
Nicht nur Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen, sondern auch Ärzte/-innen, die eine eigene Praxis führen, dürften aufgrund der aktuellen Weltlage in den letzten Tagen mit Sorge auf ihre Energiebilanz und damit verbundene Stromrechnung geschielt haben. Egal, ob man von den gestiegenen Gaspreisen aufgrund des Kriegs in der Ukraine und den damit verbundenen erhöhten Sprit- sowie Energiekosten betroffen ist oder schlicht und ergreifend der Umwelt zuliebe den eigenen Energieverbrauch reduzieren möchte. Auch energieintensive Einrichtungen wie Krankenhäuser, Kliniken und Arztpraxen können Energie sparen.
In unserem Beitrag greifen wir das tagesaktuelle Thema auf und haben praktische Tipps für Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen und Ärzte/-innen mit eigener Praxis zusammengestellt. Lesen Sie in diesem 2. Teil, wie Krankenhäuser sinnvoll Energie sparen können. Wie Arztpraxen am besten Energie sparen, lesen Sie hier!
Vier Maßnahmen zum Energie sparen für Krankenhäuser
Das Beste vorab: Bis zu 30 Prozent Energie einzusparen ist in Krankenhäusern fast immer möglich, und zwar allein durch sofort umsetzbare Änderungen in Verhalten und Arbeitsabläufen. Die Energieeffizienz-Optimierung fängt bereits bei der Sensibilisierung der Mitarbeiter/innen an: Zentralheizungen können z.B. um ein bis zwei Grad niedriger gestellt oder nicht benutzte Geräte mit einem Zwischenschalter komplett vom Stromnetz genommen werden, wodurch Standby-Energie gespart wird. Langwierigere Maßnahmen wie z.B. neue Wärmedämmung oder ein neues Kühlhaus müssen hingegen erst daraufhin durchgerechnet werden, ob sich die Anschaffung lohnt, wieviel sie einspart oder wann sie sich amortisiert.
Hier empfiehlt sich die Beauftragung eines externen zertifizierten Energieeffizienz-Beraters, der alle Maßnahmen überblickt und sie auf Nützlichkeit durchrechnen kann. Eine weitere Stellschraube sind Wärme und Strom, denn sie allein kosten durchschnittlich fünf Prozent des gesamten Jahresumsatzes. Der meiste Energiebedarf von Krankenhäusern geht zu ca. 70 Prozent zu Lasten der Wärmeerzeugung und zu ca. 30 Prozent zu Lasten von elektrischer Energie. In der aktuellen Ukraine-Krise sollten Krankenhausverwaltungen bei entsprechenden Überlegungen aber auch miteinbeziehen, dass Strom etwa viermal teurer als Gas ist.
Allein anhand dieser Beispiele sieht man bereits, dass es im Krankenhaus viele Möglichkeiten gibt, Energie zu sparen. Wichtig ist immer, die Wirtschaftlichkeit einer Energiemaßnahme im Auge zu behalten, denn nur wenn sich die Investition in absehbarer Zeit amortisiert, lohnen sich die Kosten des Umbaus. Es gibt jedoch noch vier weitere Energiespar-Maßnahmen für Krankenhäuser.
Wärmeerzeugung
Gezieltes Energiesparen bei Heizung und Warmwasser im Krankenhaus ist möglich durch folgende Maßnahmen:
- Erneuerung der Heizungsanlage: eventuell auf alternative Brennstoffe
- Kontaktschaltereinbau: regelt z.B. bei einer Fensteröffnung automatisch die Heizung herunter
- Vernetztes Krankenhaus: freie Zimmer werden computergesteuert heruntertemperiert
- Dämmung von Außenwänden und Rohrleitungsnetz
- Solarthermie zur Heizungsunterstützung
- Optimierung der Heizanlage sowie thermischer Abgleich
- Kraft-Wärme-Kopplung (KWK, BHKW)
Elektrische Energie
Elektrische Energie ist die teuerste Energieform, weshalb Krankenhäuser hier besonders auf Einsparungen achten sollten. Dies gelingt aber glücklicherweise an vielen Stellen:
- Küchengeräte auf Gas umstellen
- Photovoltaik für den Eigenbedarf nutzen
- Energieeffiziente Beleuchtung und LED-Technik
- Tageslicht automatisiert nutzen, z.B. durch Lichtsensor mit Dimmtechnik
- Effizientere PCs und Fernseher
- Warmwasser aus der Heizanlage an Waschmaschinen anschließen
Kühlung
Bis zu 20 Prozent der Energie im Krankenhaus gehen zu Lasten der Kühlung, weshalb in Kühlhäusern und Kühlschränken folgende Regeln beachtet werden sollten:
- Lagerfläche optimal ausnutzen; keine Leerstände oder Überfrachtungen
- Abwärme ausnutzen, z.B. für Heizkreisläufe
- angepasste Temperaturen wählen, z.B. alle Zimmer generell ein Grad kühler halten
- Kondensatoren regelmäßig reinigen, um Energieeffizienz zu gewährleisten
- für ausreichend Abluft sorgen
- regelmäßig Eis entfernen
Lüftungs- und Klimaanlage
Mit bis zu 40 Prozent des Strombedarfs sind elektrisch betriebene Klima- und Lüftungsanlagen ebenfalls ein Spitzenreiter beim Energieverbrauch im Krankenhaus. Sinnvolle Maßnahmen zum Energiesparen sind hier:
- Klimaanlage optimieren durch Upgrades auf energiesparende aktuelle Technik
- passiver Sonnenschutz z.B. durch sonnenabweisende Folien
- Lüftungsanlage durch regelbare Lüfter optimieren
- regelmäßig Wartung und Reinigung der Filter
Energie sparen für alle: Energiespar-Contracting nach dem „Modell Bremerhaven“
Mit dem sog. Energiespar-Contracting können Krankenhäuser marode Anlagen modernisieren, ohne selbst investieren zu müssen. Hierbei baut eine externe Contractor-Firma die neusten technischen Anlagen ein, wofür das Krankenhaus selbst nichts bezahlt. Seine Bezahlung erhält der Contractor durch die Auszahlung der eingesparten Energiekosten des Krankenhauses an ihn, i.d.R. über einen Zeitraum von ca. zehn Jahren hinweg. Kürzere und längere Vertragslaufzeiten können ebenfalls vereinbart werden, richten sich aber grundsätzlich danach, wie hoch oder niedrig der gesparte Gesamtbetrag ausfällt. Damit muss das Krankenhaus nicht einen Cent im Jahr mehr in seine Bilanzen einrechnen, sondern kann sich nach Vertragsablauf über massive Geldersparnisse freuen. Aber nicht nur das Krankenhaus profitiert durch sanierte Anlagen, sondern auch die Contracting-Firma durch einen Großauftrag – und nicht zuletzt die Umwelt durch geschonte Ressourcen.
Das „Modell Bremerhaven“ ist hierfür das Paradebeispiel. Jürgen Breuer, der Technische Leiter des Klinikums Bremerhaven-Reinkenheide, hat seinem Klinikum durch erfolgreiches Energiespar-Contracting mit der Contractor-Firma Siemens Building Technologies (SBT) das Gütesiegel „Energiesparendes Krankenhaus“ des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) verschafft. Das Klinikum – ein Maximalversorger mit 720 Betten – hat seinen Ausstoß an Kohlenstoffdioxid (CO2) um mehr als ein Viertel reduziert. Damit entstehen 2.635 Tonnen weniger CO2 pro Jahr. Das Krankenhaus spart neben klimaschädlichen Gasen aber auch gleichzeitig Geld, ohne zuvor in Eigenmaßnahmen investiert zu haben: immerhin 620.000 Euro jährlich über einen Gesamtzeitraum von zwölf Jahren hinweg.
Das „Modell Bremerhaven“ kommt für fast alle Krankenhäuser in Deutschland in Betracht. Krankenhäuser haben durch Intensivstationen, Operationssäle und Klimaanlagen einen notorisch hohen Energieverbrauch bei gleichzeitig oftmals veralteten technischen Anlagen. Nach Angaben des BUND könnten alle Krankenhäuser in Deutschland insgesamt durch Energiespar-Contracting allein jährlich sechs Millionen Tonnen CO2 und 600 Millionen Euro Energiekosten einsparen. Dies errechnet sich u.a. aus der Ersparnis bei Warmwasser-Zirkulationspumpen. Diese halten das Wasser in den Leitungen in Bewegung und sorgen dafür, dass jederzeit warmes Wasser verfügbar ist.
Neue Pumpen verbrauchen nicht mehr 57 kWh pro Tag wie die alten, sondern nur noch drei. Gleichzeitig sind sie effizienter, weshalb statt insgesamt acht Pumpen nun sechs genügen. Des Weiteren können Klimaanlagen durch Wärmerückgewinnungsanlagen ersetzt werden und erneuerte Heizkreisregelungen die Temperatur in bestimmen Gebäudebereichen im Verhältnis zur Außentemperatur senken; so wird z.B. der Verwaltungstrakt nachts gar nicht mehr beheizt. Allein diese Maßnahmen können 5.000 MWh einsparen; das entspricht in etwa dem Gesamtverbrauch von 280 Einfamilienhäusern.
Und das Beste: Das alles waren nur drei der bis zu 120 Einzelmaßnehmen, die das Energiespar-Contracting Krankenhäusern zu bieten hat. Eine Überlegung sollte das „Modell Bremerhaven“ also allemal wert sein.