Beunruhigende Ergebnisse der großen Hartmannbund-Umfrage vom Januar 2017: Assistenzärzte in Deutschland fühlen sich überfordert. Drei Drittel der befragten Assistenzärzte bewerten ihre Arbeitssituation mit Schulnoten zwischen “drei” und “fünf”.
Der Hartmannbund beleuchtet die Arbeitsbedingungen von Assistenzärzten
Vom Dezember 2016 bis Januar 2017 hat der Hartmannbund eine Umfrage unter Assistenzärzten zu deren Arbeitssituation angelegt. Teilgenommen haben in diesem Zeitraum über 1.300 Personen. Die Umfrage lief unter dem Motto: „Ärztliches Arbeiten. Heute. Und Morgen.“.
Die Ergebnisse veröffentlichte der Hartmannbund am 03.03.2017. Unter folgendem Link kann die ausführliche Auswertung mit allen Details gelesen und heruntergeladen werden: PDF Download Umfrage-Ergebnisse.
Wer wurde befragt?
Die Struktur und Aufteilung der Befragten wird in mehreren Seiten mit Diagrammen ausführlich im Ergebniswerk dargestellt. Wir geben einen kurzen Überblick über die Eckdaten.
Von 1.331 Befragten waren über 50 % im Alter zwischen 26 und 30 und davon 65,1 % weiblich und 34,9 % männlich. Aus insgesamt 45 Fachrichtungen stammen Ergebnisse. Die sieben meistvertretensten Fachrichtungen mit jeweils über 5 % Anteil sind hierunter:
- Innere Medizin: 16,7 %
- Anäshtesiologie: 11,7 %
- Orthopädie und Unfallchirurgie: 9,5 %
- Kinder- und Jugendmedizin: 7,3 %
- Allgemeinmedizin: 5,8 %
- Neurologie: 5,7 %
- Frauenheilkunde und Geburtshilfe: 4,7 %
Im Bereich der Berufserfahrung der Assistenzärzte liegen 36,1 % im Bereich bis einem Jahr, 24,2 % bis 2 Jahre, 20,4 % bis 4 Jahre und 19,2 % über 4 Jahre.
Ein Großteil der befragten Assistenzärzte arbeiten in kommunalen Krankenhäusern. Die anteilig am stärksten Arbeitgeber teilen sich folgendermaßen auf:
- Kommunales Krankenhaus: 30,4 %
- Universitätsklinikum: 20,4 %
- Kirchliches Krankenhaus: 18,3 %
- Krankenhaus in privater Trägerschaft: 18,2 %
Die wichtigsten Ergebnisse zu den Arbeitsbedingungen auf einen Blick
Die Ergebnisse werden mit dem Statement eines Teilnehmers “Höher. Schneller. Weiter. Ohne Rücksicht auf Verluste.” begonnen. Dies lässt bereits jetzt auf ein ernürchtendes Ergebnis schließen. Die Ergebnisse sind tatsächlich größtenteils alarmierend und deuten auf einen dringenden Handlungsbedarf bei der Arbeitssituation von Assistenzärzten hin.
Wir haben mit einigen Grafiken aus dem Ergebniswerk und Ausschnitten eine Übersicht für euch zusammengestellt um bedeutende Missstände hervorzuheben.
Können Sie Pausenzeiten einhalten?
Über die Hälfte der über 1.300 befragten Assistenzärzte gab an selten bis nie Pausenzeiten korrekt einhalten zu können.
Kreuzttabelle Fachrichtung und Überstunden
Die Anzahl an durchschnittlichen wöchentlichen Überstunden aufgegliedert nach Fachrichtungen zeigt: In der Allgemeinmedizin halten sich Überstunden in Grenzen. In der Orthopädie und Unfallchirurgie hingegen sind 5 bis 10 oder 10 bis 25 Überstunden pro Woche keine Seltenheit.
Kreuztabelle Zufriedenheit der aktuellen Arbeitsbedingungen in Schulnoten
Besonders interessant: Bei welchen Arbeitgebern wird generell die Zufriedenheit mit den aktuellen Arbeitsbedingungen wie bewertet.
Leidet Ihr Privatleben unter Ihrer Arbeitsbelastung?
Wenn die Arbeitsbedingungen überlasten und überfordern, leidet auch das Privatleben darunter. Beinahe die Hälfte der befragten Assistenzärzte, mit 39 %, gibt an, dass ihr Privatleben unter ihrer Arbeitsbelastung leidet. Lediglich 2,5 % geben an, dass ihr Privatleben nicht beeinflusst wird.
Weiterbildung hapert
Auch der Bereich Weiterbildung wird beleuchtet. So geben ganze 67,9 % der befragten Assistenzärzte an, dass es keine strukturierte Weiterbildung mit definierten Jahreszahlen gibt. Die allgemeine Betreuung durch einen Hintergrunddienst bewerten jedoch über die Hälfte mit “gut” bis “sehr gut”.
Das vollständige PDF mit allen Ergebnissen zur Umfrage ist definitiv lesenswert. Es zeigt unteranderem auch auf welche Arbeitsentlastung in der Abteilung stattfindet und welche elektronischen Hilfsmittel bereitgestellt werden.
Das sagt der Hartmannbund zu den Arbeitsbedingungen für Assistenzärzte
Der Vorsitzende des Hartmannbund, Dr. Klaus Reinhardt, deutet diese Ergebnisse als Hilferuf der jungen Ärztegeneration. Genauer wird er im aktuellen Artikel des Hartmannbund zur Umfrage wie folgt zitiert: „Die Ökonomisierung des Medizinbetriebes hat eine Dimension erreicht, die die Rolle des Arztes massiv verändert. Das klassische ärztliche Handeln, das den Patienten in den Mittelpunkt stellt, steht damit komplett zur Disposition. Wir haben einen der schönsten Berufe der Welt. Aber wenn sich nicht Entscheidendes ändert, dann werden bei vielen unserer jungen engagierten Kolleginnen und Kollegen an die Stelle von Lust und Engagement bald Frust und Ernüchterung treten“, warnt der Vorsitzende des Hartmannbundes.”
Was ist eure Meinung zu diesem Ergebnis? Wir freuen uns auf eure Kommentare!
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