
Flirten macht Spaß und darf natürlich jeder. Dennoch ist es eine berechtigte Frage und besonders in der Arzt-Patienten-Beziehung eine heikle Angelegenheit, die wir mal genauer beleuchten. Auch, wenn Verlieben das Schönste auf der Welt ist, kann es doch in einigen Bereichen zu Schwierigkeiten führen. Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient besteht im Allgemeinen darin, die Genesung des Patienten zu begleiten. Es kann dabei aber natürlich immer vorkommen, dass sich im Laufe der Behandlung stärkere Gefühle bei einer Person oder auf beiden Seiten entwickeln, das ist nur menschlich.
Doch, wie steht es dann weiterhin um das Verhältnis? Wie weit dürfen sich beide Parteien darauf einlassen, wie sollten sich Ärzte bestenfalls verhalten, wenn sie angeflirtet werden, damit die Therapie und die Arzt-Patienten-Beziehung in keine Schieflage gerät? Und was sagt eigentlich die Gesetzeslage zu diesem doch sehr privaten Thema? All das im folgenden Artikel.
Gehen private Treffen zu weit?
Jeder Arzt muss für sich gut einschätzen können, ob er das Patientenverhältnis bei privaten Treffen noch objektiv bewerten kann. Es ist natürlich erlaubt, sich als Privatpersonen nach Praxisschluss auf einen Kaffee oder ein Glas Wein am Abend zu verabreden. Es darf dabei nur nicht zu sexuellen Kontakten kommen – vertieft sich das Verhältnis, muss die Arzt-Patienten-Beziehung enden.
Zweifelt man daran, ob das Private vom Beruflichen getrennt werden kann, ist es ratsam, die ärztliche Beziehung zu beenden. Der Patient sollte sich dann einen anderen Mediziner suchen.
Wie sieht die Gesetzeslage aus?
Aus juristischer Sicht spricht nichts gegen private Verabredungen. Allerdings muss der private Kontakt und die ärztliche Berufsausübung ganz klar voneinander getrennt sein – das bedeutet, dass jegliche Untersuchungsergebnisse, Diagnosen und Auswertungen immer in der Praxis besprochen werden und nicht bei einem gemütlichen Abendessen.
Es gibt keine konkreten Vorschriften darüber, ob und wie geflirtet werden darf und wann es möglicherweise ein Blick und ein Kompliment zu viel gewesen ist. Daher ist es umso wichtiger, dass der Arzt achtsam ist, was der Patient als übergriffig wahrnehmen könnte. Auch, wenn es selten vorkommt, kann es durchaus sein, dass sich ein Arzt im Nachhinein rechtfertigen muss. Ärzte sollten sich dennoch bewusst sein, dass sie bei Flirts ein gewisses Risiko eingehen. Es kann immer sein, dass sich ein Patient nach Beendigung des Arzt-Patienten-Verhältnisses an dem Arzt rächt, aufgrund verletzter Gefühle und es daraufhin zur Anzeige kommt. Auch, wenn Ermittlungen auslaufen und der Arzt freigesprochen wird, zieht so ein Gerücht immer eine Rufschädigung und Bloßstellung mit sich.
Im Gegenzug dazu gilt aber natürlich auch: Hat sich der Arzt schuldig gemacht und seine Macht missbraucht, um Patienten sexuell gefügig zu machen, drohen ihm eine Haftstrafe, Schmerzensgeld und die Entziehung seiner Approbation.
Es geht dabei aber, neben den ganzen rechtlichen Vorschriften, auch um vieles mehr – Vertrauen, Verunsicherung, Machtgefüge innerhalb der Beziehung. Schon ein kleiner Flirt kann das Vertrauensverhältnis erschüttern und jede Berührung Bedenken und Zweifel bei dem Patienten auslösen.
Verhaltensweisen bei Flirtversuchen – Wie Ärzte reagieren sollten
Mediziner sollten daher keinen Raum für Zweifel aufkommen lassen und sich bei Flirtversuchen seitens der Patienten folgendermaßen verhalten:
- Schnell handeln: Auch schon bei Flirt-Vermutungen sollte die Situation ernst genommen und nicht verharmlost oder ignoriert werden, das kann vor einer unkontrollierten Entwicklung schützen. In manchen Fällen kann man auch dem Vorgesetzten in der Klinik Bescheid geben und den Patienten an einen Kollegen übergeben.
- Die Situation ansprechen: Ärzte sollten die Situation mit dem Patienten besprechen, möglichst auf eine achtsame und einfühlsame Weise. Der Patient sollte sich dabei nicht gedemütigt fühlen – Gerichtsverfahren kommen meist wegen gekränkter Gefühle zustande.
- Vorfall in der Patientenakte vermerken: Details zu dokumentieren empfiehlt sich immer, sollte es zu einem Gerichtsverfahren kommen. Auch Geschenke, Briefe und Auflistungen der Kontakte sollte man als Beweismaterial aufbewahren – so können Ärzte die Situation glaubwürdig darstellen.
- Weitere Personen als Zeugen einbinden: Sollte der Patient den Arzt unsittlich berühren, sollte dieser den Behandlungsraum verlassen und beim Zurückkehren eine weitere Person mitbringen, die als Zeuge herangezogen wird. Diese Vorfälle sollte man auch immer in der Patientenakte vermerken.
- Behandlung beenden bei weiteren Annäherungsversuchen: Hört der Patient nicht auf, dem Arzt weitere Avancen zu machen, sollte der Arzt das Behandlungsverhältnis beenden.
Welche Ärztegruppen sind besonders betroffen und gehen eher auf Flirts ein?
Natürlich ist dies nicht pauschal zu sagen, da in jeder Fachrichtung, in jeder Klinik, bei jedem Arztbesuch eine Beziehung und Gefühle entstehen können. Es zeigt sich aber und es wird auch in Umfragen deutlich, dass besonders die folgenden Ärztegruppen anfälliger für Flirtversuche sind:
- Psychotherapeuten/Psychiater: Hier kommt es zu intensiven Patientengesprächen und Kennenlernen sowie emotionaler, enger Bindung. Therapeuten müssen achtsamer im Umgang sein und mehr auf die Gefühle des Patienten eingehen als in manch anderen Fachrichtungen. Durch die regelmäßigen, langen Gespräche entwickelt sich so eine tiefe Vertrauensebene. Wichtig ist, dass es angesprochen wird, wie mit dem Wunsch nach Berührung und Umarmung umgegangen wird. Das kann sonst auch zu einer Schieflage zwischen Therapeuten und Patient führen und das Verhältnis verunsichern.
- männliche Hausärzte: die meisten sexuellen Beziehungen entwickeln sich zwischen männlichen Ärzten und weiblichen Patienten. Als Hausarzt pflegt man eine enge Bindung zu seinen Patienten, hat regelmäßigen Kontakt und führt häufige Gespräche, die im Laufe der Behandlungen ebenfalls zu Annäherungen führen können.
- Burn-out-gefährdete Ärzte: unzufriedene Ärzte, die persönlich in einer Krise stecken, können im professionellen Umgang unachtsamer sein, anfälliger für Zuwendungen und schöne Worte sein.
- Ältere Ärzte (zwischen 50 und 60 Jahren): Besonders jene, die denken, dass ihnen Flirts und Romanzen am Arbeitsplatz auf keinen Fall passieren werden und, die weniger Angst vor rechtlichen Konsequenzen haben.
Was gilt, wenn aus dem Arzt-Patienten-Verhältnis mehr wird?
Vertieft sich die Beziehung und es kommt zu leidenschaftlichen Gefühlen, muss man das Arzt-Patienten-Verhältnis beenden. Das Private und Berufliche lässt sich nicht mehr voneinander trennen und der Patient sollte sich dann einen neuen Arzt suchen. Danach können die beiden Verliebten ohne Bedenken eine persönliche Beziehung eingehen.
Sind medizinische Behandlungen von Lebenspartnern erlaubt?
Ja. Es ist natürlich erlaubt, seinen Ehe- oder Lebenspartner ärztlich zu versorgen und zu behandeln, denn hier wird das Verhältnis nicht ausgenutzt. Das gilt auch für diejenigen, die sich tatsächlich in der Praxis ineinander verlieben. Dann sollte man das ärztliche Verhältnis jedoch vorher professionell beenden.