
Buprenorphin ist ein Opioid-Wirkstoff und wird vorwiegend als Ersatzstoff für Heroin (unter dem Handelsnamen Subotex) seit den 1990ern – ebenso wie das bekanntere Methadon – erfolgreich zur Substitutionstherapie (sprich: Drogenentzug) eingesetzt. Auch in der Behandlung starker Schmerzen kommt es in verschiedenen Darreichungsformen zum Einsatz. Es ist sowohl als Tablette wie auch in Pflasterform verfügbar.
Inhaltsverzeichnis
Wir stellen in diesem Artikel die Wirkung von Buprenorphin vor, weisen auf Nebenwirkungen und Wechselwirkungen hin, erklären die korrekte Einnahme und listen Kontraindikationen auf.
Was ist Buprenorphin?
Ausgangssubstanz für die Herstellung von Buprenorphin ist das Opium-Nebenalkaloid Thebain. In verschiedenen Stufen der chemischen Aufbereitung ( zwischen zeitlich für Nichtchemiker so komplizierte Namen wie Cycloadditionsprodukt 7-Acetyl-6,14-Endoethenotetrahydrothebain und u.a. Verwendung von tert-Butylmagnesiumchlorid) lässt sich daraus am Ende Buprenorphin isolieren.
Buprenorphin ist ein halbsynthetisch hergestelltes Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide, das ursprünglich dazu genutzt wurde, mittlere bis starke Schmerzen in einer Kurzzeittherapie zu lindern. Buprenorphin wirkt wesentlich stärker schmerzhemmend als Morphin. Daher wird das Arzneimittel neben der Therapie mäßig starker bis starke Tumorschmerzen (und anderer starker Schmerzen wenn nicht-opioid Schmerzmittel nicht anschlagen) vor allem zur Behandlung der Abhängigkeit von Opiaten (sprich: Betäubungsmittel-Sucht) verwendet. Es wird als begleitende medizinische Maßnahme bei Opiat- oder Narkotika-Abhängigkeit im Rahmen medizinischer, sozialer und psychotherapeutischer Therapieformen eingesetzt. Das heißt, es ist keine medikamentöse Alleinmaßnahme, sondern wird in seiner Anwendung sowohl fachmännisch beaufsichtigt als auch therapeutisch ergänzend begleitet. Die Therapie überwachen stets in der Drogentherapie erfahrene Mediziner/innen.
Buprenorphin – Wirkung
Buprenorphin ist ein partieller µ-Opioidrezeptor-Antagonist und wirkt daher u.a. anderem analgetisch. Es bewirt dadurch eine Hemmung der Schmerzwahrnehmung.
Wird Buprenorphin im Rahmen der Entzugstherapie von einem/-r Heroinabhängigen eingenommen, verhilft es dabei, Entzugserscheinungen und das sog. Craving (sprich: das zwanghafte Verlangen nach Drogenkonsum) zu lindern. Verglichen mit Heroin wirkt Buprenorphin deutlich milder: Die herointypische sowohl euphorisierende als auch gleichzeitig beruhigende Wirkung ist bei Buprenorphin zwar ebenfalls gegeben, aber deutlich geringer ausgeprägt.
Verglichen mit dem Entzugsmedikament Methadon hat Buprenorphin jedoch einige Vorteile zu bieten: Es wirkt weniger stark betäubend als das weitläufig bekannte Methadon. Daher fühlen sich Patienten/-innen während der Substitutionstherapie „klarer im Kopf“ als bei der therapeutischen Verwendung von Methadon. Buprenorphin ist ferner sicherer, da selbst die versehentliche oder verschriebene Einnahme höhere Dosierungen allgemein deutlich besser vertragen wird. Nicht zuletzt sind auch Entzugserscheinungen beim Einsatz von Buprenorphin weniger stark ausgeprägt und treten auch deutlich später auf als dies bei Methadon der Fall ist.
Buprenorphin – Anwendung und Dosierung
Die Anwendung von Buprenorphin im praktischen Drogenentzug wird aufgrund der besseren Überwachbarkeit der Einnahme bevorzugt als Tablette eingenommen. Diese Einnahme erfolgt dann sublingual. D.h. man schluckt die Tablette nicht einfach, sondern legt sie unter die Zunge, bis sie sich ganz aufgelöst hat. Dadurch wird die Wirkstofffreisetzung verzögert. Durch Kauen oder Schlucken würde die Tablette ihre Wirkung verlieren und dies würde wiederum zum Auftreten von Entzugssymptomen führen.
Die gängige Dosis ist einmal täglich zu einer festgelegten Tageszeit und erfolgt meist unter Aufsicht durch eine/n Therapeuten/-in oder eine entsprechende Fachkraft in einer Entzugseinrichtung oder therapeutischen Klinik.
Als transdermales Pflaster wird Buprenorphin hingegen an einer möglichst haarlosen Stelle des Körpers (meist der Oberarm) aufgeklebt und entfaltet dort seine Depotwirkung über zwei bis maximal vier Tage hinweg. Diese Anwendungsmethode ist jedoch aufgrund der schlechteren Überwachbarkeit im Rahmen eines Suchtmittelentzugs in der Praxis eher selten. Pflaster werden jedoch häufig bei der Behandlung von z.B. Tumorpatienten/-innen im Rahmen der Schmerztherapie angewendet. Dort ist statt einer Linderung von Entzugssymptomen eine langfristige schmerzstillende Wirkung erwünscht und Missbrauch selten.
Wann wird Buprenorphin eingesetzt?
Buprenorphin wird nicht nur in Kombination mit einer suchttherapeutischen Therapie zur Behandlung von Opioidabhängigkeit verwendet. Es wird außerdem zur Behandlung starker sowie sehr starker Schmerzen, z.B. nach großen Operationen sowie bei Herzinfarkt- und Tumorschmerzen, angewendet.
Wie wird Buprenorphin richtig eingenommen?
Buprenorphin wird als Sublingualtablette (therapieübliche Dosis: 0,2 bis 0,4 Milligramm) entweder alle sechs bis acht Stunden als Schmerztablette oder einmal täglich als Substitutionstherapiemittel eingenommen. Als transdermales Pflaster wird es aufgrund der natürlichen Haarlosigkeit der Hautfläche meist am Oberarm getragen und wirkt dort bis zu maximal vier Tage.
Was gibt es bei der Einnahme von Buprenorphin noch zu beachten?
Setzt man Buprenorphin ab, kann das plötzliche Beenden der Behandlung zum sog. Entzugssyndrom führen. Außerdem kann Buprenorphin Folgendes verursachen:
- Entzugserscheinungen, wenn Buprenorphin weniger als sechs Stunden nach einem Betäubungsmittel (Morphin, Heroin oder verwandte Substanzen) oder weniger als 24 Stunden nach Methadon eingenommen wird
- Benommenheit, wenn man gleichzeitig Alkohol trinkt, ein Beruhigungsmittel oder ein Arzneimittel zur Behandlung von Angstzuständen einnimmt
- plötzlicher Blutdruckabfall, der zu Schwindel führen kann, wenn man zu schnell aufsteht
- Arzneimittelabhängigkeit
- positive Dopingtests (bei Sportlern/-innen zu beachten)
Buprenorphin – Nebenwirkungen
Wird Buprenorphin falsch eingesetzt und z.B. durch Auflösen und anschließender Injektion verwendet, kann es Entzugssymptome, Infektionen, Hautreaktionen und Leberschäden verursachen. Nach der ersten Einnahme können außerdem klassische Entzugssymptome auftreten.
Zu den häufigeren Nebenwirkungen von Buprenorphin zählen außerdem:
- Schlaflosigkeit
- allgemeines Schwächegefühl
- Kopfschmerzen
- Ohnmacht, Schwindel, Benommenheit, Schüttelfrost
- Angstgefühle, Nervosität
- Verstopfung, Übelkeit, Erbrechen
- Durchfall, Bauchschmerzen
- tränende Augen, laufende Nase
- Blutdruckabfall beim Aufstehen aus dem Sitzen oder Liegen
- Schwitzen
- Rückenschmerzen
- Abnormes Elektrokradiogramm (EKG)
- Halluzinationen
- Atemdepression (starke Atembeschwerden)
- Leberbeschwerden mit oder ohne Gelbsucht, Lebernekrose (Leberzelltod)
Buprenorphin – Wechselwirkungen
Bei der Verwendung von Buprenorphin kann eine Wechselwirkungen mit folgenden Medikamenten auftreten:
- Benzodiazepine und andere Mittel zur Behandlung von Angstgefühlen und Schlafstörungen
- Beruhigende Arzneimittel (z.B. sedierende Antihistaminika), Mittel zur Behandlung von Depressionen und Clonidin
- starke Schmerz- oder Hustenmittel, die opioidähnliche Substanzen (Methadon, Dextropropoxyphen, Codein, Dextromethorphan, Noscapin) enthalten
- Barbiturate und andere Arzneimittel zur Behandlung von Schlafstörungen oder zur Krampflösung
- Monoaminoxidase-Hemmer (Behandlung von Depressionen)
- Mittel zur Behandlung psychischer Störungen (Antipsychotika)
- Gestoden (Verhütungsmittel)
- Mittel zur Behandlung von HIV-Infektionen bzw. AIDS (Indinavir, Ritonavir, Nelfinavir, Saquinavir)
- Mittel zur Behandlung von Epilepsie (Phenobarbital, Carbamazepin, Phenytoin)
- Antibiotika (Rifampicin, Erythromycin, Troleandomycin)
- Arzneimittel zur Behandlung von Pilzinfektionen (Ketoconazol, Itraconazol)
Buprenorphin – Kontraindikationen
Buprenorphin darf nicht eingenommen werden, wenn man
- allergisch gegenüber Buprenorphin, Gelborange S (E110) oder einem der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels ist
- unter starken Atembeschwerden leidet
- eine stark eingeschränkte Leberfunktion hat
- aktuell betrunken ist oder ein Delirium tremens (Zittern und Halluzinationen) hat
Schwangerschaft und Stillzeit
Buprenorphin sollte in der Schwangerschaft nur dann eingenommen werden, wenn der Nutzen der Behandlung größer ist als die möglichen Risiken. Bei Neugeborenen, deren Mütter im letzten Schwangerschafts-Trimester das Medikament einnahmen, kann es zu Entzugssymptomen und Atemproblemen nach der Geburt kommen. Da das Medikament in die Muttermilch übergeht, kann es auch beim gestillten Kind Nebenwirkungen verursachen.
Überempfindlichkeit
Buprenorphin enthält Laktose und kann bei Menschen mit entsprechender Unverträglichkeit zu Überempfindlichkeits-Reaktionen führen.
Weitere Kontraindikationen
Die Einnahme von Buprenorphin sollte außerdem überdacht werden bei
- Asthma oder Atemproblemen
- Leber- oder Nierenproblemen, Leberinsuffizienz
- Kopfverletzung, Erkrankung des Gehirns
- niedrigem Blutdruck
- vergrößerter Prostata
- Schwierigkeiten beim Wasserlassen durch Verengung der Harnröhre (Harnröhrenstenose)
Missbrauch (z.B. durch intravenöse Anwendung, zu hohe Dosen, gleichzeitige Einnahme mit Alkohol, Benzodiazepinen oder Opiaten) kann tödlich sein: Einige Patienten/-innen starben infolge von Atemversagen oder akuter Leberschädigung in Folge dieses Missbrauchs.
Häufige Fragen
- Buprenorphin-Pflaster – wohin kleben?
- Wie lange wirkt Buprenorphin?
- Wie schnell wirkt ein Buprenorphin-Pflaster?
- Was ist stärker Morphin oder Buprenorphin?
- Für was wird Buprenorphin angewendet?
Buprenorphin-Pflaster dürfen nicht auf verletzte, stark behaarte oder hochsensible Hautareale geklebt werden, die z.B. durch Bestrahlung oder allergischen Ausschlag beeinträchtigt sind. Bevorzugte Stellen für das Schmerzpflaster sind die Oberarme, der Brust- und Schulterbereich (bei entsprechend geringer Behaarung) sowie beide Oberschenkel.
Die Wirkung von Buprenorphin hält je nach Dosierung bis zu 72 Stunden an und kann daher seltener eingenommen werden als z.B. Methadon. Meist wird die Dosierung zur besseren Überwachbarkeit der Therapie jedoch so ausgewählt, dass sie auf 24 Stunden beschränkt ist.
Bei der Anwendung von Buprenorphin als transdermales Pflaster gelangt der Wirkstoff langsamer in den Körper als bei der Einnahme als Sublingualtablette. Somit erreicht der Wirkstoff seine ideale therapeutische Konzentration im Blut nach vier bis zwölf Stunden. Die therapeutische Maximalwirkung wird allerdings erst nach etwa eineinhalb Tagen kontinuierlicher Behandlung erreicht.
Buprenorphin ist eine synthetische Weiterentwicklung eines ursprünglich natürlichen Opiuminhaltsstoffs, während Morphium ein natürlicher vorkommender Opiuminhaltsstoff ist. Bei einer therapeutischen Maximaldosis von vier Milligramm am Tag wirkt Buprenorphin stärker als Morphin. Danach lässt sich die Wirkstärke aber nicht mehr steigern, weshalb dann Morphium besser wirkt.
Buprenorphin gehört zur Gruppe der opioiden Schmerzmittel und hat daher eine stark schmerzstillende Wirkung. Der Wirkstoff bindet an die körpereigenen Opiat-Rezeptoren an und setzt dadurch die Schmerzempfindung im Rückenmark und im Gehirn deutlich herab. Es wird daher für die Behandlung von starken bis sehr starken Schmerzen bei Tumorpatienten/-innen oder zur Dämpfung der Suchtproblematik bei Entzugspatienten/-innen angewendet.
Schmerzmittel
- Pharmazeutische Zeitung, Mehr Sicherheit mit Buprenorphin, https://www.pharmazeutische-zeitung.de/... (Abrufdatum 02.11.2022)
- Hexal, Buprenorphin-HEXAL® sublingual 0,4 mg Sublingualtabletten, https://www.hexal.de/... (Abrufdatum 02.11.2022)
- Pschyrembel Online, Buprenorphin, https://www.pschyrembel.de/... (Abrufdatum 02.11.2022)
- Külpmann WR. Buprenorphine. In: Külpmann WR (Hrsg.), Clinical Toxicological Analysis. Wiley-VCH, Weinheim 2009, S 216–218.