Ort hat. Die Offenheit einem selbst gegenüber und das Wissen über Deutschland hängen etwas von Bildungsgrad des Gegenübers ab. Ich wurde schon gefragt, was ich den über die russische Regierung wüsste (Putin, that’s it), oder ob Deutschland neben Brasilien liegt.
In Illinois und im gesamten mittleren Westen ist das Klima extremer als bei uns. Es wird schwüler im Sommer und verdammt viel kälter im Winter, darauf haben sich alle jedoch mit Klimaanlagen oder eben Heizungen gut eingestellt. Gerade im Winter werden die Schneestürme auf der Straße aber zu einem wirklichen Problem. Zu dieser Zeit würde ich also keinen Aufenthalt empfehlen, da auch nicht alles was dort fährt einem deutschen TÜV standhalten würde.
Ernährungstechnisch bietet die USA alles. Man kann gesund leben, wenn man möchte. Eine große Auswahl an Donuts, Burgern und Fastfood führen einen aber regelmäßig in Versuchung. Im Schnitt sind wir einmal die Woche Essen gegangen. Essen gehen ist in dieser Region im Vergleich zu Deutschland billig, sich gesund zu ernähren kostet in den Staaten aber nicht weniger als in Deutschland.
Interessant sind auch die Benzinpreise. Über die letzten Jahre ist „gas“ teurer geworden und hat zwar noch nicht unsere Preise erreicht, spürbar günstiger kam es mir bei meinem letzten Besuch im Frühjahr 2017 aber nicht vor. Viele der amerikanischen Autos sind auch nicht gerade spritsparende Modelle. Trotzdem ist ein Auto auf dem Land noch die beste Methode sich vorzubewegen. Innerhalb Chicagos waren die Preise für die Öffentlichen angemessen. Auf dem Land gibt es aber kaum Busverbindungen. Wer nicht direkt auf dem Klinikgelände wohnt, sollte sich daher mit der Möglichkeit befassen ein Auto zu mieten (unter 25 kann das sehr teuer sein, ich durfte den alten Wagen meiner Gastfamilie fahren).
Der Fachbereich Anästhesie
Die Famulatur USA bieten die Möglichkeiten einen neuen Fachbereich kennenzulernen, zum Beispiel die Anästhesiologie. Die Anästhesie befasst sich mit der Prämedikation und dem Einleiten vor einer OP, der Überwachung währenddessen und dem Ausleiten und der Schmerzmedizin danach. Spezielle Zweige wie die Notfallmedizin, Intensivmedizin und Palliativmedizin gehören ebenfalls dazu, auch wenn sie nicht von jedem Haus im gleichen Rahmen angeboten werden können.
Wissenstechnisch geben sich die USA und Deutschland nicht besonders viel und mir sind nun nach einem PJ Tertial in Deutschland auch keine großen medizinischen Unterschiede aufgefallen. Beeindruckend ist jedoch, dass ein Großteil der Arbeit von der Pflege verrichtet wird und das Team viel enger zusammensteht. Sowohl die Pflegenden als auch die Ärzte arbeiten mehr, haben weniger Urlaub und verdienen dafür aber nicht schlecht.
Die Famulatur in den USA
Nach einem ersten Tag voller Organisation und Vorstellungen, bestand mein Tagesablauf darin um 7.30 vor Ort zu sein und mir aus den sechs-acht OP-Sälen einen herauszusuchen. Die Prämedikation und das Zugänge legen wird von der Pflege übernommen. Wer will darf aber mithelfen. In meinem Saal angekommen durfte ich beim Einleiten helfen, unter Aufsicht Larynxmasken legen und intubieren und Patienten später wieder ausleiten.
Pro Tag gab es eine „10-minute-lecture“, die darin bestand, dass sich einer der Anästhesisten mit mir zusammensetzte und wir 10 Minuten ein bestimmtes Thema bearbeiteten. Trotzdem ist im stressigen Alltag aber auch oft Eigeninitiative gefordert. Je mehr Fragen ich gestellt habe, desto mehr habe ich gelernt. Wie in jeder Klinik gab es auch Tage, an denen ich mehr beobachtet habe, als gearbeitet.
Auf der anderen Seite des grünen Tuchs haben sich oft auch die Chirurgen gefreut einen Studenten im Saal zu wissen und Dinge erklärt oder mich sogar zu besonders spannenden Fällen dazu gerufen. Die Betreuung war alles in allem exzellent und die Patienten (wenn nicht schlafend) erfreut über so viel Interesse aus dem Ausland.
Offiziell endete mein Tag um 16:00-17:00 mit der letzten OP im Saal. Früher zu gehen oder sogar einen Tag frei zunehmen war aber nie ein Problem. Meine Unterschrift habe ich sicherheitshalber bereits eine Woche vor dem Ende der Famulatur auf einem englischsprachigen Vordruck angefordert. Da man mir zusätzlich auch die Unterschrift der Klinikleitung gegeben hat, hat es diese Zeit auch gebraucht. Wichtig für die Anerkennung in Deutschland war im späteren Verlauf allerdings nicht die Anzahl der Unterschriften, sondern das „Centegra Hospital of McHenry“ explizit und handschriftlich erwähnt worden war.
Ein einziger Nachteil ist allerdings das amerikanische Versicherungswesen. Ein komplett eigenständiges Arbeiten ist nicht möglich, ein Betreuer muss immer im Raum bleiben.
Famulatur USA – Krankenhaus und Betreuung
Centegra in Mc.Henry war zu meiner Zeit das größte Kreiskrankenhaus in der Umgebung und deckte von Gynäkologie, Pädiatrie, Unfallchirurgie, Allgemeinchirurgie bis hin zur Thorax- und Gefäßchirurgie alles ab. Eine Herzlungenmaschine und ein DaVinci-OP-Roboter waren vorhanden. Es wurde transplantiert. Aber auch Belegärzte wie zum Beispiel HNO und Augenärzte waren anzutreffen. Inzwischen wurde in der Nähe ein zweites Haus errichtet, was dazu geführt haben mag, dass einige Abteilungen umgezogen sind oder sich weiter spezialisiert haben.
Die Ärzte, egal von welchem Fach und Pflegenden waren unglaublich freundlich und bemüht mir im Rahmen der Famulatur USA etwas beizubringen. Nicht wenig habe ich von den Anästhesieschwestern gelernt, die OPs eigenständig betreuen dürfen. Wenige Tage bevor ich mich verabschieden wollte, fand ich an den Türen zum OP Zettel mit der Aufschrift „Lina‘s Farewell Party“. So wurde ich also vom gesamten OP-Team verabschiedet und wir verbrachten meinen letzten Abend zusammen in einer Brauerei und feierten unser eigenes Oktoberfest.
Die Verpflegung in der Klinik bestand aus einer Kantine und einem Aufenthaltsraum voller amerikanisch-(un)gesunder Leckerrein. Das Essen in der Kantine war günstig und gut. Das im Aufenthaltsraum sogar umsonst. Zeit zum Essen war immer gegeben.
Da ich bei meiner Gastfamilie untergebracht war, habe ich die Räumlichkeiten der Klinik nicht in Anspruch genommen, es gab sie aber.
Empfehlungen und Besonderes
Die Famulatur USA ist wie das PJ in den USA sehr empfehlenswert. Insbesondere einen Aufenthalt in der Anästhesie würde ich jedem empfehlen. Man darf viel machen und bekommt je nach Größe des Hauses auch einen guten Überblick über die anderen Fachrichtungen. Die amerikanischen Kollegen und Kolleginnen haben mich unglaublich toll aufgenommen und waren bemühter als so manche deutschen Ärzte. Das Verhältnis zwischen Arzt und Pflege ist praktisch gleichwertig! Alle freuen sich über Frage und Hilfe! Tatsächlich hat dieser Aufenthalt dazu geführt, dass ich begonnen habe, auch die amerikanischen Medizinexamen zu schreiben, um in der Lage zu sein, eines Tages zurückzukehren.
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