Tilidin ist ein Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide. Der synthetische Wirkstoff wurde Anfang der 1970er Jahre entwickelt. Da seine Wirkstärke wesentlich geringer ist als die von Morphin, unterlag es lange Zeit nicht den Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes. Aufgrund seiner dämpfenden und euphorisierenden Wirkung steigt allerdings der Missbrauch des Medikaments. Vor allem Jugendliche nehmen vermehrt Opioide wie Tilidin als Drogen zu sich. Hier gibt es mehr Informationen zur Wirkung, zur Wirkungsdauer und zu möglichen Nebenwirkungen.
Was ist Tilidin?
Bei Tilidin handelt es sich um ein synthetisch hergestelltes Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide, Substanzen mit morphinähnlicher Wirkung zur Behandlung starker Schmerzen, zum Beispiel nach Operationen oder während einer Krebstherapie. Bei der Einnahme von Tilidin kann eine Gewöhnung auftreten. Wie bei allen Opioiden besteht demnach die Gefahr der Abhängigkeit.
Tilidin – Wirkung
Die Wirkung von Tilidin ähnelt der Wirkung des Opiumbestandteils Morphin. Über Spritzen oder oral aufgenommen, wird es in der Leber in den eigentlichen Wirkstoff Nortilidin umgewandelt. Das Opioid lagert sich an Rezeptoren im menschlichen Körper an, die auch körpereigene Endorphine binden. Auf diese Weise blockiert das Schmerzmittel die Übertragung von Schmerzsignalen. Darüber hinaus kann die Psyche und die Stimmungslage beeinflusst werden. Bis die Wirkung eintritt, dauert es etwa 15 Minuten. Bei Einnahme von 100 mg Wirkstoff wird die maximale Tilidin Wirkung nach etwa 25 bis 50 Minuten erreicht.
Tilidin – Wirkungsdauer
Die Wirkungsdauer beträgt etwa vier bis sechs Stunden. Die gleichzeitige Einnahme anderer Beruhigungsmittel sowie der Konsum von Alkohol können die Wirkung verstärken und auch die Wirkungsdauer verlängern. Aufgrund dieser Wechselwirkungen sollte bei der Einnahme von Tilidin auf andere Betäubungsmittel (BTM), insbesondere auf weitere Opioide, sowie auf Alkohol verzichtet werden.
Tilidin – Nebenwirkungen
Neben der erwünschten schmerzstillenden Wirkung können bei der Einnahme auch Nebenwirkungen auftreten. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Müdigkeit, Schwindel, Benommenheit sowie Übelkeit. Als weitere Nebenwirkungen treten Durchfall oder auch Verstopfung auf. Der Wirkstoff kann weiterhin zu vermehrtem Schwitzen führen.
Weiterhin sollte bei der Einnahme beachtet werden, dass Tilidin wie alle Opioide die Aufmerksamkeit und das Reaktionsvermögen beeinflussen kann. Zu den selteneren Nebenwirkungen gehören eine Einschränkung der Atemfunktion, Harnwegs-Koliken, Muskelverspannungen und Entzündungen der Bauchspeicheldrüse.
Tilidin – Anwendung und Dosierung
Eingesetzt wird Tilidin als Schmerzmittel bei mittelstarken bis starken Schmerzen. Die Verabreichung erfolgt entweder als Injektion, in Form von Tropfen oder von Tabletten. Häufig kommen sogenannte Retardttabletten zum Einsatz, die den Wirkstoff nur langsam freisetzen und auf diese Weise die Wirkungsdauer verlängern. Das hat den Vorteil, das Patienten das Schmerzmittel weniger häufig anwenden müssen.
Die Dosis und Anwendungsdauer legt der Arzt individuell fest. Da Tilidin bei längerer Einnahme abhängig machen kann, wird in der Regel versucht, das Schmerzmittel nur über einen kurzen Zeitraum zu verabreichen. Durch die Kombination mit Naloxon soll ebenfalls einer missbräuchlichen Anwendung vorgebeugt werden. Wird das Schmerzmittel in einer sehr hohen Dosis eingenommen, hemmt der Tilidin-Gegenspieler Naxolon die Wirkung und löst bei oraler Einnahme zudem Nebenwirkungen hervor, die Entzugserscheinungen ähnlich sind. Um ähnlichen Entzugserscheinungen zum Ende der Therapie vorzubeugen, sollte das Schmerzmittel nicht plötzlich abgesetzt werden, sondern wird langsam ausgeschlichen.
Steigernder Missbrauch unter Jugendlichen
Tilidin wirkt nicht nur schmerzstillend, sondern kann auch euphorische Gefühle sowie Halluzinationen auslösen. Aus diesem Grund besteht ein hohes Missbrauchsrisiko. Seit 2013 führt das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) Tilidin unter Anlage III als verkehrsfähiges und verschreibungsfähiges Betäubungsmittel. Nicht dem BtMG unterliegen lediglich Kombinationspräparate im Naxolon in fester Zubereitung und mit verzögerter Wirkstofffreigabe.
Obwohl das Schmerzmittel verschreibungspflichtig ist, steigt vor allem unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Zahl derjenigen, die es als Drogen einnehmen. Nach Expertenansicht befördern unter anderem verschiedene Stars der Rap-Szene den Schmerzmittelmissbrauch, indem sie in ihren Songs von eigenen Erfahrungen mit Tilidin berichten und den Konsum teils verherrlichen. Insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene aus prekären Lebenssituationen sind gefährdet, Opioide wie Tilidin als Drogen zu missbrauchen. Die Schmerzmittel vermitteln ein warmes und geborgenes Gefühl, das den Jugendlichen in ihrem Elternhaus und weiterem Umfeld fehlt.
Aktuell gibt es keine klare Datenlage, wie viele Jugendliche Tilidin als Drogen konsumieren. Anhaltspunkte gibt beispielsweise der Arzneiverordnungsreport von 2016. Demnach ist die Zahl der verordneten definierten Tagesdosen von Opioiden im Zeitraum zwischen 2006 und 2015 um 30 Prozent gestiegen. Medienberichten zufolge haben die ärztlichen Verschreibungen von Tilidin für 15- bis 20-jährige Patienten von 2017 bis 2019 sogar um das 30-fache zugenommen. Das gehe aus Daten der gesetzlichen Krankenkassen hervor. 2017 seien noch 100.000 definierte Tagesdosen verschrieben worden, zwei Jahre später seien es bereits mehr als drei Millionen definierte Tagesdosen gewesen. Eine offizielle Bestätigung für diese Zahlen gibt es allerdings nicht.