Rund 30 Prozent der niedergelassenen Ärzte/-innen sind mit ihren Arbeitsbedingungen unzufrieden. Das geht aus einer Umfrage der Stiftung Gesundheit unter Ärzten/-innen, Apotheker/innen und den fünf größten Gruppen der nichtärztlichen Heilberufler/innen in der ambulanten Versorgung hervor. Besonders groß ist die Unzufriedenheit unter den Hausärzten/-innen.
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Hausärzte/-innen beurteilen ihre Arbeitsbedingungen besonders negativ
In ihrem aktuellen Quartalsbericht aus dem Oktober 2022 rückt die Stiftung Gesundheit die Arbeitsbedingungen in der ambulanten Versorgung in den Fokus. In der ersten Septemberwoche 2022 wurde eine geschichtete Zufallsstichprobe von 10.000 Ärzten/-innen, 5.000 Apotheker/innen und 10.000 Heilberufler/innen befragt. Hinzu kamen 1.803 Leistungserbringer/innen, die sich im Rahmen früherer Befragungen zur Teilnahme an weiteren Studien bereiterklärt hatten.
Die Ergebnisse fallen ernüchternd aus. Unter den Ärzten/-innen in der ambulanten Versorgung beurteilt rund ein Drittel die Bedingungen in ihrem Beruf als grundsätzlich positiv („sehr gut“ oder „gut“). Knapp 30 Prozent geben ein negatives Urteil ab („schlecht“ oder „sehr schlecht“). Auf die Extreme „sehr gut“ und „sehr schlecht“ entfallen dabei jeweils fünf Prozent der Stimmen.
Soweit entsprechen die Ergebnisse der statistischen Normalverteilung. Große Unterschiede ergeben sich jedoch, wenn man die einzelnen Berufsgruppen betrachtet. So ist die Unzufriedenheit unter den Hausärzten/-innen besonders ausgeprägt. Nur 18,3 Prozent beurteilen die Bedingungen in ihrem Beruf als „gut“ oder „sehr gut“, mehr als 42 Prozent vergeben das Urteil „schlecht“ oder „sehr schlecht“. Unter den Fachärzten/-ärztinnen kommen 27,8 Prozent zu einem negativen Urteil, unter den Zahnärzten/-innen sind es 25,3 Prozent. Ein positives Urteil überwiegt lediglich bei den Heilpraktikern/-innen und bei den psychologischen Psychotherapeuten/-innen. 71,4 bzw. 60,4 Prozent von ihnen beurteilen die beruflichen Bedingungen als „gut“ oder „sehr gut“.
Danach befragt, welche Faktoren sie bei ihrer Arbeit besonders belasten, nannten Ärzte/-innen in erster Linie den hohen Aufwand für administrative Arbeiten (57,1 Prozent), gefolgt vom Aufwand für Technik und Digitalisierung (56,1 Prozent) und der unzureichenden Vergütung (50,5 Prozent).
Nicht-ärztliche Heilberufler/innen: Große Unzufriedenheit unter den Hebammen
Die Gruppe der nicht-ärztlichen Heilberufler/innen zeigt sich insgesamt recht zufrieden mit ihren beruflichen Bedingungen. Eine Ausnahme bilden die Hebammen und Geburtshelfer/innen. In dieser Untergruppe beurteilt nur jede/r Sechste die Bedingungen der täglichen Arbeit als „gut“ oder „sehr gut“, mehr als jeder Dritte sieht sie als „schlecht“ oder „sehr schlecht“ an.
Auch diese Gruppe hat die Stiftung Gesundheit nach den hauptsächlichen Belastungsfaktoren befragt. Die Hebammen und Geburtshelfer/innen, die sich mit ihrer Arbeit unzufrieden zeigen, sehen das größte Problem in der unzureichenden Vergütung (74,7 Prozent). Fast die Hälfte berichtet von Personalproblemen und Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden (46,9 Prozent). An dritter Stelle der Belastungsfaktoren steht der hohe Verwaltungsaufwand (40,1 Prozent).
Apotheker/innen bilden das Schlusslicht der Befragung
Am wenigsten zufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen zeigen sich die Apotheker/innen. Fast 60 Prozent beurteilen die beruflichen Bedingungen als negativ, ganze 12,2 Prozent vergeben dabei sogar die Bewertung „sehr schlecht“. Nicht einmal jede/r Zehnte schätzt die Bedingungen als „gut“ ein, keine Stimme entfällt auf die Bewertung „sehr gut“.
Als belastende Faktoren nennen Apotheker/innen vor allem den hohen Administrationsaufwand (69,8 Prozent) und die unzureichende Vergütung (62,8 Prozent). Auf Platz drei stehen mit einigem Abstand die häufigen Änderungen an den Regularien der Krankenkassen (37,2 Prozent).
Unzufriedenheit erhöht das Risiko von Behandlungsfehlern und Burnouts
Die Ergebnisse der Umfrage decken sich mit dem im August 2022 veröffentlichten Bericht des Marburger Bundes. Bereits in dieser Befragung beurteilte ein Großteil der Ärzte/-innen ihre Arbeitsbedingungen negativ. Aufgrund der hohen Anzahl von Überstunden und 24-Stunden-Diensten sowie der mangelnden Vereinbarkeit von Beruf und Familie ziehen 25 Prozent der Befragten sogar in Erwägung, ihre ärztliche Tätigkeit aufzugeben. Allerdings konzentriert sich diese Befragung auf den stationären Bereich, nur sechs Prozent der Antworten stammen von ärztlichem Personal aus ambulanten Einrichtungen. Der Quartalsbericht der Stiftung Gesundheit rückt nun die Unzufriedenheit unter den Beschäftigten in der ambulanten Versorgung in den Vordergrund.
Die Stiftung Gesundheit wertet die Ergebnisse der Umfrage als Warnsignal. Seien Praxisinhaber/innen und Personal unzufrieden, setze das die Leistungsfähigkeit herab, führe die mehr Fehlern und zu einer höheren Wahrscheinlichkeit des Burnouts bei den Betroffenen. Insgesamt leide die ambulante Versorgung. Um die komplexen Probleme zu verstehen, die zu der hohen Unzufriedenheit führen, seien weitere Untersuchungen notwendig. Der vorliegende Quartalsbericht zeige bereits, dass sich die Gründe für die mangelnde Zufriedenheit in den verschiedenen Gruppen deutlich voneinander unterscheiden. Die Stiftung Gesundheit regt an, die aktuelle finanzielle Krise im System der gesetzlichen Krankenkassen als Chance für eine Neuadjustierung und Neuverteilung der Mittel zu sehen, bei der die Interessen der Beschäftigten in der ambulanten Gesundheitsversorgung im Fokus stehen.