
Semaglutid ist ein sehr wirkungsvolles Diabetes-Medikament, welches hauptsächlich zur Behandlung von Diabetes Typ 2 eingesetzt wird. Der Wirkstoff verbessert die Insulinwirkung und hemmt den Appetit. Das Diabetesmedikament soll vor starken Schwankungen des Blutzuckerspiegels und Beschwerden durch Unter- und Überzuckerung schützen und dient zur Vorbeugung von Erkrankungen, die als Folge eines dauerhaft zu hohen Blutzuckerspiegels entstehen können.
Darüber hinaus wird der Wirkstoff Semaglutid aufgrund seiner appetitzügelnden Wirkung immer öfter zu Diätzwecken in den Behandlungsplan von adipösen Menschen mit einem Body-Mass-Index über 30 eingebunden. Seit 2018 ist der Wirkstoff Semaglutid in der EU in Form eines Fertigpens (Handelsnamen Ozempic) zur Behandlung des Typ-2-Diabetes zugelassen, wenn Diät und sportliche Betätigung zur Senkung des Blutzuckerspiegels nicht ausreichen. Semaglutid in Tablettenform (Rybelsus) wurde im April 2020 als Unterstützung beim Abnehmen zugelassen. Die aus den USA kommende Tendenz zum Lifestyle-Medikament bringt die Gefahr von Engpässen in der Versorgung mit sich. Wir erklären, wann und für wen der Wirkstoff geeignet ist.
Inhaltsverzeichnis
Wirkweise
Der Wirkstoff Semaglutid ist ein GLP-1-Rezeptor-Agonist. Das bedeutet, dass es die Wirkung des humanen Inkretin-Glukagon-ähnlichen Peptids-1 (GLP-1 ist die Abkürzung der englischen Bezeichnung “glucagon-like peptide-1”) nachahmt. Nach der Injektion von Semaglutid bindet der Wirkstoff an die GLP-1-Rezeptoren, die auf verschiedenen Zellen im Körper vorkommen, wie zum Beispiel den Betazellen der Bauchspeicheldrüse, den Magenzellen und den Nervenzellen im Gehirn.
Durch diese Bindung werden mehrere physiologische Prozesse reguliert:
- Steigerung der Insulinbildung und- freisetzung durch Stimulation der Betazellen in der Bauchspeicheldrüse
- Hemmung der Glukagonfreisetzung aus den Alpha-Zellen der Bauchspeicheldrüse
- Verzögerung der Magenentleerung durch Reduzierung der Geschwindigkeit, mit der der Magen den Nahrungsbrei in den Dünndarm entlässt. Dies führt zu einer verlängerten Sättigung und einem verringerten Hungergefühl. Zudem gelangen die enthaltenen Kohlenhydrate („Zucker“) langsamer in den Blutkreislauf.
- Reduzierung der Nahrungsaufnahme durch Beeinflussung des Appetitzentrums und Erhöhung des Sättigungsgefühls
- Herz- und Nierenschutz wie bei anderen GLP-1-Rezeptor-Agonisten
Anwendungsgebiete
Semaglutid wird als Ergänzung zur Diät und körperlichen Aktivität verwendet, um den Blutzuckerspiegel bei Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 zu kontrollieren. Semaglutid kann als Monotherapie oder in Kombination mit anderen antidiabetischen Medikamenten eingesetzt werden.
In höherer Dosierung wird Semaglutid zur Gewichtsreduktion eingesetzt. Es kann Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 oder höher oder einem BMI von 27 oder höher in Kombination mit mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung wie beispielsweise koronarer Herzerkrankung verschrieben werden. Semaglutid hilft bei der Gewichtsabnahme, indem es das Sättigungsgefühl erhöht, den Appetit reduziert und die Nahrungsaufnahme verringert.
Semaglutid wird nicht für die Behandlung von Diabetes mellitus Typ 1 oder zur Gewichtsreduktion allein ohne begleitende Gewichtsmanagementstrategien empfohlen.
Anwendung
Die genaue Anwendung von Semaglutid muss individuell angepasst werden. Die Dosierung hängt davon ab, ob es zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 oder zur Gewichtsreduktion eingesetzt wird, außerdem von der bisherigen und kombinierten Therapie, vom Blutzuckerspiegel und der ärztlich vorgesehenen Einstellung des Blutzuckers.
Anwendungsweise bei Diabetes mellitus Typ 2:
Patienten/-innen sollen die Tabletten morgens auf nüchternen Magen einnehmen. Die Dosis der Tabletten wird individuell monatlich schrittweise erhöht. Begonnen wird meist mit täglich 3 Milligramm und bei Bedarf auf 7 Milligramm (nach einem Monat) bis auf maximal 14 Milligramm erhöht.
Im Vergleich die übliche Anwendungsweisen bei Injektion:
- einmal wöchentlich subkutan (zu jeder Tageszeit und unabhängig von den Mahlzeiten möglich)
- Anfangsdosis 0,25 mg pro Woche für vier Wochen; anschließend kann die Dosis auf 1,0 mg pro Woche erhöht werden
Anwendungsweise zur Gewichtsreduktion bei Übergewicht oder Adipositas:
- einmal täglich; empfohlene Dosis 2,4 mg/Tag
- Injektion vorzugsweise jeden Tag zur selben Zeit, mindestens 30 Minuten vor der ersten Mahlzeit des Tages
Nebenwirkungen von Semaglutid
Bei der Anwendung von Semaglutid können einige Nebenwirkungen auftreten. Mögliche Nebenwirkungen von Semaglutid sind:
Häufige Nebenwirkungen (können bei mehr als 1 von 10 Personen auftreten):
- Übelkeit
- Erbrechen
- Durchfall
- Bauchschmerzen
- Verstopfung
- Verminderter Appetit
Gelegentliche Nebenwirkungen (können bei bis zu 1 von 100 Personen auftreten):
- Hypoglykämie
- Kopfschmerzen
- Müdigkeit
- Schwindel
- Haarausfall
- Reizbarkeit
- Juckreiz an der Injektionsstelle
Selten auftretende, aber potenziell schwerwiegende Nebenwirkungen:
- Pankreatitis
- Gallensteine
- Nierenprobleme
- allergische Reaktionen
- bei geschädigter Netzhaut durch Diabetes-Erkrankung: unter Semaglutid häufigeres Auftreten von Komplikationen wie Blutungen in den Glaskörpern
Wechselwirkungen mit Semaglutid
Semaglutid kann mit anderen blutzuckersenkenden Medikamenten wie Metformin oder Insulin kombiniert werden. Bei der Anwendung mit anderen Medikamenten können Wechselwirkungen auftreten:
- Bei Kombination mit Medikamenten zur Blutgerinnung muss diese mit regelmäßigen Blutuntersuchungen stärker beobachtet werden.
- Durch verlangsamte Magenentleerung kann die Absorption oral eingenommener Medikamente beeinflusst werden.
- Bei gleichzeitiger Anwendung von Semaglutid mit anderen antidiabetischen Medikamenten, wie Sulfonylharnstoffen oder Insulin, besteht ein erhöhtes Risiko für Hypoglykämie.
- Medikamente, die die Magenentleerung beschleunigen oder verlangsamen, können die Wirkung von Semaglutid auf die Sättigung und den Blutzuckerspiegel beeinflussen.
Kontraindikationen von Semaglutid
Semaglutid ist möglicherweise nicht für jeden geeignet und sollte wie jedes Medikament nur unter Absprache mit dem/der behandelnden Arzt/Ärztin eingenommen werden. Da die Listen nicht alle Neben- und Wechselwirkungen enthalten, sollten Auffälligkeiten immer dem/der behandelnden Arzt/Ärztin gemeldet werden, um eine angemessene medizinische Betreuung zu gewährleisten.
Patienten/-innen, die Insulin und Semaglutid anwenden und an einer Netzhauterkrankung leiden, sollten dringend regelmäßig zur augenärztlichen Kontrolle gehen. Zudem ist wichtig, alle bestehenden medizinischen Bedingungen und Medikamente, mit einem/-r Arzt/Ärztin zu besprechen, um festzustellen, ob Semaglutid ein individuell geeignetes Präparat ist.
Für wen ist der Wirkstoff nicht geeignet?
Für bestimmte Personengruppen ist die Anwendung von Semaglutid kontraindiziert. Hier sind einige Beispiele, bei denen die Verwendung nicht empfohlen wird:
- bekannte Überempfindlichkeit oder allergische Reaktion auf Semaglutid oder andere Bestandteile des Arzneimittels
- medizinische Bedingungen, wie:
- Pankreatitis
- schwere Magen-Darm-Erkrankungen, die mit Verlangsamung der Magenentleerung einhergehen
- schwere Nierenprobleme oder Dialysebehandlung
- in Schwangerschaft und Stillzeit
Steigende Beliebtheit sorgt für Engpässe
Seit der Zulassung als Mittel zur Regulation bzw. Bekämpfung von (Über-)Gewicht ist der Wirkstoff Semaglutid nicht nur in Hollywood in Mode und wird “off label “genutzt. Dies kann zu Problemen bei Patienten/-innen mit Diabetes mellitus führen, die wirklich darauf angewiesen sind.
Verschiedene Handelsnamen
Seit 2022 ist Semaglutid in der EU von der Europäischen Arzneimittel-Agentur unter dem Handelsnamen Wegovy als Produkt zur unterstützenden Behandlung von stark Übergewichtigen zugelassen. Die Dosis ist doppelt so stark wie beim Diabetes-Medikament Ozempic. Seit Juli ist die Abnehmspritze auch auf dem deutschen Markt erhältlich.
Kein harmloser Appetitzügler
Personen, die Produkte mit Semaglutid wie Wegovy als harmlose Appetitzügler verstehen, begeben möglicherweise nicht nur sich selbst in Gefahr. Neben den erwähnten Nebenwirkungen entsteht so auch eine Unterversorgungsproblematik bei Menschen, die wegen ihrer Diabetes-Erkrankung dringend auf das Mittel angewiesen sind. Die Hersteller kommen aufgrund der großen Nachfrage mit der Produktion kaum hinterher. Ein verantwortungsbewusster Gebrauch (oder Verzicht) ist daher nicht nur im eigenen Interesse angeraten.
Weitere Medikamente
Dieser Artikel ist nur zur Information bestimmt. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbst Behandlungen durchzuführen, anzufangen oder abzusetzen sowie Diagnosen zu stellen. Die Informationen können keine qualifizierte fachliche Ausbildung oder einen Arztbesuch ersetzen. Individuelle Inhalte und Informationen können leider nicht zur Verfügung gestellt und spezifische Fragestellungen nicht geklärt werden.