Die Digitalisierung hat die Art der Kommunikation völlig verändert. Zumindest für die Generation, die älter ist als die Gen Z, Y oder die Millennials. Für die sogenannten Digital Natives nicht. Sie sind mit Smartphone, Suchmaschinen und Sozialen Medien aufgewachsen. Eine riesige Herausforderung für Arbeitgeber. „Wer die Generation Z nicht kapiert, verliert“, ist ein Slogan, der Personalern und Marketern auch im Gesundheitsbereich aktuell überall begegnet. Wer also sind sie, diese „unbekannten“ Wesen?
„Die Gen Z wird in zehn Jahren ein Drittel der Mitarbeiter und Konsumenten stellen“, erklärt Felix Beilharz, Experte für Online- und Social Media Marketing in seinem Workbook „Generation Z“, in dem er anhand von 45 wissenschaftlichen Fakten aufzeigt, wie die Gen Z tickt. Und wie tickt sie nun?
Jonas zum Beispiel ist ein typischer Teenager. Er gehört zur Generation Z, zu den Menschen, die etwa zwischen 1990 bis 2012 geboren sind. Der 17-Jährige ist weltgewandt, einer von den bildungsnahen Bohemiens mit ausgeprägtem Gerechtigkeitsempfinden. In seinem Zimmer hängt eine Weltkarte über dem Schreibtisch, ein Pulp-Fiction Poster ziert die Wand neben dem Bücherregal. Auf einer Lightbox steht „We´re all mad here“. Was er am häufigsten macht? „Hausaufgaben und lernen für die Schule. Dafür geht die meiste Zeit der Woche drauf. Ansonsten Freunde treffen, Kickboxen oder Schwimmen.“ Er hat lange Klavier gespielt, aber dieses Jahr damit aufgehört. Und natürlich nutzt Jonas selbstverständlich zigmal am Tag das Internet.
Jonas könnte natürlich auch Daniel oder Leon heißen. Menschen wie er sind Teilnehmer der aktuellen Sinus-Jugendstudie der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Sinus-Institut für die Lebenswelt seiner Generation. Zumindest dem Teil, der in Altbauwohnungen oder Eigenheimen aufwächst. Gen Zler aus prekären Umfeldern haben eine andere Lebenswirklichkeit, doch fast alle eint eins: Sie besitzen ein Smartphone. Um genau zu sein 94 Prozent (Quelle: Grunddaten Jugend und Medien 2020), 97 Prozent nutzen täglich das Internet. Davon sind 63 Prozent am liebsten auf YouTube unterwegs, es folgen WhatsApp (36 Prozent) und Instagram (35 Prozent).
Junge Menschen kommen auf eine tägliche Nutzungsdauer audiovisueller Medien von 341 Minuten, das sind fast satte sechs Stunden (Quelle: Media Perspektiven, Basisdaten 2018). 62 Prozent der 14 bis 24-Jährigen geben an, „always on“ zu sein. Das heißt, das Internet ist fest in Alltag integriert, eine Art Grundversorgung, die sie als Selbstverständlichkeit ansehen.
Und die Studierenden aus den Gesundheitswissenschaften?
So tummeln sich nach Angaben des Trendence Absolventen Barometers 2020, bei dem 2478 Studierende aus den Gesundheitswissenschaften befragt wurden, auf der Suche nach Informationen über Arbeitgeber oder einem Job gerne in Sozialen Medien. Vor allem auf Facebook (48,5 Prozent), Instagram (36), YouTube (33), Xing (30,8), WhatsApp (26,2) oder LinkedIn (25,6), am wenigsten werden Vimeo (2,5) und Signal (1,9) genutzt. Dabei ist ihnen ein faires Gehalt (98,1 Prozent) bei der Arbeitgeberwahl am wichtigsten, außerdem die persönliche Entwicklung (97), Kollegialität (96,5), Weiterbildungsmöglichkeiten (96,1) und Wertschätzung der Mitarbeitenden (95,8).Weniger wichtig sind Status und Prestige (60,7) und ein internationales Umfeld (40,9).
Wie ist die Gen Z im Netz unterwegs?
Einer, der es ganz genau weiß, ist der 18-jährige Charles Bahr. Mit 14 gründete er seine erste eigene Social Media Agentur, einige Firmen später ist er aktuell beim Social Media-Riesen TikTok gelandet, wo er als Brand Partnership Manager Unternehmen dabei coacht, sich auf der Plattform zu präsentieren. Im Interview mit dmexco.com sagt er, die Gen Z definiere sich nicht primär durch ihr Alter, sondern durch ihr Mindset: „Im Vergleich zu vorherigen Generationen konsumieren und interagieren sie nicht nur, sondern wollen aktiv mitgestalten und kreieren eigene Inhalte.“
Und tatsächlich geben 54 Prozent der Befragten im Alter von 14 bis 24 in einer Markforschungsarbeit des Bundesverbands Digitale Wirtschaft an „Ich gestalte die Inhalte im Internet aktiv bewusst mit, indem ich Teil einer oder mehrerer Communities bin, zum Beispiel bei Facebook oder YouTube. Im gleichen Zahlenwerk versteckt sich ein weiterer spannender Fakt: „Meine Erfahrungen mit Produkten, Restaurants und anderen Dienstleistungen habe ich schon öfters im Internet geteilt, zum Beispiel über Bewertungswebseiten“, sagen 49 Prozent der Altergruppe.
Was bedeutet das für die Personalgewinnung?
Angesprochen auf die sich verändernden Prozesse im Recruiting fordert Bahr auf dmexco.com: „Ich bin ein großer Anfechter von klassischen Bewerbungsmöglichkeiten. Es sollten nicht – wie leider in Deutschland noch sehr üblich – die Formalitäten im Vordergrund stehen, sondern vielmehr das Talent. Es muss mehr Bewerbungsmöglichkeiten geben, die speziell auf die tatsächlich geforderten Fähigkeiten abzielen – und nicht an unserem alteingesessenen Bewerbungsprozess festhalten.“ Apropos Bewerbungen.
Was wünscht sich die Gen Z?
„Ich wünsche mir ein gefestigtes Leben irgendwo“, sagt Jonas. „Natürlich mit gutem Einkommen, damit ich einen gewissen Lebensstandart erreichen kann.“ Überhaupt ist die Gen Z ziemlich regrounded, also bodenständig: Familie und Heimat nehmen in ihrer Lebenswelt eine große Rolle ein, genauso wie das Thema Gesundheit. Glamour, Spaß und Konsum sind weniger wichtig als noch vor einigen Jahren. Viele streben nach Normalbiografien ohne bemerkenswerte Karriereambitionen, traditionelle Berufe wie Lehrer, Krankenschwester, Arzt oder Maschinenbauer liegen im Trend.
Wie Jonas setzen sie in der sozialen Mitte setzen auf gesicherte, solide Bahnen in einem positiven Arbeitsumfeld. „Ich möchte eine Arbeit, die mir Freude bereitet“, betont Jonas. Außerdem haben Selbstverwirklichung und ein abwechslungsreicher Arbeitsalltag haben hohe Priorität. Gute Work-Life-Balance mit ausreichend Zeit für Freunde und Familie sind der Gen Z wichtig. Diese Bodenständigkeit spiegelt sich laut der Sinus-Studie im verhaltenen Zukunftsoptimismus. Die meisten jungen Menschen gehen davon aus, die gesetzten Lebensziele zu erreichen. Nur wenige äußern sich allerdings euphorisch. Es werde schon werden, wenn man an sich glaubt und realistisch bliebe. In den bildungsfernen Lebenswelten dominieren allerdings oft schulische und private Probleme den Alltag und sorgen für Verunsicherung mit Blick auf die Zukunft. Alle Jugendlichen wünschen sich Halt, Orientierung und soziale Geborgenheit. Sie betonen durchweg, wie wichtig ihnen Werte wie Vertrauen, Ehrlichkeit und Treue sind.
„Die heutige Jugend ist nicht schlechter, nur anders“, stellt Felix Beilharz in seinem Workbook fest, „nur weil die junge Generation Dinge tut, die Du nicht verstehst, ist es nicht automatisch schlecht, falsch, oder gefährlich.“