
Das Praktische Jahr, abgekürzt auch PJ genannt, ist der letzte Abschnitt des Medizinstudiums mit dem Ziel Medizinstudierende auf die selbstständige ärztliche Tätigkeit vorzubereiten.
Dies ist eine sehr spannende und anspruchsvolle Zeit, die auch von Fragen und Unsicherheiten begleitet werden kann. Wichtige Überlebenstipps für das PJ können hier Hilfestellung bieten.
Praktisches Jahr – Allgemeines als Überblick
Am Ende des Medizinstudium steht das Praktische Jahr an. Die praktische Tätigkeit umfasst insgesamt 48 Wochen, die in jeweils drei Abschnitte von je 16 Wochen unterteilt werden. Die drei Tertiale bestehen aus den zwei Pflicht-Tertialen Innere Medizin und Chirurgie und einem zusätzlichen klinisch-praktischen Wahlfach. Das Wahlfach kann in der Allgemeinmedizin, im Öffentlichen Gesundheitswesen, der Rechtsmedizin oder in einem der übrigen klinisch-praktischen Fachgebiete erfolgen.
Abgeleistet kann das PJ in der Uniklinik der jeweiligen Hochschule und in dessen akademischen Lehrkrankenhäusern. Das PJ und dessen Rahmenbedingungen sind durch die Approbationsordnung geregelt: Es kann sowohl im Mai als auch im November begonnen werden, danach findet der 3. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung statt. Weitere Hinweise und vollständige aktuelle Informationen können sich Studierende von der entsprechenden Universität zukommen lassen.
Praktisches Jahr – Vorbereitung auf die Arbeit im klinischen Alltag
Das Praktische Jahr dient dazu, die Medizinstudierenden in den 48 Wochen optimal auf die Arbeit in einem Krankenhaus vorzubereiten. Insbesondere ärztliches Denken und Handeln bei der Anamnese, der Diagnosestellung sowie dem Therapieansatz sind hierbei wesentlich – PJler lernen den Verantwortungsbereich eines Arztes demnach nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch kennen.
Die Medizinstudierenden werden auf die selbstständige ärztliche Tätigkeit, die nach dem Hochschulstudium erwartet wird, vorbereitet. Die Approbationsordnung schreibt vor, dass „die Studierenden die während des vorhergehenden Studiums erworbenen ärztlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vertiefen und erweitern. Sie sollen lernen, sie auf den einzelnen Krankheitsfall anzuwenden. Zu diesem Zweck sollen sie entsprechend ihrem Ausbildungsstand unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes ihnen zugewiesene ärztliche Verrichtungen durchführen.“
Praktisches Jahr – Worst Case- und Best Case-Szenarien
Als PJler/in kann man nach reichlich theoretischem Wissen, das man sich im Studium aneignen muss, endlich in den Alltag eines Arztes eintauchen und das theoretische Wissen praktisch anwenden und vertiefen. Das Praktische Jahr lässt sich durchaus selbst positiv gestalten. Trotz allem ist gute Betreuung und Teaching unter Anleitung eines Arztes wichtig. Folgende Worst Case sowie Best Case-Szenarien können im Praktischen Jahr eintreffen:
Worst Case Szenario
- nur Blutabnahmen
- bedingt durch die Blutabnahmen: Verpassen von Visiten
- wenig/kein Patientenkontakt
- keine Ansprechpartner
- schlechte Stimmung innerhalb des Teams
- keine Lehre
Best Case-Szenario
- viel Patientenkontakt: eigene Patienten aufnehmen, vorstellen, betreuen
- in Diagnostik und Therapie eingebunden sein
- kompetente Betreuung
- klare Ansprechpartner
- regelmäßige Fortbildungen
- gute Stimmung innerhalb des Teams
- PJler/in wird als „Kollegin“/ „Kollege“ integriert
Praktisches Jahr – Tipps für einen guten Start
Als PJler kann man prinzipiell Einfluss darauf nehmen, in welche Richtung sich das eigene PJ entwickelt: Selbstbewusstes und reflektiertes Auftreten sind vorteilhaft, ebenso ist es wichtig, ehrlich zu sein, wenn man sich etwas nicht zutraut, da Tätigkeiten nicht ausgeübt werden sollten, wenn diese noch nicht beigebracht wurden.
Folgende Tipps können optimal auf das PJ vorbereiten:
- zu Beginn des Tertials: eigene Vorstellung mit Namen und Funktion – sowohl bei der Ärzteschaft als auch bei den Gesundheits- und Krankenpflegern, auf Station sowie im OP-Trakt. Dies hinterlässt einen sehr guten Eindruck; zudem ist mehrmaliges Vorstellen besser als sich einmal versehentlich nicht vorgestellt zu haben.
- Interesse und Engagement: Insbesondere wenn man sich vorstellen kann, in der Klinik, in welcher man das PJ abgeleistet hat, später auch zu arbeiten, ist zu empfehlen, Interesse zu zeigen und Eigeninitiative zu ergreifen, anstatt nur auf Vorschriften Tätigkeiten zu erfüllen.
- Fragen stellen: nach dem Motto „Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten“ sollte auch das PJ gestaltet sein: Sofern man Fragen hat, sind diese zu stellen – nur so kann man im PJ wirklich etwas lernen.
- bei Unsicherheiten und Auffälligkeiten sollten sich PJler an den zuständigen Arzt wenden: Patientensicherheit ist nach wie vor oberste Priorität.
- Gedanken über die Facharztwahl: Während des PJs kann man sich über die zukünftige mögliche Facharztwahl Gedanken machen, muss man aber nicht. Sich hierbei Druck zu machen ist nicht nötig, denn es ist keine Schande auch am Ende des PJs noch nicht genau sicher zu sein, in welcher Fachrichtung man einst tätig sein möchte.
- nach Möglichkeit Doktorarbeit beenden: das Schreiben der Doktorarbeit, das meist während des Studiums begonnen wurde, sollte wenn möglich am besten schon vor der PJ beendet sein. Die Freizeit im PJ kann für die Promotion auch genutzt werden, allerdings kann diese Zeit auch als Lernzeit für die 3. Ärztliche Prüfung vorgesehen sein.
- Abfragen positiv sehen: Wenn Ärzte PJler am Patientenbett zu bestimmten Themenbereichen Fragen stellen, bedeutet dies nicht unbedingt, dass die PJler unter die Mangel genommen werden, sondern hat durchaus einen positiven Effekt, nämlich eine gute Vorbereitung für das mündliche Examen.
- Bewerbung schreiben: Sofern das Interesse einer Assistenzarztstelle in dem jeweiligen PJ-Tertial, welches man gerade ableistet, besteht, ist zu empfehlen, sich in dieser Zeit auch auf die Assistenzarztstelle zu bewerben, damit der potentielle Arbeitgeber sich schon ein Bild machen kann.
Praktisches Jahr – Überlebenstipps für den Operationssaal
Da das Pflicht-Tertial Chirurgie ein operatives Fach ist, kann die tägliche Assistenz im OP, als 1. oder 2. Assisstent – der sogenannte „Hakenhalter“ – zur Routine werden. Für alle PJler, die noch nie wirklich im OP gearbeitet haben, kann der erste Tag im OP eine Herausforderung darstellen.
Wichtige Tipps können helfen, die Zeit im OP zu überstehen:
- Frühstücken: Auch wenn man normalerweise morgens nicht frühstückt und der Kaffee ausreicht, sollte man sich für das Chirurgie-Tertial angewöhnen, zu frühstücken; egal, wie früh es ist. Die Krankenhaustage in der Chirurgie können lang sein und die Aussicht auf ein Mittagessen ist nicht immer gewiss. Daher ist es für den Blutzuckerspiegel von Vorteil, morgens etwas zu sich genommen zu haben.
- Schwäche zeigen ist menschlich: das lange Stehen im OP-Saal, besonders wenn man es anfänglich nicht gewohnt ist, kann dazu führen, dass einem schwarz vor Augen wird. Nicht selten kann man dann auch das Bewusstsein verlieren. In so einer Situation, insbesondere dann, wenn man steril am OP-Tisch steht, sollte man frühzeitig Bescheid geben, damit man abtreten und sich auf einem Stuhl ausruhen kann, anstatt vielleicht in das OP-Situs zu fallen oder sich bei einem Sturz nach hinten zu verletzen.
- Kompressionsstrümpfe tragen: Auch das Tragen von Kompressionsstrümpfen kann helfen, dass das Blut nicht in den Beinen versackt und der Kreislauf sich nicht verabschiedet.
- Nichts anfassen: Anfangs weiß man als PJler noch nicht so recht, was steril und was unsteril ist. In diesem Fall lohnt sich folgender Tipp: Nichts anfassen, außer es wird einem gesagt, dass man es anfassen soll.
- Fragen stellen: Auch im OP ist es gern gesehen Fragen zu stellen. Als schweigende Person kann man nämlich leicht den Eindruck verschaffen, man sei desinteressiert und unaufmerksam. Mit Fragestellungen kann man das Gegenteil beweisen.
Fazit
Das PJ ist die Zeit nach dem 2. Examen und der letzte Abschnitt des Medizinstudiums vor der großen und letzten Hürde, nämlich der 3. Ärztlichen Prüfung, um danach endlich die Approbation zum Arzt zu erhalten.
Diese Zeit sollte nicht nur produktiv genutzt werden, damit man viel praktische Erfahrung für den späteren Arztberuf sammeln kann, sondern auch genossen werden!
Es ist wichtig, Kraft zu tanken und die Zeit auch zum Entspannen und für Freunde und Familie sowie Freizeitaktivitäten zu nutzen, um voller Energie und nicht ausgelaugt dem mündlichen Examen zu begegnen.
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1. Gorodenkoff/shutterstock.com