Nicht alles, was Patienten plagt, lässt sich in schöne Worte kleiden. Dabei sollte man dem eigenen Arzt eigentlich ausreichend vertrauen, um auch unangenehme und unappetitliche Wahrheiten zu teilen. Doch ausgerechnet beim Thema Gesundheit nehmen es viele mit der Wahrheit nicht ganz so genau. Eine Studie offenbart jetzt, warum Patienten lügen.
US-Studie: Mehrheit der Patienten hat bereits seinen Arzt belogen
Haben Sie das Medikament wie besprochen genommen? Bewegen Sie sich regelmäßig? Haben Sie meine Anweisungen verstanden? Fragen wie diese wollen viele Patienten nicht wahrheitsgemäß beantworten. Zu diesem Schluss kommt eine im Fachblatt “JAMA Network Open” veröffentlichte Studie (“Prevalence of and Factors Associated with Patient Nondisclosure of Medically Relevant Information to Clinicians”, Andrea Gurmankin Levy et al.). Insgesamt 4.510 Personen aus den USA haben an der Studie teilgenommen, aufgeteilt auf zwei Gruppen (Gruppe 1: 2.011 Probanden, Durchschnittsalter 36 Jahre; Gruppe 2: 2.500 Probanden, Durchschnittsalter 62 Jahre).
Die Probanden mussten in der Studie angeben, ob sie es schon einmal vermieden haben, medizinischem Personal mitzuteilen, dass man…
- die Anweisungen nicht verstanden hat;
- der Empfehlung nicht zustimmt;
- sich nicht oder nicht regelmäßig sportlich betätigt;
- eine ungesunde Ernährung hat oder wie ungesund die eigene Ernährung ist;
- ein Medikament eingenommen hat;
- das verschriebene Medikament nicht wie angewiesen eingenommen hat;
- ein verschreibungspflichtiges Medikament einer anderen Person eingenommen hat.
Medizinisches Personal wurde in der Studie als Ärzte, Assistenten oder Krankenpfleger definiert. In der ersten Gruppe gaben 61 Prozent der Befragten an, ihren Arzt bereits belogen zu haben, in der zweiten Gruppe waren es sogar 81 Prozent.
Flunkereien und Lügen beim Arzt: Ursachen
Zu den am häufigsten genannten Gründen für Flunkereien und Lügen im Behandlungszimmer gehörten, dass Probanden…
- nicht belehrt oder für ihr Verhalten verurteilt werden wollten;
- nicht hören wollten, wie schädlich ihr Verhalten ist;
- die Wahrheit peinlich war;
- nicht den Eindruck erwecken wollten, ein schwieriger Patient zu sein;
- nicht noch mehr Zeit des Arztes in Anspruch nehmen wollten.
In beiden Gruppen waren Probanden eher geneigt die Unwahrheit zu sagen oder Dinge zu verschweigen, wenn sie weiblich waren, jünger waren, ihren eigenen Gesundheitszustand als eher schlecht bewerteten oder bereits an einer chronischen Erkrankung litten.
Fazit
Die Studie zeigt, dass die meisten befragten Personen ihrem Arzt bereits mindestens einmal medizinisch relevante Informationen vorenthalten haben. Insgesamt ergibt sich das Bild, dass Patienten beim Arztbesuch nicht negativ beurteilt werden wollen und deshalb lieber lügen. Dem Mediziner gegenüber Informationen zurückzuhalten oder zu beschönigen, erhöht allerdings das Risiko, nicht richtig diagnostiziert und behandelt zu werden. Um ein besseres Vertrauensverhältnis aufzubauen, sind aber auch Ärzte gefragt. Denn wer offen, empathisch und vertrauensvoll kommuniziert, macht es Patienten leichter, unangenehme Wahrheiten auszusprechen.