Fast 30 Millionen US-Amerikaner über 40 – und fast die Hälfte der Amerikaner über 70 Jahre ohne kardiovaskuläre Erkrankungen – nehmen täglich Acetylsalicylsäure-Präparate (auch ASS und Aspirin genannt) ein. Dies soll Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen. Davon konsumieren mehr als 6 Millionen ohne ärztliche Empfehlung. Doch weshalb wird so viel Aspirin eingenommen? Und welche Risiken ergeben sich daraus?
Neue Studien zeigen Risiko
Früher war es der medizinische Konsens, dass die tägliche Anwendung von niedrig dosierter Aspirin bei Menschen mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zur Vorbeugung von Herzinfarkt und Schlaganfall indiziert ist.
2018 erschienen jedoch drei große klinische Studien, die daran Zweifel aufkommen ließen. Die Arbeiten zeigten nämlich, dass der tägliche Gebrauch von ASS nur geringe Vorteile bei gleichzeitig signifikanten Blutungsrisiken bringt. Der Tod infolge von Herzerkrankungen trat mit Aspirin kaum weniger häufig auf als ohne das Medikament. Die Krebssterblichkeit war mit Aspirin kurzzeitig sogar leicht erhöht. Dies ist ein Ergebnis, das weiter beobachtet werden sollte.
Aus diesen Gründen änderten verschiedene kardiologische Gesellschaften die Behandlungsrichtlinien und rieten von der routinemäßigen Anwendung von ASS bei Personen ab 70 Jahren oder Personen mit erhöhtem Blutungsrisiko ab, die keine bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben.
Ein Großteil der Amerikaner nimmt trotzdem Aspirin
In einer kürzlich veröffentlichten Studie untersuchten nun Forscher, inwieweit Amerikaner über 40 Jahre immer noch ASS zur Primärprävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen einsetzen. Wie die Ergebnisse zeigen, nimmt immer noch ein erheblicher Teil der Erwachsenen täglich Acetylsalicylsäure ohne ärztlichen Rat und vermutlich ebenso ohne Wissen des Arztes ein.
Die Wissenschaftler stellten überdies fest, dass in den USA etwa ein Viertel der Erwachsenen im Alter von 40 Jahren oder älter täglich ASS zur Vorbeugung von Herzerkrankungen einnehmen. Dabei ist essenziell, dass diese Gruppe keine Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweist. Insgesamt sind das rund 29 Millionen Menschen. Davon handelt es sich bei rund 6,6 Millionen Menschen um eine Einnahme ohne ärztliche Empfehlung.
Bei den Erwachsenen ohne eine Vorgeschichte in Herzerkrankungen oder Schlaganfällen ab 70 Jahren sieht es noch verheerender aus. So gaben sogar fast die Hälfte an, täglich ASS einzunehmen. Erstaunlicherweise war selbst eine Vorgeschichte von Ulkuskrankheiten – eine Kontraindikation für die routinemäßige Anwendung von ASS – nicht signifikant mit einem geringeren ASS-Konsum assoziiert.
Wie kann mit einem zu hohen Konsum umgegangen werden?
Ein Autor einer dieser aufgezeigten Studien verweist auf Aufklärung als notwendiges Mittel. So zeigen Ergebnisse, dass Ärzte ihre Patienten nach dem aktuellen ASS-Konsum fragen sollen.
Darüber hinaus seien Informationen über eventuelle Nutzen und Risiken essenziell. Dies gelte überwiegend bei Erwachsenen und Patienten mit Ulkuskrankheiten im Vorfeld. Vorrangig vor allem dann, wenn in der Vergangenheit keine Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Schlaganfälle aufgetreten sind.